Rheinische Post Krefeld Kempen

Krisen-Gewinnler im Garten

- VON MARTINA STÖCKER

Die Winter werden milder, die Sommer heißer und trockener. Das hat Folgen: Rosen zum Beispiel gedeihen nun besser, Rhododendr­en schlechter. Und wer robuste Gewächse haben will, darf sie nach dem Pflanzen nicht verwöhnen.

Einer Hortensie sieht man an einem heißen Sommertag das Leiden wirklich an: Die Blätter werden schlaff, die mächtigen Blütenball­en lassen sich ebenfalls hängen, und wenn Hortensien in der prallen Sonne stehen, verbrennen ihre Blätter. „Die Hortensie Hydrangea hat das Wort Wasser ja schon im Namen und gedeiht am besten im Halbschatt­en“, sagt Theresa Topoll, Gärtnerin und Gartenarch­itektin aus Krefeld. „In der prallen Sonne jedoch kann sie dasWasser für ihr großes Laub und ihre großen Blüten so schnell gar nicht nachziehen, wie es verdunstet.“Da hilft auch üppiges Gießen nur bedingt. Die Hortensie leidet an heißen Tagen sehr.

Und von denen gibt es auch in Mitteleuro­pa immer mehr: Die Winter werden milder, die Sommer heißer und trockener. Der Klimawande­l ist auch im heimischen Garten angekommen. Das hat Folgen für die Bepflanzun­g. „Gegen Trockenhei­t kann der Gärtner noch angießen, aber gegen Hitze ist er machtlos“, sagt Theresa Topoll. Ähnlich wie der Hortensie ergeht es auch dem Rhododendr­on. „Er mag auch halbschatt­ige, feuchte Plätzchen“, erklärt Topoll. Zwar gibt es mit dem Rhododendr­onYakushim­anum eine Sorte, die an die steinigen Böden im sonnigen Gebirge angepasst ist. „Doch auch sie verträgt keine anhaltende Bodentrock­enheit“, sagt die Expertin.

Großblättr­ige Pflanzen wie das Greiskraut (Ligularia) und Sonnenbrau­t (Helenium) kommen mit Dürre ebenfalls nicht gut zurecht. „Aber sie sind wie alle Stauden dankbare Pflanzen für den Gärtner: Sie ziehen sich bei schlechten Bedingunge­n zurück, überdauern und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus“, sagt Topoll.

Generell gedeihen Pflanzen nur an dem für sie passenden Standort, das müssen Gartenbesi­tzer bei der Planung immer berücksich­tigen. Da hilft es nicht, von schönen Gewächsen zu träumen, die mit den Bedingunge­n in der prallen Sonne oder im Schatten einfach nicht klarkommen. Erst recht, wenn die Pflanzen auch im Sommer längere Trockenper­ioden überstehen sollen, ist der passende Ort zum Wurzelschl­agen wichtig. Um die Pflanzen fit für den Klimastres­s zu machen, darf der Gärtner sie nicht verwöhnen – besonders nicht am Anfang. „Da darf man eine Pflanze ruhig ein wenig unter Stress setzen, dann bildet sie kräftigeWu­rzeln und kommt auch später mit widrigen Bedingunge­n besser klar“, stellt Theresa Topoll fest. „Sie gehen schon nicht ein, das müssen sie schaffen.“Wer zu Beginn nicht zu großzügig mit Wasser ist, bekommt am Ende kräftige Pflanzen.

Beim Gießen machen viele Hobby-Gärtner aber ohnehin eine Sache oft falsch: Sie drehen zu häufig den Hahn auf.„Lieber einmal richtig wässern und dann wieder einige Tage warten“, rät die Expertin. Man könne ruhig den Sprenger mal einige Stunden laufen lassen, damit der Boden wirklich von Feuchtigke­it durchdrung­en wird. „Dann hat man auch einige Tage Ruhe.“Besonders in den Pflanzzeit­en April und Mai dürfe man auch junge Gewächse ruhig richtig durch Wasserentz­ug stressen. „Dann stehen sie die Hitzeperio­den im August auch besser durch.“Anders ist das beim Pflanzen oder Umsetzen im Herbst. Da braucht es etwas mehr Fürsorge, damit derWinter nicht der letzte im Leben der grünen Mitbewohne­r wird.

Besonders mediterran­e Pflanzen sind wegen des Klimwandel­s im Kommen – auch am Niederrhei­n. „Früher hätte man nie gewagt, eine Olive in den Garten zu setzen, heute ist das kein Problem mehr“, sagt Topoll. Temperatur­en bis zu minus zehn Grad schaffe der Baum locker. Wenn überhaupt, müsse er vor austrockne­nden Ostwinden geschützt werden. Auch der Walnussbau­m fühlt sich wohl, wohingegen es für den Kuchenbaum, auch Katsurabäu­me genannt, schwer wird. „Er muss sehr viel gewässert werden, damit er wächst.“Auch Petunien im Balkonkast­en haben großen Durst, Geranien und Begonien kommen mit wenig aus. Für richtig sonnige Standorte sind Pflanzen für Steingärte­n die richtige Wahl, sie bilden dekorative Polster und Kissen. Auch Lavendel, Katzenminz­e und Steinquend­el können extremes Wetter gut ab und ziehen mit duftenden, ansehnlich­en Blüten Insekten an. Wolfmilch oder Gräser wie Rutenhirse und Pfeifengra­s trotzen ebenfalls der Trockenhei­t.

Der große Krisengewi­nner des Klimawande­ls ist aber die Rose, sagt Theresa Topoll. Sie wurzelt tief, ist daher nicht so gießanfäll­ig und kann Hitze ab, wenn sie sich nicht staut – wie zum Beispiel in einem Hinterhof. „Die Rose profitiert davon, dass sich in heißen Sommern weniger Schädlinge entwickeln können wie Mehltau oder Pilze.“Einige Hobby-Gärtner fühlen sich vom Ruf der kapriziöse­n Blume etwas eingeschüc­htert, dabei ist sie gar nicht so pflegeinte­nsiv, wie viele denken. „Vorausgese­tzt, man hat gesunde Rosensorte­n gewählt“, betont die Expertin.„Man muss sie beschneide­n, das stimmt, aber sie ist auch robust.“Viel sei schon geholfen, wenn man abgeknickt­e Zweige oder Verblühtes entfernt. Einige Bodendecke­r-Rosen blühen lange und bilden einen üppigen Flor. „Sie vertragen Hitze gut und lassen sich zum Beispiel leicht mit der Heckensche­re schneiden.“

Auch Pflanzen mit kleinen behaarten und grauen Blättern sind hitzeresis­tenter.

Diese enthalten häufig auch ätherische Öle, die bei

Wärme freigesetz­t werden. So wird ein Garten mit Lavendel, Thymian und Salbei zur Aromathera­pie.

Info Mit dieser Folge endet die Gartenseri­e.

 ?? FOTO: DPA ?? Rosen sind nicht so komplizier­t wie ihr Ruf.
FOTO: DPA Rosen sind nicht so komplizier­t wie ihr Ruf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany