Rheinische Post Krefeld Kempen
April viel zu trocken: Wieder Dürre-Alarm
Meteorologisch herrscht seit Ende Mai 2018 Dürre. Trotz der ergiebigen Regenfälle im Februar und Anfang März sind die Böden wieder trocken. Es herrscht Waldbrandgefahr, die Bauern haben „die Faxen dicke“.
Es sind einmal mehr beklemmende Bilder, die der„Dürremonitor“des in Leipzig ansässigen Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung veröffentlicht: Demnach ist der Boden am Niederrhein bis in eine Tiefe von 1,80 Meter „ungewöhnlich trocken“, oder es herrscht bereits eine „moderate Dürre“. Kreislandwirt Paul-Christian Küskens ist beunruhigt: „Ich habe eine solche Trockenheit zu so einem frühen Zeitpunkt noch nicht erlebt, und ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es der Haustüre zu wässern. Wenn es nicht bald zu regnen beginnt, droht ein ähnlich katastrophales Erntejahr wie 2018.
Der Dürremonitor
Die Böden sind zu trocken: Die sogenannte „nutzbare Feldkapazität“– also der Anteil an Feuchtigkeit im Boden, den die Pflanzen nutzen können – liege am Niederrhein bei unter 30 Prozent, berichtet Andreas Marx, Wissenschaftler und Sprecher des Helmholtz-Instituts; dieser Wert sei für alle Kulturen kritisch und erfordere eigentlich Bewässerung. Das Bild fügt sich in den Trend derVergangenheit:„Meteorologische Dürre herrscht in Deutschland seit Februar 2018“, sagt Marx, „der Boden ist seit Ende Mai 2018 im Dürrezustand.“Die ausgiebigen Niederschläge von September 2019 und Februar/ März 2020 hätten den Pflanzen relativ wenig gebracht, weil sie noch im Winterruhezustand gewesen seien, resümiert er.
Dennoch macht er auch Hoffnung: „Es ist noch zu früh, die Dürrekatastrophe 2020 auszurufen; wenn es im Mai regnet, kann es noch ein relativ normales Landwirtschaftsjahr werden.“Das Jahr 2018 sei katastrophal für die Landwirtschaft gewesen, weil es auch im Sommer nicht geregnet habe; 2019 habe es nach der Trockenheit im Frühjahr zumindest im Südwesten zum Sommer hin geregnet,„und das hat für durchschnittliche Erträge gereicht“. Im Nordosten aber habe es nicht geregnet, dort habe es wieder Einbußen gegeben. Heißt für 2020: Wenn es ab Mai regnet, könnte das Ernte-Jahr einigermaßen normal werden; bleibt es trocken, droht eine Wiederholung von 2018.
Große Sorgen bereitet Marx der deutsche Wald. Für den Wald gilt: „Die Dürre hat eigentlich nie aufgehört; ein Drittel der Bäume hat direkte Trockenschäden, nur noch jeder fünfte Baum ist einem guten Zustand; die Vitalität des Waldes insgesamt ist schlechter geworden.“Dazu komme, dass sich Schädlinge wie der Borkenkäfer durch den mildenWinter erheblich vermehren konnten. „So trifft ein in seiner Vitalität geschwächtes Waldsystem auf eine große Menge von Schädlingen, denen die Bäume nur wenig entgegenzusetzen haben.“
Die Landwirtschaft
„Wir sind in einer schwierigen Phase; man kann schon von einer Dürre sprechen“, berichtet Kreislandwirt Paul-Christian Küskens. „Wir merken es daran, dass das Wachstum beim Gras und beim Getreide aussetzt; es gibt Trockenheitssymptome wie trockene Blätter, und das in einer Phase, in der sich das Hauptwachstum entfaltet.“Fatal daran: Für die Entwicklung der Ähren werden jetzt die Weichen gestellt. „Je nach Angebot an Nährstoffen entwickeln sich mehr oder weniger Körner, und diese Entwicklung können Sie nicht mehr korrigieren“, berichtet Küskens.
Dabei haben sich die Landwirte schon umgestellt: „Wir haben aus den vergangenen Jahren gelernt, dass es besser ist, Gerste anstatt Weizen anzubauen“, so Küskens.
„Das Gerste-Wachstum ist im Juni beendet; in der Vergangenheit begannen dann die Dürre-Perioden. In diesem Jahr aber beginnt die Trockenheit schon im April.“Küskens seufzt: „Nach zwei Dürrejahren hat jeder Bauer die Faxen dicke.“
Zusätzlich macht den Landwirten zurzeit der Ostwlnd zu schaffen. „Er trocknet die Böden zusätzlich aus, auch in tieferen Schichten, denn über Bodenkapillaren wird Feuchtigkeit an die Oberfläche gezogen.“Eigentlich müsse man darüber nachdenken, die Felder jetzt zu hacken, um die Kapillaren zu unterbrechen. Doch dazu bedürfe es teurer Technik, um die jungen Pflanzen nicht zu zerstören. „Man kann zwar heute mit einem Schlepper auf zwei Zentimeter genau übers Feld fahren, aber das reicht nicht“, erläutert Küskens. Spezielle Hackmaschinen seien darüber hinaus kameragesteuert. „Die Maschine erkennt die Pflanzen, die im Boden bleiben sollen“, so Küskens – doch diese Maschinen rechnen sich für einen einzelnen Landwirt nicht.
Der Krefelder Wald
Sorgen macht sich Krefelds Stadtförster Jens Poschmann wegen der grassierenden Waldbrandgefahr. Zwar hat Krefeld den Vorteil, dass es kaum noch Nadelbäume gibt, die an anderen Orten – etwa im Sauerland – immer noch reichlich vertreten sind. „Aber das trockene Laub verrottet noch“, berichtet Poschmann, „und der Ostwind trocknet das Laub noch zusätzlich“. Er achte im Moment sehr genau darauf, ob Leute imWald rauchen oder gar grillen.„Es sind mehr Leute als sonst im Wald unterwegs, weil er in Coronazeiten ein wichtiger Rückzugsraum ist. Damit sind auch Leute im Wald, die sich sonst selten dort aufhalten und nicht unbedingt wissen, worauf man zu achten hat.“
Die Stadtbäume
„Jeder Eimer Wasser hilft“– Kreisjägerschaft und Nabu appellieren an die Bürger, Bäume vor der Haustüre zu wässern. „Gerade in der Wachstumsphase und angesichts des nahenden Sommers ist es wichtig, dass die Bäume Feuchtigkeit bekommen“, erklärt dazu Martina Borgmann von der Kreisjägerschaft.