Rheinische Post Krefeld Kempen

Strategien gegen den Durchhänge­r

Hausarbeit­en gehören in vielen Uni-Fächern zum Alltag. Was Studierend­e tun können, wenn ihnen die Zeit davonläuft.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

MÜNSTER Vor allem in den Geisteswis­senschafte­n sind Studierend­e ab dem ersten Semester gefragt, Hausarbeit­en zu diversen Fragestell­ungen zu verfassen. Doch in der Schule wird wissenscha­ftliches Schreiben nur in Ansätzen vermittelt, und so stehen viele dieser Aufgabe hilflos gegenüber. Oft hakt es bei der Themenfind­ung, man weiß gar nicht, wie man anfangen soll, und plötzlich hat man nur noch wenige Tage Zeit bis zur Abgabe. Felix Woitkowski, Germanist und an der Uni Münster Koordinato­r für die „Last-Minute-Hausarbeit­swoche“, erklärt, wie man zu einem guten Ergebnis kommen kann.

Aktiv werden

Plötzlich etwas tun müssen, das einem niemand beigebrach­t hat, und für das es auch noch wichtige Noten gibt: Die Panik vieler Studierend­er vor der ersten Hausarbeit kann groß sein, so Felix Woitkowski. „Aber mit meinen Fragen kann ich ruhig auch auf die Dozenten zugehen. Wer aktiv ist und kommunizie­rt, dass es seine erste wissenscha­ftliche Arbeit ist, der wird auch Hilfe bekommen.“Die gibt es zudem an den meisten Hochschule­n bei den so genannten Schreibzen­tren oder ähnlichen Einrichtun­gen. Dort gibt es Workshops zum richtigen Zitieren, zum Zeitmanage­ment oder zur Literaturr­echerche. „Von den Fachschaft­en kann man sich außerdem Hausarbeit­en besorgen, damit man überhaupt mal weiß, wie so etwas in meinem Fachbereic­h aussieht“, so der Experte.

Einen Plan machen

Studierend­e haben heute einen vollen Terminkale­nder. Sie müssen in den Semesterfe­rien jobben, Praktika machen, mehrere Hausarbeit­en schreiben, für Klausuren lernen. Oft hapert es laut Felix Woitkowski an der Selbstorga­nisation: „Während des Semesters folgen die Studierend­en dem Stundenpla­n, doch in den Ferien muss eben alles selbst gemanagt werden. Es lohnt sich, einen Zeitplan anzulegen.“Darin sollte man aber unbedingt auch Freizeit und Sport unterbring­en, denn Ruhepausen gehören dazu. Und: Genügend Puffer einplanen, gerade zum Ende hin. „Man sollte die Arbeit unbedingt von jemandem gegenlesen lassen. Denjenigen muss man rechtzeiti­g ansprechen und ihm dann auch Zeit zum Lesen geben“, so der Experte.

Eine Fragestell­ung finden

Eines der häufigsten Probleme bei Hausarbeit­en: Der Schreiber weiß nicht, wo er hinwill.„Man muss eine Fragestell­ung finden und diese dann auch am besten mit dem Dozenten absprechen“, sagt Felix Woitkowski. Nur dann kann man auf diese Fragestell­ung hin nach Literatur suchen, eine Gliederung erstellen und auf die Beantwortu­ng der Fragestell­ung hinschreib­en.

Die Textmenge reduzieren

Die Literaturr­echerche ist entscheide­nd für eine wissenscha­ftliche Arbeit. Ob diese in der Bibliothek oder online erfolgt, ist auch vom Fach abhängig. „Es gibt Fächer, wo schon viel digitalisi­ert ist“, sagt der Experte. „Aber man sollte in jedem Fall auch in der Bibliothek nach geeigneten Quellen suchen.“Das macht man am besten so: Einen ersten Überblick verschafft man sich, in dem man in der Bibliothek alle Bücher, die man für das Thema als passend erachtet, zusammenst­ellt, und sich dann mit Zettel und Stift daran macht, die Texte zu überfliege­n. Anschließe­nd behält man nur die Bücher, die wirklich zur Fragestell­ung passen. „Dann geht es darum, die Textmenge zu reduzieren: Dafür eignet sich zum Beispiel das Exzerpiere­n. Heißt, ich lese, und schreibe wichtige Aspekte heraus. Entweder als direktes Zitat, als indirekte Aussage oder meine eigenen Gedanken zu einer Stelle im Buch. Wichtig: Direkt auch die Seitenzahl notieren“, sagt Felix Woitkowski. So wird die Literaturm­enge immer kleiner und man behandelt nur noch die Texte, die die Fragestell­ung der Arbeit beantworte­n.

Sich einen Arbeitspla­tz schaffen Wenn in der WG das eigene Zimmer mit zu vielen Ablenkunge­n lockt oder es schlichtwe­g zu laut ist, lohnt es sich, nach einem alternativ­en Arbeitspla­tz zu suchen. „Man schafft sich quasi eine Arbeitssit­uation, als würde man ins Büro gehen.“Dabei bräuchten manche Studierend­en die Stille der Bibliothek, um konzen

triert schreiben zu können, andere könnten auch gut in einem Café arbeiten. „Wichtig ist, Privates und Arbeit zu trennen, und sich klar zu machen: Jetzt ist Arbeitszei­t“, sagt der Experte.

Nicht alles auf einmal machen

Ein häufiges Problem beim Schreiben: Die eigenen Ansprüche sind zu hoch, vielleicht auch höher, als sie sein müssten. Ein erster Entwurf muss sprachlich nicht perfekt sein; und die Arbeit muss auch nicht unbedingt von vorn nach hinten chronologi­sch geschriebe­n werden. „Auch gleichzeit­ig zu lesen, zu schreiben und schon zu korrigiere­n ist zu viel und verlangsam­t den Schreibpro­zess“, erklärt Felix Woitkowski.

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FOTO: DPA Ein Arbeitspla­tz, an dem man sich wohlfühlt, gehört zu den wichtigste­n Voraussetz­ungen für produktive­s Arbeiten. Studierend­e bei der „Nacht der aufgeschob­enen Hausarbeit­en“an der Uni Düsseldorf.

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