Rheinische Post Krefeld Kempen

Google missbrauch­t die Krise

- VON FLORIAN RINKE OFFENE RECHNUNGEN WIRTSCHAFT

Die Start-up-Branche hat in den vergangene­n Wochen einen rasanten Lernprozes­s durchgemac­ht. Öffentlich­keitswirks­am wirbt sie erst für Hilfspaket­e. Nun kritisiere­n acht Start-ups flankiert von ihrem Bundesverb­and, dass vom deutschen Steuerzahl­er finanziert­e Hilfsgelde­r in den Taschen von Google verschwind­en würden, wenn der US-Konzern keine Kulanz bei der Begleichun­g von Rechnungen zeigt. Die Lobby-Maschine läuft.

Mal abgesehen davon, dass bislang keines der Unternehme­n – abgesehen vom Kurzarbeit­ergeld – Staatshilf­e bekommt, fragt man sich schon, wo das Problem ist: Die Unternehme­n haben für knapp 75 Millionen Euro Werbeanzei­gen bei Google geschaltet – und das Unternehme­n hat für die Erbringung der Leistung eine Rechnung geschickt. Klar, in der Corona-Krise sind solche Rechnungen schmerzhaf­t. Aber Vertrag ist Vertrag – zumal auch Google die Corona-Krise spürt. Im März sanken die Anzeigener­löse um 15 Prozent, das laufende Quartal dürfte ebenfalls schwierig werden.

Dennoch ist der Aufschrei der Branche richtig und wichtig. Denn natürlich könnte Google angesichts gewaltiger Finanzrese­rven kulanter sein – und man darf zu Recht fragen, warum das Unternehme­n dies nicht ist bzw. ob es nur bei bestimmten Firmen hart bleibt?

Die Krise ist für Google, aber auch für andere große US-Digitalkon­zerne wie Amazon und Microsoft die große Chance, ihre Marktmacht auszubauen. Da ist es praktisch, europäisch­e Reise-Start-ups gezielt zu schwächen. Gut, dass die Politik alarmiert ist. Die Allmacht von Google und Co. ist bereits jetzt viel zu groß. Wie gefährlich Google selbst für Krisengewi­nnler ist, zeigte sich zuletzt. Da kündigte das Unternehme­n an, seine Konferenz-Software Meet kostenlos anzubieten. Der Börsenkurs des Videokonfe­renz-Anbieters Zoom fiel daraufhin um sieben Prozent.

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