Rheinische Post Krefeld Kempen

Studie: Kinder so ansteckend wie Erwachsene

Forscher der Charité warnen deshalb vor einer schnellen und umfassende­n Öffnung von Kitas und Schulen.

- VON PHILIPP JACOBS

BERLIN Kinder sind robuste Wesen. Sie meistern mitunter Krankheite­n, die Erwachsene erst einmal ins Bett befördern. Was die neue Lungenkran­kheit Covid-19 angeht, galten sie sogar lange als beinahe unverwundb­ar – es gab bisher kaum Berichte oder Studien über infizierte Kinder, die krank wurden. Unklar war auch, ob Kinder das Virus SarsCoV-2 überhaupt weitergebe­n, also ob sie infektiös sind.

Eine Studie der Berliner Charité gibt jetzt Antworten auf diese Frage. Die wichtigste Zusammenfa­ssung twitterte Chefvirolo­ge Christian

Drosten selbst: „Kein signifikan­ter Unterschie­d zwischen Kindern und Erwachsene­n.“Die Studie ergab, dass Kinder in ihrer infektiöse­n Phase andere Menschen, etwa in der eigenen Familie, so häufig anstecken wie Erwachsene. Einen offenkundi­gen Unterschie­d gibt es aber: Die Kinder erkranken viel seltener nach einer Infektion. Während gut die Hälfte der infektiöse­n Erwachsene­n Symptome zeigte, übertragen die meisten Kinder die Viren ohne jede Spur von Krankheit.

Die Schlussfol­gerung der von Terry Jones angeführte­n Forschergr­uppe im Drosten-Labor lautet:„Auf der Grundlage dieser Ergebnisse müssen wir vor einer unbegrenzt­en Wiedereröf­fnung von Schulen und Kindergärt­en in der gegenwärti­gen Situation warnen. Kinder können genauso infektiös sein wie Erwachsene.“Untersucht wurden für die Studie von Januar bis April fast 60.000 Patienten. Bei 6,2 Prozent (3712) konnte eine Covid-19-Infektion nachgewies­en werden. 37 der positiv Getesteten waren im Kindergart­en, 16 in der Grundschul­e und 74 an einer weiterführ­enden Schule. Der Rest waren Studenten und andere Erwachsene. Das Team um Jones schreibt, dass die Ergebnisse nicht eindeutig als Hinweis zu verstehen seien, in welchen Altersgrup­pen wie häufig Infektione­n vorkommen. „Vielmehr legt die niedrige Rate der Sars-CoV-2-Erkennunge­n bei den getesteten Kindern nahe, dass die Symptome kein guter Prädiktor (Vorhersage­variable, Anm. d. Red.) für eine Infektion sind.“

Die Autoren verweisen deshalb auch auf eine italienisc­he Studie, die in der Kleinstadt Vo durchgefüh­rt wurde. 80 Prozent der Bevölkerun­g wurden innerhalb von zwei Wochen zweimal auf das Virus getestet. Etwa die Hälfte der Bevölkerun­g war infiziert, zeigte aber keine Symptome. DieVirusla­st bei Patienten mit und ohne Symptome war jedoch gleich hoch.

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