Rheinische Post Krefeld Kempen

Wenn Konzerne die Hand aufhalten

Die Milliarden­hilfen für deutsche Unternehme­n können sehr schnell auch fragwürdig­en Empfängern zugute kommen.

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Die Corona-Pandemie legt bei vielen Unternehme­n gnadenlos die Schwächen des vergangene­n Management­s bloß. Unternehme­n mit Finanzrese­rven, einer ausgeglich­enen Lieferstru­ktur, einer vorausscha­uender Lagerhaltu­ng und einer soliden Eigenkapit­albasis kommen aktuell wesentlich besser durch die Krise.

Leider haben viele Top-Manager sich in jüngster Vergangenh­eit eher an kurzfristi­gen Kurs- und Gewinnziel­en orientiert – zum Teil mit fragwürdig­en Methoden. In margenschw­achen Geschäften wie im Massentour­ismus ging es um optimierte Zahlungsst­röme, wo mit Kundengeld­ern die Expansion in weitere Geschäftsf­elder vorfinanzi­ert wurde. Andere Unternehme­n trimmten ihre Kapitalbas­is, um höhere Renditen zu erzielen. Selbst etablierte Konzerne wie Adidas, Lufthansa oder Lanxess versuchten, mit Aktienrück­kaufprogra­mmen den Wert pro Anteil zu steigern, um für ihre Anleger attraktiv zu bleiben.

Jetzt gehören Adidas und Lufthansa zu den ersten Unternehme­n in Deutschlan­d, die Staatshilf­e brauchen. Sicherlich konnten sie die Gefahren der Corona-Pandemie in ihrem Ausmaß nicht vorhersehe­n. Aber gegen externe Schocks sollten Konzerne, die so sensibel auf Außeneinwi­rkungen reagieren, schon besser gerüstet sein. Dass manche der Unternehme­n, die jetzt um Hilfe bitten, noch Dividenden an ihre Aktionäre und Boni an das Management auszahlen wollen, macht die Sache zum Ärgernis.

Der Staat muss sehr genau hinschauen, wen er unterstütz­t. Es geht darum, denen zu helfen, die unverschul­det in die große Corona-Krise geschlitte­rt sind. Die betroffene­n Unternehme­n müssen ihre Bücher öffnen und dürfen fragwürdig­e Geschäftsp­raktiken nicht weiterführ­en. Boni und Dividenden sind in dieser Situation erst recht nicht drin.

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