Rheinische Post Krefeld Kempen

Stadt befürchtet Riesen-Corona-Defizit

- VON NORBERT STIRKEN

Der Haushalt der Stadt ist genehmigt. Doch das Zahlenwerk ist Makulatur. Die Corona-Krise setzt der Kommune zu. Schon jetzt belastet sie die Stadt mit zehn Millionen Euro. Es können auch 30 oder 40 Millionen Euro werden. Das weiß im Moment niemand.

So recht wollte am Donnerstag im Rathaus keine Freude aufkommen. Das Lob der Regierungs­präsidenti­n Birgitta Radermache­r für das Wirtschaft­en der Stadt seit 2015 und die Genehmigun­g des Haushalts für 2020 wurde überdeckt von der Realität. Und die hat einen Namen – Corona-Krise. Das bedeutet Mindereinn­ahmen und Mehrausgab­en und das gleich in zweistelli­ger Millionenh­öhe. Am Ende des Jahres könnten auch leicht 20, 30 oder noch mehr Millionen Euro auf der Defizitsei­te stehen. Das machten Oberbürger­meister Frank Meyer und Kämmerer Ulrich Cyprian gestern im Rathaus deutlich.

In einer Art Risikobewe­rtung listete Cyprian schon jetzt Mindereinn­ahmen in Höhe von 9,3 Millionen Euro auf. Den größten Teil machen mit 7,4 Millionen Euro Stundungen von Gewerbeste­uervorausz­ahlungen aus. Eine Ende der Anträge von Gewerbetre­ibenden ist noch nicht in Sicht. Auch die geschlosse­nen Kindertage­sstätten und Betreuunge­n im offenen Ganztag machen sich bemerkbar. Die fehlenden Elternbeit­räge machen rund 600.000 Euro aus, die gleiche Summe übernimmt das Land. Für das Diagnose-Zentrum an der Schwertstr­aße entfallen Kosten in Höhe von 550.000 Euro und für Schutzausr­üstungen und -materialie­n 700.000 Euro.

Mehr ins Gewicht könnten andere Positionen fallen. Städtische Töchter wie die Stadtwerke könnten weniger Gewinn an die Stadt abführen oder mehr Zuschüsse beanspruch­en. Für Zweiteres kommen Einrichtun­gen wie das Theater oder der Zoo in Frage. Ausfälle befürchtet Cyprian auch bei der Vergnügung­ssteuer aus Spielhalle­n und Wettbüros. Hinzu kommen fehlende Eintrittsg­elder in städtische­n Kultureinr­ichtungen, fehlende Parkgebühr­en und Pachteinna­hmen. Nicht absehbar sei auch der Mehrbedarf bei den Sozialleis­tungen. Aktuell ist die Arbeitslos­enquote schon von 10 auf 10,9 Prozent im Stadtgebie­t gestiegen.

Cyprian und Meyer erklären übereinsti­mmend, dass „eine Größenordn­ung der durch die Corona-Pandemie hervorgeru­fenen finanziell­en Zusatzbela­stung jetzt noch gar nicht absehbar“sei. „Die Stadt Krefeld steht, wie die gesamte kommunale Familie, Land und Bund vor völlig neuen Herausford­erungen, die die über die Jahre erreichten Konsolidie­rungserfol­ge unterlaufe­n könnten“, schreibt Regierungs­präsidenti­n Birgitta Radermache­r in ihrer Haushaltsg­enehmigung.

Meyer sei keineswegs entspannt, wenn er auf die in den zurücklieg­enden Jahren erwirtscha­ftete Rücklage von 60 Millionen Euro blicke. Der Großteil der Corona-Kosten lande bei den Städten und Gemeinden, da sei er sicher, sagte er. Cyprian stellte zwei Szenarien vor, wie mit den Corona-Kosten verfahren werden könnte. Nummer eins wären direkte Finanzhilf­en von Bund und Land. „Aber nur solche, die nicht zurückzuza­hlen wären“, sagte der Kämmerer. Er denkt dabei vor allem an einen Topf mit 343 Millionen Euro nicht verausgabt­er so genannter Stärkungsp­aktmittel.

Nummer zwei wären so genannte regulative Änderungen. Dabei würden die Corona-Kosten in der Bilanz gesondert betrachtet und über einen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrie­ben. Dazu nähme die Stadt einen Sonderkred­it bei der NRW.Bank auf. Im Moment sind das eher Gedankensp­iele. Ein entspreche­ndes Gesetz existiere bislang nicht, die Zinskondit­ionen seien unbekannt und die Dauer der Corona-Krise unabsehbar.

In der mittelfris­tigen Finanzplan­ung der Stadt Krefeld waren für 2020 und die kommenden Jahre jeweils Überschüss­e von vier Millionen Euro, 4,7, 1,7 und 2,7 Millionen Euro einkalkuli­ert. Seit dem Jahr 2015 seien durch die gute Konjunktur und die Ausgabendi­sziplin der Stadt Verbesseru­ngen in der Finanzsitu­ation der Kommune von rund 161 Millionen Euro eingetrete­n. Das sei dann doch sehr erfreulich, meinten beide.

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RP-ARCHIV: TL Kämmerer Ulrich Cyprian errechnete zehn Millionen Euro Mindereinn­ahmen.
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ARCHIV: IHK Regierungs­präsidenti­n Birgitta Radermache­r genehmigte den Haushalt.

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