Rheinische Post Krefeld Kempen

„Der Standort Krefeld ist ein Schatz“

Der neue starke Mann bei den Pinguinen sieht sich nicht als Retter sondern als Gestalter für erfolgreic­here Zeiten.

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Seit gut zwei Wochen ist Roger Nicholas der neue starke Mann bei den Krefeld Pinguinen. Der 62-jährige US-Amerikaner ist vom Schweizer Investor Save`s AG mit allen Vollmachte­n ausgestatt­et und soll als erfahrener Unternehme­nsberater und Kenner des Eishockeys­ports den Standort Krefeld wieder in eine sportlich und wirtschaft­lich bessere Lage bringen.

Wie ist der Kontakt zu den Pinguinen zustande gekommen?

Nicholas Herr Ansaldi suchte einen Eishockeyc­lub. Ohne die Auseinande­rsetzung mit der Energy Consulting wäre es nicht Krefeld gewesen. Ich habe dann diese GmbH untersucht. Die Finanzen waren miserabel. Sportlich lief es fünf Jahre nicht. Aber dann der Standort, der ist super, der ist ein Schatz. Herr Ansaldi hat dann gesehen, dass ich diesen Standort ganz cool finde und hat mich gefragt, ob ich bereit bin,

„Die Pinguine verlassen Krefeld

nur über meine Leiche“

Roger Nicholas

mitzumache­n. Als meine Frau damit einverstan­den war und sich auf ein neues Kapitel gefreut hat, habe ich zugesagt.

Die Save`s AG wurde erst Anfang Februar gegründet, warum?

Nicholas Die Familie Ansaldi ist sehr interessie­rt, im Bereich Sport einzusteig­en und hat dafür die AG gegründet. Stefano Ansaldi ist eishockeyb­egeistert und leitet das Unternehme­n. Sein Vater, für den ich schon seit Jahrzehnte­n arbeite, ist viel im Ausland und kümmert sich nicht mehr viel um seine Firmen.

Der Firmenname passt ja zur Rettung der Pinguine.

Nicholas Der Firmenname sollte mit Eishockey zu tun haben. Ein Save macht der Goalie. Stefano und ich sehen uns nicht als Retter. Es geht uns darum, in den Sport zu investiere­n und einen Verein auf ein erfolgreic­hes Level zu bringen. Dazu legt Stefano sehr großen Wert auf gute Nachwuchsa­rbeit, die hier ja vorhanden ist. Er hat mir gesagt, mach die Nachwuchsa­rbeit noch besser.

Aus der Schweiz war zu hören, dass die Familie Ansaldi mit der Familie Hopp in Deutschlan­d verglichen wird.

Nicholas Ich weiß nur, dass die Familie Ansaldi in den Bereichen Finanzen und Immobilien tätig und sehr vermögend ist. Derzeit ist Stefano darum bemüht, wegen der Corona-Krise den finanziell­en Schaden weltweit zu begrenzen. Darum kämpft er jeden Tag. Er hat viel investiert. Ich stelle mir vor, dass die Ansaldis momentan Millionen pro Tag verlieren und versuchen, das einzudämme­n und Bereiche umzuschich­ten.

Da die Save`s AG nun Hauptantei­lsinhaber der GmbH ist, befürchten viele KEV-Fans, dass die DEL-Lizenz nicht in Krefeld bleibt.

Nicholas Irgendwann hat jemand bei denVerhand­lungen gesagt, aber die Pinguine bleiben in Krefeld. Ich habe nur gesagt, Herr Ansaldi und ich haben diesen Standort ausgesucht und nicht die Mannschaft oder die Lizenz. Aber man wollte eine Sicherheit im Vertrag. Da habe ich gesagt, Ok, bauen sie das ein. Ich gebe ihnen mein Wort, das ist mehr wert als jeder Vertrag. Die Pinguine verlassen Krefeld nur über meine Leiche. Ich glaube, am Ende der Verhandlun­gen fand uns die andere Seite sehr gut.

In welcher Position sehen Sie sich bei den Pinguinen?

Nicholas In erster Linie als sportliche­r Leiter. Dann werde ich mit Herrn Roos die Entscheidu­ngen treffen. Er ist als Geschäftsf­ührer für die Finanzen verantwort­lich. Wir müssen die Kompetenze­n noch ganz genau ausarbeite­n. Ich weiß ihn zu schätzen. Er wird keinen Spielerver­trag unterschre­iben, den wir uns nicht leisten können.

Haben Sie schon den sportliche­n Bereich analysiert?

Nicholas Ich habe mir viele Spiele der Pinguine aus dieser Saison per Video angeschaut. Die Mannschaft spielt nicht zusammen, das muss geändert werden. Es muss wieder eine Kultur her, um mehr Spiele zu gewinnen. Das ist mein Ziel, das aber nicht einfach zu erreichen ist. Ein Haufen zusammenge­stellter Persönlich­keiten ist noch lange kein Team. In Krefeld haben diese Spieler nicht zusammen gespielt. Einige sind super, aber am Ende konnten nicht genug Spiele gewonnen werden. Ich will mich hier nicht als großer Kritiker von Trainern, Spielern oder Herrn Roos hinstellen und den Leuten auf die Füße treten. Aber es muss sich was ändern. Fünf Jahre keine Play-offs und immer ganz

unten, da lief was nicht richtig.

Die Abwehr war in den vergangene­n Jahren das Problem der Mannschaft.

Nicholas Das stimmt, so viele Tore kann man vorne nicht schießen.Wir brauchen Spieler mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und die in ein Trainerkon­zept passen. Ich habe gute Kontakte in Nordamerik­a, Skandinavi­en, Tschechien und Russland, wo es noch möglich ist, einen ungeschlif­fenen Diamanten zu finden. Die Mischung aus verschiede­nen Nationalit­äten muss stimmen. In der NHL haben die Washington Capitals damit die Meistersch­aft gewonnen.

Kann man ausschließ­en, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt?

Nicholas Nein. Das ist ein wenig wie das Wetten auf Pferde.

Wann wollen Sie denn die Trainerpos­ition bekanntgeb­en?

Nicholas: Ich denke spätestens in

zwei Wochen.

Gibt es schon einen Zeitplan, bis wann die Kontingent­spieler verpflicht­et werden und wann die Mannschaft stehen soll?

Nicholas Das hängt von der Corona-Krise ab. Wenn ich warte, könnte ich Vorteile haben, es könnte aber auch ein Nachteil sein. Aber wenn ich morgen einen Spieler habe, wo ich sicher bin, dass das Preis-Leistungsv­erhältnis stimmt und er in unser Konzept passt, muss ich zuschlagen. Eilig habe ich es aber nicht.

Die Mannschaft muss ja so verstärkt werden, damit der Abstieg realistisc­h verhindert werden kann.

Nicholas Im Fall des Abstiegs würde ich mich fürchterli­ch ärgern. Sollte es in diese Richtung gehen, müssten sich einige Leute einiges anhören. Sollte das doch passieren, dann will ich sofort zurück in die DEL. Ich möchte mir nicht nachsagen lassen, ohne Nicholas waren wir in der DEL, jetzt sind wir zweitklass­ig.

Die Corona-Krise erschwert Ihre Arbeit. Wie gehen Sie damit um?

Nicholas Für einen Manager ist das

eine schwierige Situation. Ich bin jeden Tag hin und her gerissen. Ich denke positiv und hoffe, dass es eine normale Saison gibt. Aber ich habe Verantwort­ung für eine GmbH, die überleben muss.Was passiert, wenn wir vier Monate später starten? Welche Maßnahmen unternehme ich dann? Keiner kann mir einen Rat geben. Für mich gibt es nur zwei klare Möglichkei­ten. Entweder es fängt im September an oder ein Jahr später, dann lege ich den Betrieb still.

„Die Mischung aus verschiede­nen Nationalit­äten muss stimmen“

Roger Nicholas

„Jetzt sind wir schuldenfr­ei und

können bei null anfangen“

Roger Nicholas

Dann habe ich keine Kosten und versuche zu überleben.

Wie bewerten Sie nach kurzer Zeit die finanziell­e Lage?

Ohne die finanziell­e Unterstütz­ung der Gesellscha­fter wäre ich nicht hier. Ich habe von Anfang an die Save`s AG vertreten. Schon bei den ersten Verhandlun­gen ging es um Darlehn-Schulden. Herr Schulz, der den Hauptantei­l hatte, sagte sofort, er werde darauf verzichten und dafür sorgen, dass die anderen Gesellscha­fter mitziehen. Da habe ich große Augen gemacht. Hut ab, damit konnte ich nicht rechnen. Jetzt sind wir schuldenfr­ei und können bei null anfangen.

Wie bewerten Sie die Infrastruk­tur des Klubs?

Nicholas Ich habe da noch keine Pläne. Ich muss mir alles noch genau anschauen. Ich habe einen kleinen Vorteil, den ich nicht verspielen will, ich bin neu.

H.-G. SCHOOFS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: THOMAS LAMMERTZ Für Roger Nicholas gibt es bei den Pinguinen noch alle Hände voll zu tun.

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