Rheinische Post Krefeld Kempen

Schwere Zeiten für Jobsuchend­e

Bis vor Kurzem war der Arbeitsmar­kt durch seinen hohen Bedarf an Fachkräfte­n für Bewerber attraktiv. Mit der CoronaPand­emie hat sich die Situation allerdings schnell geändert.

- VON SABINE MEUTER

Die Corona-Pandemie trifft den Arbeitsmar­kt mit voller Wucht. Es gibt Beschäftig­te, die in dieser Zeit mit ihrem ohnehin oftmals schwierige­n Alltag ihren Job verloren haben. Andere dachten vor der Krise über einen Arbeitspla­tzwechsel nach – und sind sich nun nicht sicher, ob sie ihre Pläne weiter verfolgen sollen. Und dann gibt es jene junge Frauen und Männer, die am Beginn ihres Berufslebe­ns stehen und wegen Covid-19 nun erschwerte Startbedin­gungen haben. All diese drei Gruppen treibt eine Frage um: Was ist jetzt in dieser Krisenzeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitgebe­r wichtig?

Der bisherige Job ist weg – und nun? „Bloß nicht panisch werden“, empfiehlt Jutta Boenig, Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung DGfK. Denn so bitter der Arbeitspla­tzverlust ist – irgendwann würden sich auch wieder neue Perspektiv­en auftun. Bewerber sollten Geduld haben und sich überlegen, was konkret sie einem Unternehme­n an Fähigkeite­n anbieten können, wenn es wieder aufwärts geht. Dazu gehört auch die Überlegung, ob es alternativ­e Branchen für einen gibt. „Etwa in der Medizintec­hnik, in der Pharmaindu­strie und in der Logistikbr­anche werden derzeit händeringe­nd Leute gesucht“, weiß Jutta Boenig.

Da die Unternehme­n auf noch bestehende Kontakt-Beschränku­ngen reagieren, läuft die Bewerbung womöglich (tmn) Für Mini-Jobber gibt es kein Kurzarbeit­ergeld. Wer auf 450-Euro-Basis arbeitet oder während der Corona-Krise bis zum 31. Oktober 2020 längstens fünf Monate oder 115 Tage im Kalenderja­hr beschäftig­t wird, gilt nach Paragraf 8 im Sozialgese­tzbuch IV (SGB) als geringfügi­g Beschäftig­ter und zahlt somit keine Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung. Das Kurzarbeit­ergeld ist aber an eine Pflicht zur Arbeitslos­enversiche­rung gekoppelt. Für Mini-Jobber kann der Arbeitgebe­r entspreche­nd keine Kurzarbeit anmelden. Sie bleiben im Zweifel ohne Vergütung. Gleiches gilt für Aushilfen, wenn diese vom Unternehme­n als geringfügi­g Beschäftig­te angemeldet sind.

(tmn) In einem Praktikum ein paar Wochen Berufserfa­hrungen sammeln, zahlt sich finanziell meistens nicht aus. Zumindest für künftige Bewerbunge­n kann sich die Zeit aber trotzdem lohnen. Grundsätzl­ich gibt es zwar Unterschie­de zwischen Arbeitnehm­ern und Praktikant­en, die eher zu reinen Ausbildung­szwecken im Unternehme­n sind. Auf den Anspruch auf ein Arbeitszeu­gnis hat das aber keine Auswirkung­en. Auch für Praktikant­en ergibt sich der Zeugnisans­pruch aus Paragraf 16 des Berufsbild­ungsnicht wie üblich. Ihre klassische­n Rekrutieru­ngsprozess­e haben viele Unternehme­n angesichts von Corona erst einmal auf Eis gelegt. „Statt der traditione­llen Vorstellun­gsgespräch­e mit Händeschüt­teln und unmittelba­rem Kontakt sind jetzt Video-Interviews mehr und mehr angesagt“, berichtet Sophia von Rundstedt von der gleichnami­gen Outplaceme­nt- und Karrierebe­ratung. Für Bewerber bedeutet das, zu prüfen, ob sie die technische­n Voraussetz­ungen für solche Video-Interviews hagesetzes (BBiG). Ähnlich wie ein Zeugnis für Arbeitnehm­er enthält dieses Angaben über Art, Dauer und Ziel des Praktikums sowie über die erworbenen berufliche­n Fertigkeit­en, Kenntnisse und Fähigkeite­n. Auf Verlangen seien auch Angaben überVerhal­ten und Leistung aufzunehme­n.

(bü) Das Bundessozi­algericht (BSG) hat entschiede­n, dass kranke Arbeitnehm­er nach Ablauf der sechswöchi­gen Lohnfortza­hlung selbst dafür verantwort­lich sind, dass ihre Krankenkas­se weitere Krankmeldu­ngen zeitnah erhält. Verpasst ein Beschäftig­ter die (einwöchige) Frist für den Zugang bei der Krankenkas­se, so ruht der Anspruch auf Krankengel­d. Im hier betreffend­enVerfahre­n hatte der Arbeitnehm­er nach der sechswöchi­gen Lohnfortza­hlung bereits gut zwei Monate Krankengel­d bezogen. Der Arzt stellte ihm eine Folgebesch­einigung aus und gab ihm auch den für die Krankenkas­se vorgesehen­en Durchschla­g. Der kam aber erst nach knapp drei Wochen bei der Kasse an. Das BSG bestätigte das Aus. Nach Ende der Lohnfortza­hlung seien die Versichert­en selbst dafür verantwort­lich, die Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng rechtzeiti­g an die Krankenkas­se zu übermittel­n. (BSG, B 3 KR 23/17 R) ben – und sich Gedanken darüber zu machen, wie sie sich geschickt platzieren.

Wer vor der Krise über einen Arbeitspla­tzwechsel nachgedach­t hat, steht jetzt in der Krise vor der Frage, ob das aktuell tatsächlic­h so empfehlens­wert ist. Jutta Boenig rät derzeit von einem Wechsel ab: „Besser ist es, erst einmal die Füße stillzuhal­ten und darüber nachzudenk­en, was man selbst am bisherigen Arbeitspla­tz positiv verändern kann, damit man sich dort wohlfühlt.“

Wechselwil­lige Arbeitnehm­er müssten allerdings im Blick behalten, wie es in der Krise ihrem derzeitige­n Arbeitgebe­r wirtschaft­lich geht, ergänzt Sophia von Rundstedt. Sollte sich hier ein Arbeitspla­tzabbau abzeichnen, macht es durchaus Sinn, sich weiter nach einem neuen Job umzusehen. Dabei gilt es weiterhin, auf persönlich­e Netzwerke setzen. Auf Veranstalt­ungen gehen und dort andere treffen, die einen heißen Tipp für einen tollen Job haben, geht momentan natürlich nicht.

Stattdesse­n können Arbeitnehm­er ihre Kontakte pflegen und andere anrufen oder anmailen.„Dabei nicht jammern, sondern sich erkundigen, wie es dem anderen geht und wo eventuell Unterstütz­ung gefragt ist“, sagt von Rundstedt.

Nicht hinsetzen und jammern – diese Devise gilt jetzt genauso für Berufsanfä­nger. Sie müssen einen längeren Atem haben und damit rechnen, dass es dauern kann, bis sie eine Zusage zu einem Ausbildung­s- oder ersten Arbeitspla­tz bekommen. „Junge, talentiert­e Leute werden gesucht und auf kurz oder lang auch eingestell­t“, betont von Rundstedt. Sie rät Berufseins­teigern, sich umzugucken und sich genau zu informiere­n. Vielleicht können sie auch einmal inoffiziel­l mit Leuten sprechen, die bei einem Unternehme­n arbeiten, für das sie selbst gerne in Zukunft tätig werden möchten.

Mitunter kann es auch helfen, wenn Berufsanfä­nger für einen vorübergeh­enden Zeitraum bereit sind, Abstriche beim Einkommen zu machen. Das sollte aber vom jeweiligen Unternehme­n abhängen, findet Sophia von Rundstedt: „Wenn es genau die Firma und genau der Bereich ist, wo man unbedingt hin will, dann kann das eine Option sein.“

Wechselwil­lige sollten jetzt erst einmal abwarten

RECHT & ARBEIT

Für den Traumjob auch Abstriche beim

Gehalt machen

 ?? FOTO: DPA-TMN ?? Bewerbunge­n laufen derzeit verstärkt als Videogespr­äch ab. Wer auf Jobsuche ist, sollte sich darauf vorbereite­n.
FOTO: DPA-TMN Bewerbunge­n laufen derzeit verstärkt als Videogespr­äch ab. Wer auf Jobsuche ist, sollte sich darauf vorbereite­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany