Rheinische Post Krefeld Kempen
Vorwurf: Sparkasse sitzt Zins-Streite aus
Der Krefelder Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Christian Preisigke, vertritt mehr als 100 Mandanten, die gegen die Zinsanpassungen der Sparkassen in Prämiensparverträgen vorgehen wollen.
Die Sparkassen in Deutschland sitzen auf einem Pulverfass. Das gelte auch für die Sparkasse Krefeld, sagte Christian Preisigke, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht mit Kanzlei an der Stephanstraße, im Gespräch mit unserer Redaktion. Allein er vertrete mehr als 100 Mandanten, die sich gegen die Art und Weise der Zinsberechnung der Geldinstitute in der Seidenstadt und anderen Kommunen wehren. Da könnten in der Summe leicht zwei bis dreistellige Millionenbeträge für Nachzahlungen zusammenkommen, meinte der Experte. Das Problem sei nicht neu. Im Gegenteil es sei seit fast zehn Jahren bekannt und werde von denVorständen zum Nachteil der Kunden ausgesessen.
Es geht um den variablen Zins bei Prämiensparverträgen. Bislang, so Preisigke, sei nicht eindeutig geregelt, wie die Zinsen anzupassen seien. Im Sommer 2014 sei vielen Kunden gleichsam ein Null-Zins-Versprechen untergejubelt worden, berichtet der Jurist. Diejenigen, die dagegen Widerspruch eingelegt hätten, seien mit Zinszusagen in Höhe von 1,37 Prozent und aktuell noch mit 0,43 Prozent bedacht worden.„Alle anderen wurden systematisch übervorteilt“, wagt sich Preisigke mit der Kritik weit aus der Deckung.
Jeder Fall sei eine Nuance anders, betonte er. Jeder Vertrag sei zu prüfen. Viele vor allem älteren Sparkassen-Kunden, die mit einem
Prämiensparvertrag etwas für die Altersvorsorge hätten tun oder für ihre Enkel ein Startkapital hätten ansparen wollen, seien enttäuscht und wütend. „Sie überlegen, den Sachverhalt vor Gericht zu bringen“,sagte er. Die Zinsfrage sei in Deutschland ein Massenproblem. Andere Sparkassen gingen mit der Thematik anders um als die Sparkasse Krefeld. Duisburg, Moers und Mülheim zum Beispiel zahlten noch Zinsen. Ausgerechnet die Sparkasse Krefeld, die zu den potentesten in Deutschland gehöre, verweigere sich, berichtete Preisigke.
Ihn stört auch, dass die politischen Vertreter der Stadt Krefeld und aus dem Kreis Viersen als Gewährsträger im Verwaltungsrat der Sparkasse Krefeld keinen Einfluss nähmen, um die Kunden korrekt zu behandeln. Der Vorstand sitze das aus, um der nächsten Generation die kostspielige Lösung des Zins-Problems zu überlassen. Sie warteten auf ein Entscheidung in einem Musterfeststellungsverfahren, dass lediglich für die Kunden der Sparkasse Leipzig eine bindende Wirkung entfalte. „Das ist ein Spiel auf Zeit“, befand Preisigke.
Seit dem 17. September 2019 ist vor dem OLG Dresden einVerfahren anhängig, um die offenen Rechtsfragen zur Zinsberechnung zu klären.„Hieraus erwarten auch wir eine höchstrichterliche Entscheidung, welche Anforderungen an Zinsanpassungen zu stellen sind“, erklärte Thomas Loyen, Sprecher der Sparkasse Krefeld, im Februar auf Anfrage unserer Redaktion. Das Gericht habe am 22. April dieses Jahres (Az.: 5 MK 1/19) ein Urteil verkündet, derzeit liege aber weder eine schriftliche Fassung noch eine Bewertung durch die Kreditwirtschaft vor. Verbraucherverband und beklagte Sparkasse hätten die Kosten je zur Hälfte zu tragen, so dass keine Partei vollständig obsiegt habe. Deshalb werde davon ausgegangen, dass mindestens eine Partei den Weg zum Bundesgerichtshof einschlagen werde, sagte Harald Schulze, Sprecher der Sparkasse Krefeld auf Anfrage unserer Redaktion. „Wir hoffen dadurch letztlich Klarheit über die konkreten Anforderungen an eine Zinsanpassung zu erhalten. Nach den bisherigen Informationen ist aus den schriftlichen Urteilsgründen des OLG Dresden hierzu keine abschließende Antwort zu erwarten“, sagte er.
Er bestätigte, dass der Sparkasse Krefeld Widersprüche gegen die Zinsberechnung beim Prämiensparen vorliegen. Eine konkrete Zahl könne er jedoch nicht bestätigen. Auf die Frage, ob es zutreffe, dass die örtliche Sparkasse denen, die Widerspruch eingelegt haben, mehr Zinsen zahlen als denen, die keinen Widerspruch leisten, antwortete Schulze: „Die Aussage ist nicht korrekt.“
In einem von seiner Kanzlei vor dem Landgericht Krefeld bereits geführtenVerfahren habe die Sparkasse Krefeld einräumen müssen, dass sie zu Lasten des dortigen Kunden gegen Vorgaben des BGH verstoßen und seit Jahren deutlich zu geringe Zinsgutschriften erteilt habe, berichtet Preisigke, der seine Referendarzeit am Oberlandesgericht Hamm und am Landgericht Siegen verbrachte. „In der Tat gab es einen konkreten Fall, in dem eine Klage eingereicht wurde. Das Ergebnis eines einzelnen Verfahrens kann nicht zu einer endgültigen Klärung des Sachverhaltes führen“, entgegnete die Sparkasse.