Rheinische Post Krefeld Kempen

Das himmelblau­e Akkordeon - jetzt als CD

- VON PETRA DIEDERICHS

Die Erinnerung­en des Krefelder Auschwitz-Überlebend­en Werner Heymann sind berührend. Jetzt haben bekannte Krefelder die Kapitel seines Lebens eingelesen. Das Hörbuch ist jetzt erschienen.

Werner Heymann war ein glückliche­s Kind: ein„gesunder und strammer blonder deutscher Junge, der prima essen konnte und stolz die muskulösen Beine den Kunden seines Vaters in der Metzgerei zeigen musste, weil die behauptete­n, dass Fleisch essen nicht gesund sei.“So stellt sich Heymann im ersten Kapitel seiner Lebenserin­nerungen vor. Es sind besondere Erinnerung­en aus einer besonderen Zeit, die ein besonderes Schicksal erzählen: Werner Heymann war Jude. Er war einer derjenigen, die den Holocaust und Auschwitz überlebt haben. Das Glück und ein himmelblau­es Akkordeon haben ihm dabei geholfen.

Heymanns Buch „Mein himmelblau­es Akkordeon“ist seine Lebensgesc­hichte und es ist eine Krefelder Geschichte. „Es ist vermutlich das einzige Hörbuch zu einem Kapitel Krefelder Geschichte“, sagt Stefan Kronsbein. Er hat das 160 Seiten starke Buch 2008 herausgege­ben. Jetzt ist die Literatur Sprache geworden: Für das Hörbuch „Mein himmelblau­es Akkordeon“haben 21 bekannte Krefelder jeweils ein Kapitel der bewegenden Geschichte eingelesen.

Oberbürger­meister Frank Meyer und Eldad Horwitz, der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Jüdischen Gemeinde Krefeld, die Schauspiel­er Paula Emmrich und Matthias Oelrich, die Theaterlei­ter Isolde Wabra (Kresch) und Michael Grosse (Stadttheat­er) sind dabei und viele mehr.„Wir haben einen Querschnit­t durch Altersgrup­pen, Gesellscha­ftsschicht­en und die bürgerlich­en Parteien, weil wir damit auch die breite Aufstellun­g und Akzeptanz unserer Arbeit zeigen wollen“, sagt Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentat­ionsstelle. Und weil die Initiatore­n hoffen, dass junge Leute über eine bekannte Stimme oder einen guten Leser an die Geschichte herangefüh­rt werden.

„Denn es ist schwere Kost“, sagt Gabriele König. Die Kulturbeau­ftragte der Stadt hat ein Kapitel eingelesen, das sie sehr bewegt hat. Es ist eine Bahnfahrt 1943 von Krefeld nach Kleve, die Heymanns Leben dramatisch verändert. Als Jude ist ihm die Nutzung öffentlich­er Verkehrsmi­ttel verboten. Der 20-Jährige fliegt auf und wird deportiert. „Da überlegt man schon, in welchem Ton man das liest“, sagt König. Für jede Episode die richtige Stimme zu finden und den Vielklang der Deutungen zu hören, machen den Reiz des Hörbuchs aus.

Werner Heymann wurde 1923 geboren und hat behütet in einer Mittelstan­dsfamilie gelebt. Sein musikalisc­hes Talent zeigte sich, als er eine himmelblau­e Ziehharmon­ika geschenkt bekam und auf der Stra

ße Schlager spielte. Hin und wieder warf einer dem Knirps einen Groschen zu. Später, in Auschwitz, sicherte ihm sein Talent das Überleben. Als er zur Zwangsarbe­it ins Ausbesseru­ngslager Gleiwitz geschafft worden war, hatte er als Musiker, der die Wachmannsc­haften unterhielt, das Privileg des Küchendien­stes. Da konnte er für sich und seine Kameraden Lebensmitt­el abzweigen. Vor der Befreiung des Lagers gelang ihm die Flucht, den To

desmarsch hat er überlebt, und er ist nach Krefeld zurückgeke­hrt. 1947 wanderte er nach Chile aus.

Dort hat er sehr viel später, 1985, seine Erinnerung­en niedergesc­hrieben. Die Flucht und später die Reise ins chilenisch­e Exil hat Heymann wie einen Abenteuerr­oman geschilder­t. Das Trauma des KZ ist verdrängt. Schon bei der Herausgabe des Buchs haben die Editoren bewusst auf historisch­e Korrekture­n verzichtet. Es ist Lebensgesc­hichte.

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REPRO: RP Werner Heymann und sein Akkordeon sind auf dem Cover Buch und Hörbuch in einen Hauch von Himmelblau getaucht.
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FOTO: PED Sie stellen die neue CD im Garten der Villa Merländer vor: (v.l.) Gabriele König, Stefan Kronsbein, Burkhard Ostrowski, Michael Rotthoff und Sandra Franz

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