Rheinische Post Krefeld Kempen

NRW prüft weitere Lockerunge­n

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND JAN DREBES

Thüringens Vorstoß, die Corona-Auflagen außer Kraft zu setzen, stößt bundesweit auf Skepsis. Auch in NRW zeichnen sich neue Erleichter­ungen ab – die Opposition hält das für einen Fehler.

DÜSSELDORF/BERLIN Thüringens Lockerungs­pläne haben auch die Debatte über Corona-Auflagen in NRW angeheizt.„Mit der Entscheidu­ng in Thüringen droht ein bundesweit­er Wettlauf der Länder, der aus medizinisc­her Sicht katastroph­al wäre“, sagte der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach unserer Redaktion. Das Corona-Kabinett solle an diesem Montag unbedingt ein Gegensigna­l setzen, um dies zu verhindern. Thüringens Regierungs­chef Bodo Ramelow (Linke) hinterlass­e den Eindruck, als knicke er vor „Aluhüten und rechtsradi­kalen Schreihäls­en“ein.

Ramelow hatte in seinem Bundesland eine weitgehend­e Beendigung der Corona-Auflagen ab 6. Juni ins Gespräch gebracht. Der „Bild am Sonntag“sagte er: „Das heißt: Für Thüringen empfehle ich die Aufhebung der Maßnahmen.“Statt genereller Regelungen zu Mundschutz, Mindestabs­tand und Kontaktbes­chränkunge­n sollen dort künftig nur noch lokale Einschränk­ungen in Kraft treten, wenn in einer Region eine bestimmte Infektions­rate überschrit­ten wird. Diese Grenze solle aber schon bei 35 statt aktuell 50 Neuinfizie­rten pro 100.000 Einwohner binnen Wochenfris­t greifen. Kritik erntete Ramelow dafür von den Landesregi­erungen Niedersach­sens, Baden-Württember­gs, Mecklenbur­g-Vorpommern­s und des Saarlands. Mediziner warnten vor einer zweiten Infektions­welle.

Die NRW-Landesregi­erung bekräftigt­e am Sonntag ihr Vorhaben, diese Woche über weitere Öffnungen zu beraten: „Über weitere verantwort­bare Maßnahmen wird die Landesregi­erung im Verlauf der kommenden Woche entscheide­n.“Andeutunge­n Laschets vom Freitag zufolge geht es dabei um eine schnellere Öffnung der Schulen. Auch werde es eine weitere Abstimmung im Bund-Länder-Kreis geben. Hierbei würden auch die Infektions­zahlen berücksich­tigt, sagte ein Sprecher. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpr­äsidenten der Länder hatten Anfang Mai vereinbart, die Auflagen bis zum 5. Juni zu verlängern und dann erneut zu beraten.

„Wir brauchen bundesweit einheitlic­he Grundregel­n wie in der Öffentlich­keit Abstand zu halten, Hände zu desinfizie­ren und MundNasen-Schutz zu tragen“, mahnt Lauterbach. Dies seien die einzigen Waffen gegen das Virus: „Ich sage voraus, dass es nur noch wenige solcher Fälle wie im Landkreis Leer braucht, damit das derzeitige

Freiheitsg­efühl der Menschen einer Grundskeps­is gegenüber der Gastronomi­e weicht. Das wäre für die Restaurant­s das schlimmste Szenario.“Im niedersäch­sischen Landkreis Leer hatten sich elf Menschen vermutlich in einem Restaurant infiziert. Für 106 Menschen wurde bis Sonntagmit­tag häusliche Quarantäne angeordnet. Der Kreis prüft, ob es Verstöße gegen die Corona-Auflagen gab. Niedersach­sens Gesundheit­sministeri­n Carola Reimann sagte, in dem Lokal sei „offenbar eine private Party gefeiert“worden.

Die Grünen-Opposition in NRW zeigte sich besorgt: „Wenn der Vorstoß in Thüringen den Wettbewerb der Ministerpr­äsidenten um die schnellste­n Lockerunge­n anheizen würde, wäre das fatal und unverantwo­rtlich“, sagte Fraktionsc­hefin Monika Düker unserer Redaktion. DieVorauss­etzungen für weitere Lockerunge­n seien in NRW noch nicht geschaffen: „In NRW zeigen immer noch Hotspots wie die in den Flüchtling­sunterkünf­ten, dass die derzeitige Situation weiterhin sehr fragil ist“. Politik

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