Rheinische Post Krefeld Kempen

Covid-19-Patient nach Blutplasma-Transfusio­n entlassen

Der Fall aus der Uniklinik Essen gibt Anlass zu Hoffnung. Ob die Antikörper Genesener wirklich helfen, ist aber nicht erwiesen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Wenn man nicht viele Pfeile im Köcher hat, muss man die nutzen, die verfügbar sind. So beschreibt Frank Herbstreit, Oberarzt auf der Intensivst­ation der Uniklinik Essen, die derzeitige Situation im Kampf gegen Covid-19. Denn noch fehlen effektive Therapien, mit denen sich die Folgen der Viruserkra­nkung zuverlässi­g eindämmen lassen. Einer der erwähnten Pfeile ist die Transfusio­n von Blutplasma bereits geheilter Patienten, weil dieses bereits Antikörper gegen das Virus enthält. So wird der Erkrankte quasi mit Antikörper­n geimpft, und sein Organismus kann den Eindringli­ng attackiere­n. Im Falle eines erst 29-jährigen Nordhorner­s mit Erfolg: Der schwer an Covid-19 erkrankte Mann konnte nach drei Blutplasma-Gaben aus dem Unikliniku­m in die Reha verlegt werden.

Von einerWunde­rwaffe gegen Corona könne man aber bei der Blutplasma-Therapie jedoch nicht reden, dämpft Herbstreit zu große Hoffnungen.„Ob es das ist, was dem

Patienten letztendli­ch geholfen hat, wissen wir nicht“, sagt der Essener Oberarzt. Das bestätigt auch Professori­n Monika Lindemann, die als Transfusio­nsmedizine­rin der Uniklinik den Fall mitbetreut hat. „Um solche Aussagen treffen zu können, benötigten wir kontrollie­rte Studien mit einer Placebo-Gruppe“, sagt Lindemann. So aber handele es sich nur um eine klinische Beobachtun­g; für die Heilung könnten auch andere Faktoren verantwort­lich sein. Bislang wurden sechs Patienten in Essen mit Plasma behandelt.

Dennoch spricht vieles dafür, dass die Gabe von Blutplasma genesener Covid-19-Patienten den Verlauf der Krankheit mildern und verkürzen kann. Dies wurde auch in China bei der Behandlung mehrerer schwer Erkrankten festgestel­lt. Allerdings wurden die Patienten parallel auch noch mit anderen Medikament­en therapiert.

Im Falle des 29-Jährigen kam die Blutplasma­spende aus der Uniklinik Düsseldorf. Neben der Blutgruppe, die natürlich passen muss, werde laut Lindemann besonders auf Zahl und Funktion der Antikörper geachtet. Diese reifen mit der Zeit, werden also wirksamer und passgenaue­r. Deshalb müssen Covid-19-Genesene rund vier Wochen symptomfre­i sein, bevor sie Plasma spenden dürfen.

Spender werden weiterhin gesucht, die Regeln sind vergleichb­ar mit denen bei der Blutspende – allerdings kann Plasma weitaus häufiger gespendet werden, weil die roten Blutkörper­chen zurück in den Körper geführt werden und der Organismus nicht so belastet wird.

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