Rheinische Post Krefeld Kempen
Zweimal Rheinland gegen Leipzig
Nach dem 3:1 von Leverkusen in Gladbach gibt es einen Dreikampf um die Champions-League-Plätze drei und vier.
Da war sie, die Frage, die Peter Bosz, dem Trainer von Bayer Leverkusen, überhaupt nicht gefällt. Es ging um Kai Havertz, den Kapitän seines Teams, und dessen Hauptrolle beim 3:1Sieg der Werkself im Topspiel bei Borussia Mönchengladbach. Zwei Tore schoss Havertz wie schon beim 4:1 in Bremen, erstmals schaffte der 20-Jährige in der Bundesliga zwei Doppelpacks in Folge. Bosz kennt die Qualität seines Besten, doch er mag es nicht, über einzelne Spieler zu sprechen. Fußball ist für den Niederländer Teamwork, weswegen er auch herausstellte, dass der verdiente Erfolg ein Resultat der guten Zusammenarbeit der gesamten Mannschaft gewesen sei.
Gleichwohl fand er lobende Worte für den Vorarbeiter der nun seit zwölf Pflichtspielen unbesiegten Leverkusener. Den hatte vor der Partie schon Gladbachs Trainer Marco Rose in höchsten Tönen gelobt. Dass Havertz RosesWorte gleich bestätigte, wird indes nicht dessen Intention gewesen sein. Doch war es am Ende eben dieser Havertz, der wesentlicher Grund für die Niederlage der Gladbacher war. Weil er in den entscheidenden Momenten das Richtige tat.
Das war in der Hinrunde nicht immer der Fall, auch Bayer war da als Gesamtkonstrukt noch nicht so gut dabei. In der Rückrunde jedoch, in der Havertz schon acht Tore erzielt hat, haben der Star und der Rest des Teams den Turbo angeworfen – wie in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit. Mit dem Resultat, dass Borussia, das nach 17 Spielen noch sieben Punkte und plus 13 Tore vor Bayer stand, jetzt einen Punkt und ein Tor schlechter ist.
Für die Borussen ist die Niederlage ein Rückschlag. „Wir wollten oben dran bleiben und dafür wäre jeder Sieg und jeder Punkt wichtig gewesen, deswegen tun die verlorenen drei Punkte weh. Aber insgesamt war Leverkusen effektiver und hat deswegen verdient gewonnen“, sagte Gladbachs Rechtsverteidiger Stefan Lainer. Indes ist das verlorene Spiel weniger bitter, als es eine Niederlage für Bayer gewesen wäre. Denn dann wäre Gladbach um fünf Punkte besser gewesen, der Abstand wäre gefährlich groß gewesen.
So aber sind die rheinischen Rivalen in der Bilanz nach 27 Spielen nahezu auf Augenhöhe – und rangeln, das ist der Status quo angesichts der aktuellen Stärke des FC Bayern und Borussia Dortmund, mit RB Leipzig um die Plätze drei und vier, die beide direkt in die Champions League führen. Es könnte für einen aus dem Trio extrem bitter werden, denn es deutet vieles darauf hin, dass ein Kandidat mit 60 und mehr Punkten am Ende Fünfter wird. Derzeit ist Leipzig nach dem klaren Sieg in Mainz in der Pole-Position mit 54 Punkten, Gladbach wäre als Fünfter nicht in der Königsklasse.
Doch es gibt auch den Blick nach oben. Bosz hatte bei seiner Vertragsverlängerung im Januar wissen lassen, dass er gedenkt, mit Bayer Titel zu gewinnen. Drei Chancen gibt es noch, Bayer ist in der Bundesliga oben dabei, steht im Pokal-Halbfinale und ist noch in der Europa League aktiv. Gladbach war immerhin achtmal Tabellenführer in dieser Saison und wird trotz der dritten Heimniederlage in einem Topspiel (zuvor 1:3 gegen Leipzig und 1:2 gegen Dortmund) weiter versuchen, ambitionierter Verfolger des Spitzenduos Bayern und BVB zu bleiben. Sowohl Borussia als auch Bayer spielen noch gegen die derzeit enteilten Bayern und werden somit am Dienstag auf Dortmund hoffen. Gewinnt das Team von Lucien Favre gegen den Rekordmeister, hätten die Rheinland-Teams die Gelegenheit mit Siegen in Bremen (Gladbach) und gegen Wolfsburg (Bayer) näher an die Spitze heranzurücken.
Für beide geht es neben den garantierten Champions-League-Millionen auch darum, Argumente zu sammeln, um ihre Top-Spieler zu halten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Denis Zakaria, der nach seiner Knie-Operation in der Reha befindliche Mittelfeld-Motor der Gladbacher, bleibt, würde steigen, wenn Roses Team die Königsklasse erreicht. Auch für Kai Havertz wäre die Champions League ein Argument. Jedoch: In beiden Fällen müssen Interessenten erstmal das nötige Geld zahlen wollen. 60 Millionen plus wäre der Preis, bei dem Borussia-Manager Max Eberl vermutlich über einen Zakaria-Verkauf nachdenken würde, bei Havertz müssten es dem Vernehmen nach schon 100 Millionen aufwärts sein.
Dass Havertz mit Auftritten wie zuletzt in Bremen und Gladbach Interessenten wie den FC Bayern oder Real Madrid nochmal seine außerordentliche Qualität verdeutlicht, liegt auf der Hand. Aber auch, dass er sich zu seiner Zukunft aktuell nicht äußern mag. Er will mit Bayer die Champions League erreichen. Was das angeht, war der Sieg in Gladbach ein wichtiger Schritt. Aber keine Garantie, ebenso wie das 1:3 für die Borussen kein K.o. ist in der Königsklassen-Frage. Zweimal Rheinland gegen RB, das ist die Ausgangslage nach dem Topspiel.