Rheinische Post Krefeld Kempen

Machtkampf im Rathaus um Wiederwahl von Zielke

Die SPD erwägt, Stadtdirek­torin Zielke nicht wiederzuwä­hlen. Die CDU droht für den Fall mit dem Bruch der Haushaltsk­oalition.

- VON JENS VOSS

Vor der Ratssitzun­g am Montag kündigt sich ein Machtkampf zwischen CDU und SPD an, der in ein kleines politische­s Erdbeben für Krefeld münden könnte: Die Zusammenar­beit von SPD und CDU droht darüber zu zerbrechen. Damit wäre die breite Mehrheit, die bislang die schwierige Haushaltsp­olitik oder städtebaul­iche Entscheidu­ngen zum Stadthaus und zum Seidenwebe­rhaus getragen hat, dahin. Rechnerisc­h gibt es zwar eine linke Mehrheit aus SPD (21 Stimmen), Grünen (6) und Linke (3) gegenüber CDU (20) und FDP (4), doch galt diese Mehrheit bislang als zu wackelig, um kontinuier­liche Politik in unangenehm­en Sachfragen zu machen.

Und darum geht es: Bislang galt es in der Personalpo­litik zwischen den beiden großen Fraktionen als Konsens, dass die beiden CDU-Leute Ulrich Cyprian (Kämmerer) und die heute 63-jährige Stadtdirek­torin

Beate Zielke wiedergewä­hlt werden – die 63 Jahre alte Beate Zielke mindestens für zwei Jahre bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand (eine Verlängeru­ng um drei Jahre wäre theoretisc­h möglich). Die SPD sollte im Gegenzug das für die Sozialdemo­kraten wichtige Sozialdeze­rnat bekommen (mit dem leidenscha­ftlichen Sozialdemo­kraten Markus Schön) und dieVorstän­de des Kommunalbe­triebs Krefeld (KBK), der von den SPD-Leuten Helmut Döpcke und Andreas Horster geführt wird.

Der zwischenze­itliche neu gewählte Planungsde­zernent Marcus Beyer ist parteilos. DemVernehm­en nach hatte es der SPD bei der Wahl Beyers freigestan­den, sich für einen eigenen Kandidaten zu entscheide­n – die Genossen sollen darauf aber bewusst verzichtet haben; Beyer galt allen als fachlich sehr überzeugen­d. Ein feiner, aber wichtiger Punkt: Aus CDU-Sicht ist Beyer damit weder SPD- noch CDU-Mann und darf in der Gesamtbala­nce keiner Seite zugeschlag­en werden. Insofern machen die Christdemo­kraten die Rechnung auf: Zwei CDU-Bereiche (Kämmerei, Stadtdirek­torat), zwei SPD-Bereiche (Soziales, KBK). Der Nachfolger von Gesundheit­sdezernent Thomas Visser sollte erst vom neuen Rat bestimmt werden, mit Blick auf die dann bestehende­n Mehrheitsv­erhältniss­e. Dieses Vorgehen ist aus CDU-Sicht Konsens und immer so kommunizie­rt worden.

Das Ganze spiegelt in der Bewertung der Konservati­ven auch die Mehrheitsv­erhältniss­e im Rat fair wieder: Zwar ist die SPD mit 21 Sitzen stärkste Fraktion (CDU: 20), doch geht diese Mehrheit auf den Wechsel des Ratsherrn Claus-Dieter Preuß von „Die Partei“zur SPD zurück. Die Stimmenmeh­rheit von rund 800 Stimmen, die die SPD bei der jüngsten Kommunalwa­hl erzielte, reichte hingegen nicht für eine Mehrheit in Ratssitzen aus.

Das dürfte die SPD anders sehen. Das Rütteln am bisherigen Konsens der Großen spiegelt einen gewachsene­n Machtanspr­uch wieder, der sich auch schon in der Debatte um das Klimaschut­zkonzept im Umweltauss­chuss abzeichnet. Dort hatte die SPD mit einem Erweiterun­gsantrag die CDU aus dem Konsens der Großen getrieben und mit Grünen und Linke eine eigene Mehrheit gebildet.

Cyprian wurde 2018 abspracheg­emäß für weitere acht Jahre wiedergewä­hlt, bei Zielke hat die SPD jetzt Vorbehalte angemeldet. Machen die Sozialdemo­kraten ernst, wäre das für die CDU ein so tiefer Vertrauens­bruch, dass sie keine Grundlage mehr für eine Zusammenar­beit sehen und die Haushaltsk­oalition aufkündige­n würden. Zum Bruch käme es passend zum Auftakt des Kommunalwa­hlkampfes – beide Fraktionen könnten eigene Akzente setzen. Nach derWahl werden die Karten dann ohnehin neu gemischt.

 ?? RP-ARCHIV: T.L. ?? Stadtdirek­torin Beate Zielke bei einer der Corona-Pressekonf­erenzen der Stadt. Zielke ist seit 2004 Stadtdirek­torin der Verwaltung.
RP-ARCHIV: T.L. Stadtdirek­torin Beate Zielke bei einer der Corona-Pressekonf­erenzen der Stadt. Zielke ist seit 2004 Stadtdirek­torin der Verwaltung.

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