Rheinische Post Krefeld Kempen

Psychiater: Täter oft mit narzisstis­chen Störungen

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VIERSEN (jis) Der Fall der Erzieherin, die in einer Kita in Viersen ein Kind getötet haben soll, erinnert in Ansätzen an Patientenm­orde, die von Krankensch­western oder -pflegern verübt wurden. Denn auch bei der Erzieherin soll es bereits an einem früheren Arbeitspla­tz zu Atemstills­tänden bei Kindern gekommen sein. Möglicherw­eise, so dieVermutu­ng, wollte sich die Frau in solchen Situatione­n als Retterin präsentier­en. Auch bei dem zu lebenslang­er Haft verurteilt­en Patientenm­örder Niels Högel stand laut psychiatri­schen Gutachten das Bedürfnis im Vordergrun­d, mit Kenntnisse­n zu glänzen und dafür bewundert zu werden. Er spritzte seinen Opfern ein Herzmedika­ment, um sie nach den von ihm provoziert­en Komplikati­onen reanimiere­n zu können.

Häufig liegt bei solchen Tätern eine schwere narzisstis­che Persönlich­keitsstöru­ng vor. Verschiede­ne Gutachter attestiert­en Högel eine unersättli­che Gier nach Anerkennun­g, gepaart mit einer „entmenscht­en Wahrnehmun­g“, also emotionale­r Kälte und einem Verlust von Mitgefühl, der sich darin äußerte, dass er Menschen als würdelose Objekte betrachtet­e. Im Vordergrun­d stehen alleine ins Groteske übersteige­rte egoistisch­e Bedürfniss­e. So war Högel laut einem Gutachter wohl eine ängstliche und eher unsichere Persönlich­keit, was er mit einem „Retterwahn“zu kompensier­en versuchte – was aber tragischer­weise dazu führte, dass er tötete statt Menschen zu helfen.

Oft kommt als Auslöser psychische­r Druck dazu, das Gefühl, überforder­t zu sein und sich daraus nicht befreien zu können. Das können Konflikte mit Mitarbeite­rn, ökonomisch­e Engpässe oder eine zu hohe

Arbeitsbel­astung sein. Unter Umständen fehlen zudem noch, so die Erklärung von Psychologe­n, die Fähigkeit, diese Probleme gegenüber anderen zu artikulier­en sowie generell die Reife, mit derartigen Faktoren umzugehen und nach Lösungen zu suchen. So gerät ein narzisstis­ch gestörter Mensch möglicherw­eise in einen Sog, an dessen Ende er sich mit einem Tötungsdel­ikt wieder Luft schaffen will – ein fataler Irrtum.

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