Rheinische Post Krefeld Kempen

Corona-Ausbruch in Groenlo

In einem Schlachtho­f in den Niederland­en sind 147 Arbeiter infiziert.

- VON PHILIPP JACOBS

GROENLO So recht wissen sie in Groenlo nicht, wie das Virus in den Schlachtho­f der FirmaVion gekommen ist.„Wir hatten schon sehr früh Sicherheit­sprotokoll­e, und wir arbeiten sehr hygienisch“, beteuerte der Vorsitzend­e der Zentralorg­anisation des Fleischsek­tors, Jos Goebbels, im Rundfunkse­nder NOS. Doch was oder wer die Quelle für den Ausbruch war, kann Goebbels nicht sagen.

Der Schlachtho­f in Groenlo liegt direkt an der deutsch-niederländ­ischen Grenze. Bis Coesfeld sind es nur 45 Kilometer. Auch dort kam es jüngst zu einem Coronaviru­s-Ausbruch in einem Schlachtho­f. Am Wochenende meldete der Betrieb in Groenlo, dass 147 Mitarbeite­r positiv auf den Erreger getestet wurden. Das sind 20 Prozent der Belegschaf­t. 79 der Mitarbeite­r leben in Deutschlan­d. NRW kündigte an, alle Wohnungen der Infizierte­n in der Region untersuche­n zu lassen. Mitbewohne­r sollen getestet werden. Bereits am Mittwoch war der Schlachtho­f geschlosse­n worden, weil sich 45 Angestellt­e infiziert hatten. Die Zahlen stiegen aber zum Wochenende. Vion-Geschäftsf­ührer Ronald Lotgerink zeigte sich schockiert. Seinen Angaben zufolge hatte keiner der positiv getesteten Mitarbeite­r gesundheit­liche Beschwerde­n. „Das ist offenkundi­g ein Merkmal dieses Virus“, sagte er.

Ein Teil der Belegschaf­t ist noch nicht getestet worden. Vion erhielt am Sonntag von der Gemeindeve­rwaltung 48 Stunden Zeit, die Ergebnisse nachzulief­ern. Zudem muss das Unternehme­n mit den Zeitarbeit­sbeitsfirm­en der Angestellt­en dafür sorgen, dass die gesamte Belegschaf­t so untergebra­cht wird, dass alle in Quarantäne können.

Die Schlachtbe­triebe in den Niederland­en geraten derzeit genauso in die Kritik wie jene in Deutschlan­d. 80 Prozent der Beschäftig­ten sind Wanderarbe­iter, die oft auf engem Raum zusammenle­ben. Einen Sicherheit­sabstand von mindestens 1,50 Metern einzuhalte­n, ist in den meisten Unterbring­ungen nicht durchgängi­g möglich. „Die Menschen kommen morgens zu Hunderten an. Das erste Stauproble­m entsteht in den Umkleiderä­umen“, sagte John Klijn, Direktor der niederländ­ischen Gewerkscha­ft FNV, dem NOS. Danach stünden viele beim Händewasch­en wieder eng beieinande­r.„Sie müssen durch die Hygienesch­leuse zum Fließband gehen, wo 30 Prozent unserer Mitglieder sagen, dass sie nicht in anderthalb Metern Entfernung von ihren Kollegen arbeiten können. Wenn es eine Pause gibt, geht der ganze Prozess rückwärts.“

Der Fall aus Groenlo hat nun das Parlament zu einer drastische­n Ansage genötigt. Schlachthö­fe, die bis Dienstagab­end nicht zeigen könnten, dass sie alles tun, um Corona-Infektione­n zu verhindern, würden geschlosse­n, sagte Landwirtsc­haftsminis­terin Carola Schouten. „Die Betriebe müssen Maßnahmen vornehmen, ich werde dann überlegen, ob es sicher genug für das NVWA-Inspektion­spersonal ist“, sagte Schouten. Die NVWA ist die Behörde für die Sicherheit von Lebensmitt­eln. Würden deren Inspekteur­e abgezogen, käme das einer Schließung des Betriebs gleich.

In den Niederland­en sind bisher rund 45.500 Menschen positiv auf das Coronaviru­s getestet worden, 5822 davon starben. Die Zahl der Corona-Patienten in den niederländ­ischen Kliniken sei seit dem Ausbruch erstmals wieder unter 1000 gesunken, meldete am Sonntag die Nationale Koordinier­ungsstelle für die Verteilung von Patienten.

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