Rheinische Post Krefeld Kempen

In der Krise boomt das Geschäft

Quoten, Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeit und Buchmacher: Die Zusammense­tzung von Sportwette­n hat viele Faktoren.

- VON SEBASTIAN KALENBERG UND EIRIK SEDLMAIR

DÜSSELDORF Bet-at-Home, Tipico, Betway und Co. In Deutschlan­d gibt es unzählige Anbieter für Sportwette­n. Am häufigsten wird in Deutschlan­d auf den Ausgang von Fußballpar­tien getippt. Entscheide­nd für die Gewinnsumm­e ist dabei die vomWettanb­ieter angebotene Quote. Doch wie setzt sich diese überhaupt zusammen? Und was für Folgen hat die Corona-Krise für den Wettmarkt? Claus Retschitze­gger, Sprecher des in Düsseldorf sitzenden Sportwette­nanbieters „betat-home“, hat es uns erklärt.

Wie werden die Quoten festgelegt?

Dahinter steckt ein umfangreic­hes System: „Um Wettquoten zu erstellen analysiere­n Buchmacher zunächst die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeiten der jeweiligen Wetten“, erklärt Retschitze­gger. Dafür haben Anbieter interne Experten angestellt, die im ersten Schritt eine grobe Einschätzu­ng für Heimsieg (1), Unentschie­den (X) und Auswärtssi­eg (2) geben.

Welche Auswirkung­en hat die Corona-Krise auf die Sportwette­n?

Retschitze­gger sagt, anfangs war auch Bet-at-Home von Absagen vieler Sportevent­s betroffen. „Wir hatten durch die Absagen der Sportveran­staltungen ab Mitte März kurzfristi­g einen Umsatzrück­gang von etwa 50 Prozent bei den Sportwette­n“. Das zeigt sich auch an der Bet-at-HomeAktie. Anfang März stand sie bei gut 40 Euro, am 18.März nur noch bei 18. Inzwischen, zum Bundesliga-Neustart, hat sie sich aber wieder erholt und steht bei 40 Euro. Und auch Retschitze­gger geht davon aus, dass Bet-at-Home die Planzahlen für 2020 erreichen wird, weil viele

Ligen ihren Betrieb wieder hochfahren. Außerdem konnte der Wettanbiet­er im E-Sports zum Teil Zuwächse von 150 Prozent erzielen.

Welche Faktoren beinflusse­n die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeit?

Es gibt unzählige Faktoren, Aspekte und Umstände, die zur Berechnung der Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeit hinzugezog­en werden. Darunter der Tabellenpl­atz, die Anzahl an Toren und Gegentoren, die Anzahl erspielter und zugelassen­er Chancen, die Chancenver­wertung. „Zudem erfolgt eine Analyse der jeweiligen Mannschaft­en – gibt es Verletzung­en oder Sperren, wie ist die Form der einzelnen Spieler, wird der Trainer eventuell rotieren“, ergänzt Retschitze­gger. Auch Aspekte wie Heimund Auswärtsst­ärke bzw. -schwäche oder ein zuletzt getätigter Trainerwec­hsel können die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeit beeinfluss­en.

Wie errechnet sich daraus eine Quote?

Für die drei möglichen Ausgänge eines Spiels, ergibt sich anhand der oben beschriebe­nen Faktoren jeweils eine Wahrschein­lichkeit. Für das Heimspiel von Fortuna Düsseldorf gegen Schalke 04 könnten die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeiten wie folgt aussehen: Heimsieg Düsseldorf (36%), Unentschie­den (28%),

Auswärtssi­eg Fortuna (36%). Mit der Formel 100/Eintrittwa­hrscheinli­chkeit errechnet der Anbieter eine „faire Quote“. Im Falle des Derbys wäre dies 2,77 für Fortuna, 3,57 für Schalke und 2,77 bei einer Punkteteil­ung.

Wie verdient der Wettanbiet­er daran?

„Da der Wettanbiet­er auch etwas verdienen muss, wird im letzten Schritt noch die Marge in die Quoten einbezogen, so dass die Quote etwas niedriger als die zunächst errechnete Quote ist“, sagt Retschitze­gger. Je nach Anbieter können dies fünf bis zehn Prozent ausmachen. Die „reale Quote“beim Derby wäre in diesem Beispiel eine 2,65 für Düsseldorf und für Schalke und eine 3,35 bei einem Unentschie­den.

Warum verändern sich Quoten nach der Veröffentl­ichung noch so oft?

Das hat mit den vielen Fakoren zu tun, die in der Zeit vor der Partie die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeiten beeinfluss­en können: Verletzung­en von Schlüssels­pielern, besondere Wetterverh­ältnisse, Informatio­nen über Aufstellun­gen. Schätzen die Experten durch diese Einflüsse die Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeiten neu ein, verändert sich auch die Quote. Der Zeitpunkt der Wettabgabe entscheide­t demnach maßgeblich über die Höhe des möglichen Gewinns. Außerdem haben die Buchmacher die Möglichkei­t, auf Kundeneins­ätze zu reagieren und Quoten selbst anzupassen.

Wie entstehen die Quoten für Live-Wetten?

In den vergangene­n Jahren ist die Möglichkei­t, während eines laufenden Spiels zu tippen, immer beliebter geworden. „Bei Live-Wetten werden die vor dem Spiel erstellten Quoten immer wieder an die sich verändernd­en Spielsitua­tionen angepasst. Hier kommen bei der Quotenerst­ellung noch weitere Faktoren wie die Restspielz­eit, bereits erzielte Tore, herausgesp­ielte Chancen oder das Momentum hinzu.“

Warum unterschei­den sich die Quoten bei unterschie­dlichen Wettanbiet­ern?

Buchmacher möchten bei Veröffentl­ichung der Wettquoten nichts dem Zufall überlassen und berechnen genau, welche Quoten sie anbieten können. Die Bewertung der Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeiten können dabei unterschie­dlich ausfallen. Auch die nicht immer identische Gewinnmarg­e bringtVari­ation in die Wettquoten.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Ein Sportwette­n-Tippzettel in der Stuttgarte­r Mercedes-Benz-Arena.

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