Rheinische Post Krefeld Kempen
Polizei erschießt geflohenen Patienten
Zwei Männer entkommen aus Klinik in Bedburg-Hau. In Aachen endet die Flucht.
KREIS KLEVE Die Flucht dauerte einen Tag. Dann konnte die Polizei nach einer Großfahndung zwei aus der LVR-Klinik in Bedburg-Hau im Kreis Kleve geflohene Patienten auf einem Schulgelände in der Aachener Innenstadt stellen. Eine unbeteiligte Frau, so die Schilderung der Beamten, wurde kurzzeitig bedroht, dann fiel ein Schuss. Einer der beiden Männer wurde so schwer verletzt, dass er trotz sofortiger notärztlicher Versorgung starb.Weitere Informationen lagen zunächst nicht vor.
Der Ausbruch ereignete sich in den späten Abendstunden des Montag. Nach den Erkenntnissen der Polizei hatten die beiden 38 und 43 Jahre alten Männer gegen 22.45 Uhr, mit Küchenmessern bewaffnet, einen Pfleger in ihre Gewalt gebracht. Nachdem sie einen zweiten Pfleger eingeschlossen hatten, drängten sie ihr Opfer unter einem Vorwand dazu, die Zugangstüren zum Gebäude durch die Pforte öffnen zu lassen. Nach Informationen unserer Redaktion sagte der Pfleger unter dem Druck der Geiselnehmer der Pforte, er müsse nach draußen, um mit den Patienten Müll zu entsorgen.
Anschließend flüchteten die Männer mit dem Fahrzeug ihres Opfers, einem weißen Ford Mondeo. Danach verlor sich ihre Spur. Obwohl sich zahlreiche Zeugen bei der Kreispolizei Kleve meldeten, die die beiden Patienten gesehen haben wollten, hatte die Behörde am Dienstag zunächst keinerlei Kenntnis über ihren Aufenthaltsort. Am Nachmittag wurde der Wagen dann von einem Zeugen im etwa 150 Kilometer entfernten Aachen entdeckt, parkend und ohne Insassen. Die Polizei bat in einer Mitteilung die Bevölkerung, den Notruf 110 anzurufen, wenn einer der als gefährlich eingestuften Männer gesehen wird.
Die beiden waren wegen Raubdelikten verurteilt worden und befanden sich seit Oktober beziehungsweise Dezember 2019 im Maßregelvollzug in der LVR-Klinik Bedburg-Hau. Sie haben, so eine LVR-Sprecherin, vor ihrer Unterbringung in der Klinik in Bedburg-Hau im Rheinland gewohnt, in welchen Orten, konnte die Sprecherin nicht sagen. Untergebracht waren sie in einem der stark gesicherten Altbauten.
Die Unterbringung von gewaltbereiten Patienten in diesen teils 100 Jahre alten Bauten wird seit Jahren kritisiert. So beschrieb der Personalrat des Landschaftsverbands nach einem Ausbruchsversuch und Tumulten unter rund 20 Patienten im November 2018 die Gebäude als „herabgewirtschaftet“. Die Situation im Drogen-Bereich der Forensik galt als schwierig. Es herrsche ein „enormer Aufnahmedruck“, es komme immer wieder zu Überbelegungen. Die Forensik in Bedburg-Hau verfügt laut LVR über 382 Plätze. Derzeit seien dort 416 Patienten stationär untergebracht. Das Land NRW will 27 Millionen Euro in einen Neubau mit 69 Betten für die Forensik investieren.
Ein spektakulärer Ausbruch ereignete sich im Mai 2017. Mit einer selbst gebastelten Waffe hatten zwei Patienten des Maßregelvollzugs einen Pfleger als Geisel genommen und ihn verletzt. Einem der Geiselnehmer gelang zunächst die Flucht, er wurde zwei Tage später gefasst.