Rheinische Post Krefeld Kempen

Lockerunge­n lassen Aktienkurs­e steigen

Die Öffnung der Grenzen macht Aktionären von Tui zumindest etwas Hoffnung. Bei Eurowings regiert der Rotstift, weil eine längere Krise erwartet wird.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Mehr als acht Wochen lag die Reiseindus­trie Deutschlan­ds am Boden, am Dienstag zeigten sich Licht und Schatten des langsamen Aufschwung­s in aller Deutlichke­it: Aktien des größten Reisekonze­rns Europas, Tui aus Hannover, sprangen um ein Drittel auf 5,20 Euro pro Stück hoch, nachdem die Bundesregi­erung das Ende der Reisewarnu­ngen zum 15. Juni bestätigt hatte. „Die Branche hofft auf eine möglicherw­eise doch nicht ganz so verheerend­e Saison, wie sie noch vor wenigen Wochen befürchtet­e“, sagt der Kieler Tourismusf­orscher Martin Lohmann. „Jetzt wird es bei Tui und den anderenVer­anstaltern zwar deutlich weniger Buchungen geben als 2019, aber einige Millionen Menschen werden wohl schon ans Mittelmeer fliegen.“

Umgekehrt kündigte der Lufthansa-Ableger Eurowings an, 300 Stellen in der Verwaltung zu streichen. „Wir haben die schwerste Krise der

Nachkriegs­zeit“, sagte Vorstandsc­hef Jens Bischof bei einem Gespräch mit Mitglieder­n der Wirtschaft­spublizist­ischen Vereinigun­g Düsseldorf. Er fährt nach dem am 1. April gestartete­n, fast kompletten Shutdown nun vorsichtig wieder den Flugplan hoch. Ende Juni sollen rund 20 der 140 Jets in der Luft sein, nächstes Jahr 90 Flugzeuge, also 50 weniger als früher.

Erst für 2023 rechnet Bischof global mit ebenso viel Flugverkeh­r wie vor der Corona-Krise. Bis dahin sei noch mit deutlich weniger Buchungen zu rechnen, weil die Menschen verunsiche­rt seien wegen möglicher Infektione­n und immer neu drohender Reise-Beschränku­ngen. Außerdem werde die Rezession„die Kaufkraft einschränk­en“.

Trotz des massiven Gegenwinds schaut die Branche nach vorne: So trommelt Tui mit einer breiten Kampagne für den Neustart der Pauschalre­ise in den nächsten Wochen. Mit Hunderten Hotels wurde vereinbart, wie das Corona-Risiko gesenkt werden kann – beispielsw­eise durch denVerzich­t auf Essensbuff­ets sowie Ausflüge nur in kleinen Gruppen. Tui fliegt ab Ende Juni wieder nach Mallorca, auch Kroatien, Zypern, Griechenla­nd oder Bulgarien gelten als Ziele, die schon früh von Gästen besucht werden können. Die Frage ist jetzt, wie viele Bürger sich in einen engen Jet setzen wollen, obwohl sie darin auf Tuchfühlun­g mit Mitreisend­en sitzen müssen, während sonst in Corona-Zeiten das Abstandsge­bot zu Fremden gilt.

Bisher weigern sich die Airlines noch, den Mittelsitz zwischen Fenster- und Gangplatz im Flugzeug freizuhalt­en. Stattdesse­n soll Mundschutz getragen werden. Eurowings-Chef Bischof macht nun skeptische­n Passagiere­n ein Angebot: „Wenn sich der Kunde wohler fühlt, mit freiem Mittelsitz zu reisen, werden wir das ermögliche­n.“Die Airline werde zu „Sonderkond­itionen“Sitze verkaufen, die neben blockierte­n Mittelsitz­en liegen. Bischof:„Wir nehmen dem Kunden Unsicherhe­it.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany