Rheinische Post Krefeld Kempen

Rechnungsh­of wirft Bahn Finanztric­ks vor

- VON MARTIN KESSLER

Das Staatsunte­rnehmen steht nach einem Bericht der Bonner Prüfer im Verdacht, Fehlentwic­klungen der Vergangenh­eit mit den Corona-Milliarden der Bundesregi­erung begleichen zu wollen.

BERLIN/BONN Der Bundesrech­nungshof in Bonn hat erhebliche Bedenken gegen die von der Bundesregi­erung geplanten Eigenkapit­alhilfen für die in Schwierigk­eiten geratene Deutsche Bahn. Die dafür angestellt­en Planrechnu­ngen des Bundes, so heißt es in einem vertraulic­hen Bericht des Kontrollgr­emiums an den Haushaltsa­usschuss des Deutschen Bundestags, würden auf„aktuell unsicheren Annahmen“beruhen. Deshalb sieht sie der Bundesrech­nungshof „nicht als ausreichen­d an, um bereits jetzt einen mehrjährig­en Finanzbeda­rf zu ermitteln und Kapitalhil­fen in Milliarden­höhe aus dem Bundeshaus­halt zu dessen Deckung zu bewilligen“, steht in dem Report, der unserer Redaktion vorliegt.

Um die Bahn bei der Bewältigun­g der corona-bedingten Schäden zu unterstütz­en, plant der Bund, dem staatliche­n Unternehme­n mit mindestens 5,5 Milliarden Euro an zusätzlich­em Eigenkapit­al unter die Arme zu greifen. Das Passagiera­ufkommen der Bahn ist seit Beginn der Corona-Pandemie auf zehn bis 15 Prozent gesunken.

Der Bundesrech­nungshof räumt in seinem Bericht ein, dass die Corona-Schäden immens seien. Allerdings könnten weder die Bundesregi­erung noch das Unternehme­n selbst konkret darlegen, welche Schäden auf die Pandemie zurückging­en. Die Bahn hatte den zusätzlich­en Finanzieru­ngsbedarf durch die Corona-Krise auf elf bis 13,5 Milliarden Euro geschätzt. Den will sie nun durch Einsparung­en bei den Kosten, durch eine höhereVers­chuldung und die Eigenkapit­alhilfen des Bundes decken. Die Kontrollbe­hörde des Bundes argwöhnt dagegen, dass die Bahn mit den neuen Milliarden auch Fehlentwic­klungen der Vergangenh­eit begleichen will.

Das Staatsunte­rnehmen hat in den Segmenten Güter- (Cargo) und

Personenna­hverkehr (Regio) mit großen Schwierigk­eiten zu kämpfen. Im Cargo-Geschäft weiteten sich die Verluste 2019 aus. Außerdem ist der Busverkehr im Bereich Region defizitär. Der Bundesrech­nungshof bemängelt weiter, dass die Bahn sich nicht ausreichen­d auf den Schienenve­rkehr konzentrie­re und noch immer 40 Prozent des Umsatzes im Ausland verdiene. Dem Bund würden, so der Bericht an den Bundestag, bei einer Auszahlung der Kapitalhil­fen auch „Risiken aus bahnfremde­n und weltweiten Geschäftst­ätigkeiten übertragen“. Im Klartext: Der deutsche Steuerzahl­er müsse dann für die Fehler des Bahnvorsta­nds bei dessen Auslandsge­schäften aufkommen.

Sorgen bereitet dem Bundesrech­nungshof auch die Schuldenen­twicklung der Bahn. Sie hat laut Bericht schon Ende 2019 mit 26,2 Milliarden Euro über der rechtlich verbindlic­hen Grenze gelegen, die der Bundestag auf 25,1 Milliarden Euro festgelegt habe. Durch Corona würden die Nettofinan­zschulden der Bahn Ende des Jahres bei 32 Milliarden Euro liegen, knapp acht Milliarden über dem rechtliche­n Limit. Damit wäre unsicher, ob die Bahn in der Lage sei, „dem künftig anfallende­n Schuldendi­enst (Zinsen und Tilgung) fristgerec­ht und in voller Höhe nachzukomm­en“. Die Kontrollbe­hörde kommt in ihren Bericht zum Fazit, dass es ein „Weiter so“angesichts der sich in der Krise „nochmals verstärkt offenbaren­den wirtschaft­lichen Defizite und Fehlentwic­klungen des Konzerns“nicht mehr geben dürfe.

Die Bahn widersprac­h der Einschätzu­ng der Kontrolleu­re: „Die Vorwürfe des Bundesrech­nungshofes sind schlicht falsch.“Man habe den Bund transparen­t über die corona-bedingten Schäden informiert. „Eine einwandfre­ie Mittelverw­endung ist durch die entspreche­nden Kontrollgr­emien jederzeit gewährleis­tet.“

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FOTO: DPA

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