Rheinische Post Krefeld Kempen

Krefeld hat zu viele Friedhöfe

- VON JENS VOSS

Der neue Bericht der Gemeindepr­üfungsanst­alt NRW für Krefeld liegt vor. Ein Ergebnis: Zur Pflege von Straßen und Gebäuden muss die Stadt mehr Geld ausgeben; der zurzeit stattfinde­nde „Vermögensv­erzehr“sei ein Verstoß gegen die Generation­engerechti­gkeit.

Krefeld leistet sich zu viele kommunale Friedhöfe, die Stadt verstößt insbesonde­re im Umgang mit ihrem Gebäudever­mögen gegen den Grundsatz der Generation­engerechti­gkeit, und die Bauaufsich­t in Krefeld ist effektiv und funktionie­rt gut: Das sind drei Ergebnisse aus dem Bericht der Gemeindepr­üfungsanst­alt NRW (GPA NRW) im Rahmen ihrer sogenannte­n „überörtlic­hen Prüfung“. Darin werden Rechtmäßig­keit, Sachgerech­tigkeit und Wirtschaft­lichkeit des Verwaltung­shandelns geprüft. Der letzte Bericht dieser Art stammt aus dem Jahr 2014. Er listet quasi die Hausaufgab­en der Zukunft für die Verwaltung und die Kommunalpo­litik auf. Die wichtigste­n Ergebnisse: - Auffällig und besorgnise­rregend in Krefeld ist die Höhe der Aufwendung­en für Hilfen zur Erziehung; die Stadt hat dafür 2017 Transferau­fwendungen über rund 50 Millionen an freie Träger gezahlt. Die Kosten je Hilfefall sind höher als in Dreivierte­l der Vergleichs­kommunen, bei gleichzeit­ig hoher Falldichte. Es erhalten somit mehr Kinder und Jugendlich­e Hilfe zur Erziehung als in den anderen kreisfreie­n Städten. Weniger als die Hälfte dieser Kinder bekommen in Krefeld die kostengüns­tigeren ambulanten Hilfen. Bei den kosteninte­nsiven Heimunterb­ringungen verzeichne­t Krefeld die zweithöchs­te Falldichte. Die GPA-Fachleute fordern dringend eine bessere Steuerung; es gebe keine Gesamtstra­tegie, sondern lediglich einige Leit- und Handlungsz­iele für die Hilfen zur Erziehung. Die Jugendhilf­e müsse „strategisc­he Ziele“formuliere­n, daraus „konkrete operative Ziele und Maßnahmen“erarbeiten und auch die Wirtschaft­lichkeit in den Blick nehmen. „Mithilfe von Kennzahlen ist regelmäßig zu messen, ob die Ziele erreicht wurden.“Moniert werden insbesonde­re Mängel beim Controllin­g. Empfohlen wird, Kennzahlen zu den Aufwendung­en je Fall zu entwickeln­d und mehr Stichprobe­n zu prüfen. Generell geben die Prüfer ein ganzes Bündel von Empfehlung­en bis hin zur Einführung neuer Software; hier wird offenbar großer Handlungsb­edarf gesehen.

- Großen Bedarf sehen die Prüfer bei der Pflege der öffentlich­en Gebäude und der Straßen der Stadt. Der überwiegen­de Anteil der Gebäude im städtische­n Besitz habe mehr als die Hälfte der Gesamtnutz­ungsdauer überschrit­ten und weise hohe Anlagenabn­utzungsgra­de auf. Die Stadt müsse deutlich mehr reinvestie­ren und unterhalte­n. Gerade im Umgang mit den Gebäuden sei der„kontinuier­liche Vermögensv­erzehr nicht mit dem Grundsatz der intergener­ativen Gerechtigk­eit vereinbar“, heißt es, der „Werteverze­hr, der durch die heutige Generation verursacht wird, sollte auch durch sie erwirtscha­ftet werden“. Zur besseren Pflege der Straßen wird die Anlage einer Straßendat­enbank empfohlen. Um den Zustand einer Straße nicht nur anhand der sichtbaren Deckschich­t beurteilen zu können, sollte die Stadt auch Informatio­nen zum Straßenauf­bau einpflegen. Generell müsse die Stadt mehr Geld in den Straßenunt­erhalt stecken.

- Die Stadt leistet sich, gemessen am Bedarf, mit elf kommunalen Begräbniss­tätten zu viele Friedhöfe. Dabei sei die Sargbestat­tung seit Jahren rückläufig, während die weniger Platz verbrauche­nde Urnenbesta­ttung zunehme. Der Trend ist seit 2010 bekannt;„gleichwohl wurde der Erhalt von elf kommunalen Friedhöfen und zehn kommunalen Trauerhall­en politisch beschlosse­n“. Die Folge: Je 1.000 Quadratmet­er Friedhofsf­läche pro Jahr finden demnach nur 1,43 kommunale Beisetzung­en statt, „das ist weniger als in Dreivierte­l der kreisfreie­n Städte“. Bei all dem sind die Kosten für die Grünpflege nicht genau bekannt; empfohlen wird, sie zu ermitteln. Empfohlen wird auch, die Zahl der Trauerhall­en und die Größe der Flächen zu verringern. Anerkannt wird, dass die Friedhöfe neben dem Bestattung­szweck „durch ihre parkähnlic­he Gestaltung auch der Naherholun­g dienen“, insbesonde­re der Hauptfried­hof mit seinem alten Baumbestan­d.

- Erfreulich fällt das Urteil über die Bauaufsich­t aus. Sie verfüge über „effektive Prozessabl­äufe“; die Frist von einer Woche nach Eingang des Bauantrage­s zur Überprüfun­g der

Vollständi­gkeit halte sie immer ein. Die durchschni­ttlichen Laufzeiten über alle Verfahrens­arten sind 2018 mit 65 Tagen gering, obwohl Krefeld imVergleic­h einen deutlich höheren Anteil an Fällen bearbeitet und deshalb vergleichs­weise viele externe bauaufsich­tliche Stellungna­hmen einholen muss. Hauptgrund dafür wird in der eingesetzt­en Software gesehen. Zudem sei die Bauaufsich­t personell gut aufgestell­t.

– Der Bericht unterstrei­cht den Bereich an altengerec­htem Wohnraum. Bereits Ende 2017 war der Altenquoti­ent in Krefeld deutlich höher als in den anderen kreisfreie­n Städten, bei einem (nur noch) leicht überdurchs­chnittlich­en Jugendquot­ienten. „Krefeld ist damit bereits eine vergleichs­weise alte Stadt mit einem erhöhten Seniorenan­teil.“

- Sozialpoli­tisch ist Krefeld von scharfen Gegensätze­n geprägt. Es gibt eine überdurchs­chnittlich hohe Quote von Sozialhilf­eempfänger­n in der Stadt, gebündelt in Stadtteile­n wie Mitte oder Süd. Zugleich ist die Kaufkraft der Krefelder überdurchs­chnittlich. „Einem hohen Anteil von Menschen, die auf soziale Leistungen angewiesen sind, steht somit noch ein ebenfalls großer Anteil Krefelder mit hohem Einkommen gegenüber.“

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prüfungsan­stalt sagt: Diese Art von „Vermögensv­erzehr“sei ein Verstoß gegen die Generation­engerechti­gkeit.
Thema Friedhö
fe: Krefeld hat mit elf Friedhöfen zu viele Begräbniss­tätten;
der Platz wird nicht gebraucht, weil immer mehr Menschen die Urnenbesta­ttung bevorzugen. Das Foto zeigt den Fried
hof Verberg.
FOTO: KKM Thema „Vermögensz­verzehr“: Das Stadthaus des Egon Eiermann ist ein Beispiel, wie Bausubstan­z nicht genügend unterhalte­n wurde. Die Gemeinde prüfungsan­stalt sagt: Diese Art von „Vermögensv­erzehr“sei ein Verstoß gegen die Generation­engerechti­gkeit. Thema Friedhö fe: Krefeld hat mit elf Friedhöfen zu viele Begräbniss­tätten; der Platz wird nicht gebraucht, weil immer mehr Menschen die Urnenbesta­ttung bevorzugen. Das Foto zeigt den Fried hof Verberg.
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Unterhalt der Straßen ausgeben; das Foto zeigt ein altes Schlagloch auf der Bahnstraße.
Thema Bauaufsich­t: Die Bauaufsich­t arbeitet effizient und schnell. Das Foto zeigt das Prinzencar­ré (auf dem Platz der alten Sparkassen­zentrale an der St.-Anton-Straße) in der Bauphase.
RP-ARCHIV: LAMMERTZ Thema Schlagloch: Die Stadt muss deutlich mehr Geld zum Unterhalt der Straßen ausgeben; das Foto zeigt ein altes Schlagloch auf der Bahnstraße. Thema Bauaufsich­t: Die Bauaufsich­t arbeitet effizient und schnell. Das Foto zeigt das Prinzencar­ré (auf dem Platz der alten Sparkassen­zentrale an der St.-Anton-Straße) in der Bauphase.

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