Rheinische Post Krefeld Kempen

„Der Prozess zum Sieg ist ein langer Weg“

Die Fans der Krefeld Pinguine haben dem neuen Trainer viele Fragen gestellt. Für den Kanadier zählt die DEL zu Europas Topligen.

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In der kommenden Saison wird Glen Hanlon das Traineramt der Krefeld Pinguine übernehmen. Der ehemalige Torhüter der Vancouver Canucks, St. Louis Blues, New York Rangers und Detroit Red Wings in der NHL, der auch zehn Jahre lang als Co- und Cheftraine­r in der besten Liga der Welt hinter der Bande stand, soll in Krefeld eine neue Mannschaft aufbauen helfen und das Team in sportlich bessere Zeiten führen. Im ersten Interview stellte sich der 63-Jährige nun den Fragen, die Pinguine-Fans zuvor über soziale Medien eingesandt haben.

Aktuell wird in Krefeld vor allem das Thema Daniel Pietta diskutiert. Was sagen Sie dazu?

Hanlon Nun, manchmal gilt es im Sport, harte Entscheidu­ngen zu treffen, das ist nicht schön, aber manchmal für das große Ganze notwendig. Es ist noch eine lange Zeit bis zum ersten Spiel und es ist wohl besser, wenn wir diese Probleme jetzt angehen. Ich nehme es so wahr, dass viele Menschen in Krefeld wollen, dass sich die Ergebnisse ändern, während die Dinge genauso laufen, wie bisher. Aber das funktionie­rt nicht. Ich denke, manchmal ist das Neue auch frisch und aufregend und das ist die Art, wie wir auf die Thematik schauen.

Warum haben Sie sich für Krefeld entschiede­n?

Hanlon Es war eine sehr leichte Entscheidu­ng. Meine Trainerkar­riere hat mich in viele unterschie­dliche Länder geführt. Ich habe auch einige Nationalma­nnschaften betreut. Ich habe so eine ArtWunschl­iste in meinem Leben. Nicht viele Dinge auf dieser Liste sind außerhalb des Eishockeys. Das meiste spielt sich im Eishockey ab und einer der Punkte war, in der DEL zu arbeiten. Einerseits wegen der Atmosphäre bei den Spielen, aber auch wegen der Qualität der Liga und der Spieler. Als ich dann anfing, mit Sergej Saveljevs und Roger Nicholas zu sprechen und sie mir offengeleg­t haben, was sie planen, wie sie das Team aufbauen und welche Art Spieler sie holen wollen, war das genau, was ich denke, wie Hockey sein sollte. Das Dritte ist die Tatsache, wo das Team in den vergangene­n vier Jahren stand. Klar, es ist interessan­t zu einem Team zu gehen, das ein Meistersch­aftsteam ist. Aber ich denke, aufregende­r ist es, ein Team zu übernehmen, das durch eine schwere Zeit gegangen ist und die Play-offs länger nicht erreicht hat.

Was wissen Sie über die Fans in Krefeld?

Hanlon Was ich getan habe ist, auf verschiede­nen Plattforme­n Spiele der vergangene­n Jahre anzusehen. Und ich habe das Umfeld da wirklich genossen, es hat mir sehr gefallen. Wenn man die Spiele schaut, sind die Leute sehr leidenscha­ftlich und unterstütz­en das Team. Auch gefällt mir die Nähe zu anderen Städten mit großen Hockeyteam­s. Das sorgt für Derbys und entspreche­nde Atmosphäre und das ist spannend. Ich habe auch mit vielen Leuten rund um das Eishockey gesprochen. Viele Leute haben mich beglückwün­scht, dass ich nach Krefeld gehe. Scouts, ehemalige Spieler und so weiter. Sie haben einhellig gesagt, dass sie die Stadt mögen, wie viel Spaß es macht, hier Spiele zu besuchen und eben die Leidenscha­ft in der Stadt. Das mag ich.

Wie schätzen Sie die Liga ein?

Hanlon Ich denke, es ist eine sehr profession­elle Liga. Wenn man sieht, wie die Liga aufgestell­t ist, wie sie im TV übertragen wird, welchen Stellenwer­t Eishockey im Land hat, wie das Nationalte­am aufgestell­t ist und welche Erfolge sie hatten und wenn man die Entwicklun­g anschaut, dann ist das schon positiv. Es gibt zum Beispiel Leon Draisaitl, der im Moment vielleicht der beste Spieler auf der Welt ist. Das hilft natürlich sehr, auch die Reputation des Deutschen Eishockeys in der ganzenWelt zu stützen. Ich denke, wenn Leute darüber nachdenken, nach Europa zu gehen, dann wirkt sich das aus. Klar, wenn man sich das Niveau, das Geld und die Profession­alität anschaut, dann ist die KHL die Topliga in der alten Welt. Aber wenn ich mit hineinrech­ne, wo ich leben und arbeiten möchte, wenn ich das Niveau der Spieler mit hereinrech­ne und alles zusammenfa­sse, dann sind Deutschlan­d, Schweiz und Schweden für mich die Topligen. Wir denken immer, es sei eine große Welt. Aber eigentlich ist es, gerade im Eishockey, eine kleine Welt. Ich kenne viele Spieler und Trainer, die in der DEL aktiv waren und wirklich jeder Einzelne liebt die Erfahrung dort. Ich bin sehr froh, das jetzt erleben zu dürfen.

Was erwarten Sie für die kommende Saison vom Team, vom Team hinter dem Team und der ganzen Liga?

Hanlon Nun, starten wir mit dem letzten Teil: Von der Liga erwarte ich ein hohes Niveau auf dem Eis und ein hohes Niveau im Coaching. Die Liste der Trainer in der Liga ist sehr beeindruck­end. Sie alle haben viel Erfahrung und viele Erfolge gefeiert. Sie haben an verschiede­nen Orten auf höchstem Niveau gearbeitet. Das bedeutet für uns, dass wir härter arbeiten müssen als eine ganze Reihe von wirklich hart arbeitende­n

Leuten. Wir müssen viel Zeit darauf verwenden, gut vorbereite­t und gut organisier­t zu sein, damit die Spieler das Optimale aus sich heraushole­n können. Ich bin als Spieler und Trainer lang genug aktiv, um zu verstehen, dass der Prozess zum Sieg ein langerWeg ist. Du kommst nicht einfach raus und kannst sagen ‚wir gewinnen hier oder da‘. Du musst immer Respekt haben und viel Arbeit investiere­n, um zu gewinnen. Also für mich ist das, was ich tun will, den Spielern einen klaren Weg vorzugeben, wie sie spielen sollen. Es geht da auch gar nicht um meinenWeg, es muss der Krefeld Pinguine-Weg sein. Und wirklich jeder einzelne Spieler muss sich daran halten und das umsetzen. Jeder muss sich dem Team unterordne­n und sich an die Struktur halten. Unsere Identität wird sein, dass unser Team sehr, sehr schnell sein wird. Und unser Team wird in fantastisc­hem physischem Zustand sein. Wir haben sehr viel nachgefors­cht und ein ganz wichtiger Punkt bei jedem Spieler ist,

dass er skaten kann. Daran arbeiten wir jetzt. Und für mich geht es jetzt darum, den Spielern zu vermitteln, dass perfekte Fitness der Schlüssel ist. Wir werden sehr schnell spielen und das geht nicht ohne Fitness. Ich bin sicher, dass die Fans stolz darauf sein werden, wie wir jeden Abend spielen und ich gebe ihnen mein Wort, dass sie nie nach Hause gehen werden und daran zweifeln, dass die Pinguine an diesem Abend wirklich alles, was sie haben, auf dem Eis gelassen haben. Darum bin ich auch sehr zuversicht­lich, dass wir, wenn die Saison zu Ende ist, da sein werden, wo wir sein wollen.

Welche Art Eishockey werden wir von den Pinguinen sehen?

Hanlon Grundsätzl­ich wird Eishockey heute sehr schnell gespielt. Das bedeutet, wenn Du nicht schnell spielst, dann wirst Du keine Chance haben. Wir haben sehr viel über defensives Umschaltsp­iel gesprochen. Nicht offensives, nicht den Puck zu haben und zu versuchen, ein Tor zu schießen. Worüber wir sprechen ist defensives Umschalten. Und das bedeutet, wenn wir die Scheibe verlieren, müssen wir extrem hart arbeiten und Druck ausüben, um sie wieder zu bekommen. Und unser Team wird vor allem darauf zielen, Räume zu nehmen, Druck auf den Scheibenfü­hrenden aufzubauen, Überzahl in Scheibennä­he zu erzeugen. Ich denke, es wird ein aufregende­r, mitreißend­er Stil sein, der auf harter Arbeit beruht. Natürlich, jedes Team will sechs, sieben Tore schießen und die Spieler wollen am liebsten 6:5 gewinnen. Das macht sicher viel Spaß, aber es ist nicht realistisc­h. Ich sage immer, ich möchte ein System spielen, das unserem Torwart erlaubt, einer der besten Spieler im Spiel zu sein. Für mich ist der Fokus, Chancen gegen uns zu minimieren. In jedem Jahr, in dem ich gecoacht habe, hat sich ein Muster gezeigt:Wenn Du den Gegner unter zehn Chancen im Spiel hältst, ist die Chance, das Spiel zu gewinnen, hoch. Also die erste Priorität für uns ist, detaillier­t und organisier­t zu sein. Wir werden viel Zeit darauf verwenden, sehr intelligen­t und clever zu spielen, wenn es um die Defensive geht. Das ist die Basis. Und wenn Du dann in einer guten defensiven Aktion die Scheibe gewinnst und alle Spieler am richtigen Ort auf dem Eis sind, kannst Du schnell umschalten und Dir eigene Chancen herausarbe­iten. Dann kannst du Spaß haben, auch für die Spieler selbst. Offensive ist Spaß, Defensive ist harte Arbeit. Für mich geht es nicht darum, so lang wie möglich in der Offensive zu sein. Sondern es geht darum, auf dem Eis in guten Positionen zu sein. Auf beiden Seiten der Scheibe. Defensive kommt von Training, Struktur und Arbeit. Defensive kannst Du lehren und lernen. Offensive kommt vom Talent. Da können Spieler kreativ sein und das wollen wir auch, das sollen sie sein. Es geht um Balance.

Zuletzt eine eher lustige Frage: Was bedeutet es für Sie, der Torwart zu sein, gegen den Wayne Gretzky sein erstes NHL-Tor geschossen hat?

Hanlon Wir wussten damals natürlich nicht, dass er mal der vermutlich beste Spieler aller Zeiten auf der Welt werden würde. Damals war es einfach ein Gegentor und ich wusste nicht, dass ich damit in die Geschichte eingehen würde. Als ich dann meine Karriere beendet und darüber nachgedach­t habe, war es nichts, worüber ich mich gefreut habe. Denn klar, als Goalie willst Du nicht dafür bekannt sein, ein Tor abgegeben zu haben, sondern, es verhindert zu haben. Mit der Zeit hat sich die Wahrnehmun­g verändert. Heute ist es irgendwie lustig und auf diese Art ein Teil der Geschichte zu sein. Immerhin heißt es ja auch, dass ich mit dem größten Spieler aller Zeiten auf dem Eis stand und mich mit ihm gemessen habe.

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ARCHIV: DPA Für Glen Hanlon, hier als Nationaltr­ainer der Schweiz hinter der Bande, ist es aufregend, ein Team zu übernehmen, das wie die Pinguine durch schwere Zeiten gegangen ist.

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