Rheinische Post Krefeld Kempen

Entfernte Hecke beschäftig­t Behörden

- VON BIANCA TREFFER

Edgar Kohlhaas wirft der Unteren Landschaft­sbehörde des Kreises Viersen seit sechs Jahren Untätigkei­t in Sachen einer Heckennach­pflanzung vor. Doch der Fall ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

TÖNISBERG Wer am Achterberg in Tönisberg lebt, der liebt die Natur. Das Wohnen dort ist landwirtsc­haftlich geprägt. Wirtschaft­swege ziehen sich an Feldern, Wiesen, Bauernhöfe­n und Häusern vorbei. Es gibt kleine Waldstücke und Hecken. Und genauso so eine Hecke lässt bei Edgar Kohlhaas Verärgerun­g aufkommen. Besser gesagt, die Entfernung einer solchen Hecke.

Direkt neben seinem Grundstück verlief eine 50 Meter lange und gut drei Meter hohe Eibenhecke, wie alte Fotos zeigen. „Die Hecke war ein Traum. Sie diente Vögeln, Kleinsäuge­rn und Insekten als Lebensraum. Dazu hielt sie den Wind ab. Eine natürliche Begrenzung, wie sie im Buche steht“, sagt der Tönisberge­r, der auch Mitglied beim Naturschut­zbund (Nabu) Kempen ist. Doch die Hecke gehörte nicht ihm, sondern einem Nachbar, der mit auf der ehemaligen Hofanlage, die früher ein landwirtsc­haftlicher Komplex war und nun geteilt ist, wohnt.

Der Nachbar besitzt ein schmales Grabengrun­dstück, das neben der Gartengren­ze von Kohlhaas verläuft und dem sich auf der anderen Seite Wiesen anschließe­n. Vor dem Hintergrun­d, dass der ehemalige Bauernhof in einem Landschaft­sschutzgeb­iet liegt, stellte der Nachbar einen Antrag auf Entfernung der Hecke in einer Länge von 25 Metern beim Amt für Bauen, Landschaft und Planung des Kreises Viersen. In einem Schreiben vom 20. Januar 2014 erhielt er die Genehmigun­g. Allerdings mit Auflagen, da eine solche Rodung nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz einen besonderen Eingriff in die Natur und Landschaft darstellt. In dem Schreiben vom

RKreis Viersen hieß es: „Als Ersatz ist 1:1, das heißt auf circa 25 laufenden Metern eine neue Hecke zu pflanzen. Als Art ist Hainbuche oder Buche zu pflanzen“.

Die alte Hecke verschwand. Aber nicht auf 25 Metern, sondern auf ihrer gesamten Länge von 50 Metern. Eine Neuanpflan­zung erfolgte nicht. Kohlhaas wartete, aber nichts geschah. Er wandte sich an die Untere Landschaft­sbehörde, machte auf die Missachtun­g der Genehmigun­g samt der nicht umgesetzte­n Auflage aufmerksam und fragte nach. „Auf meine mehrfachen Anfragen teilte der Leiter der Unteren Landschaft­sbehörde mit, dass man den Grundstück­seigentüme­r auf die Ersatzbepf­lanzung hinweisen wolle und sogar eine Strafzahlu­ng androhen würde. Geschehen ist in der gesamten Zeit allerdings nichts“, sagt der Tönisberge­r empört. Er fragt sich, warum die Untere Landschaft­sbehörde des KreisesVie­rsen in diesem Fall offensicht­lich tatenlos bleibt, anstatt von dem Eigentümer des Grabengrun­dstücks die Ersatzbepf­lanzung zu verlangen, während an anderer Stelle auf Ersatzbepf­lanzungen genauesten­s geachtet wird. Zumal statt der erlaubten 25 Meter die doppelte Menge gerodet wurde.

Kohlhaas wandte sich an unsere

Zeitung. Reinhard Bräutigam, stellvertr­etender Abteilungs­leiter Natur und Landschaft des KreisesVie­rsen, sprach auf Anfrage von einem Fall, der sich im Laufe der Zeit als komplexer herausstel­lte, als es auf den ersten Blick scheint. Es geht um viel mehr als nur eine Hecke. Dahinter steckt die Neuanlage eines Weges. „Der Grundstück­besitzer stellte ein Jahr nach der Heckenrodu­ng einen wasserrech­tlichen Antrag für die Verrohung eines Grabens, der sich ebenfalls auf dem Grundstück­sstreifen befindet, wo auch die Hecke stand“, sagt Bräutigam. Die Untere Landschaft­sbehörde lehnte ab und verwies im Gegenzug auf die geforderte Neupflanzu­ng. Besagter Nach

bar klagte gegen den Ablehnungs­bescheid des Kreises.

Es ging hin und her. Ende 2017 ergab ein Urteil, dass der Ablehnungs­bescheid nicht rechtens sei und das Vorhaben, den Graben zu verrohren und dort einen Weg anzulegen, möglich sei. Die Hecke war in den Hintergrun­d gerückt. Vor dem Hintergrun­d, dass dort ein Weg entstehen soll, den der Grundstück­sbesitzer bis zu seinem Haus anlegen lassen möchte, soll nun eine Heckenbepf­lanzung nicht an der Altstelle, sondern auf dem Grundstück Nummer 200 in West-Ost-Richtung angelegt werden. „Wir haben im Februar dieses Jahres eine entspreche­nde Aufforderu­ng gestellt, die bis Frühjahr 2021 umgesetzt werden muss“, sagt Bräutigam.

In den zurücklieg­enden sechs Jahre hat sich am alten Standort der Hecke indes eine neue Vegetation gebildet, die wiederum Lebensraum für Pflanzen und Tiere geworden ist. Es stellt sich die Frage, was mit diesem Bereich geschieht, sollte dort ein Weg gebaut werden. Denn nach wie vor befindet man sich in einem Landschaft­sschutzgeb­iet, in dem nicht einfach Bäume und Sträucher entfernt werden dürfen.

Der Nachbar klagt inzwischen auch gegen Kohlhaas. „Er braucht für seinen Weg ein Stück meines Landes, das ich ihm nicht zur Verfügung stelle. Daher bin ich von ihm verklagt worden“, sagt

Kohlhaas, der über die gesamte Aktion nur den

Kopf schütteln kann, da sein Nachbar ja über eine

Zuwegung verfügt, über die er sein

Haus problemlos erreicht.

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FOTO: KAISER Edgar Kohlhaas in seinem Garten. Er steht neben einem kleinen Pfahl, der markiert, wo der Weg für den Nachbarn verlaufen würde.
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