Rheinische Post Krefeld Kempen
Fontheim-Preis für Vera Maria Schmidt
Die junge Schauspielerin erhält den mit 5000 Euro dotierten Förderpreis. Die 28-Jährige hat ein Faible für zeitgenössische Stücke.
Vera Maria Schmidt in diesen von Corona geprägten Zeiten zu erreichen, ist nicht so einfach, wie man denken könnte. Denn die Leute am Theater sind mitnichten in Kurzarbeit, obwohl alle Vorstellungen ausfallen. Sowohl die Gewerke hinter der Bühne als auch die Schauspielerinnen und Schauspieler, die künstlerischen Mitarbeiter der Sparten „Tanz“und „Musiktheater“sind busy. Frau Schmidt zum Beispiel, der wir gern zur Verleihung des Joachim-Fontheim-Preises 2020 gratulieren wollen, ist zeitraubend in ein Anne Frank-Projekt eingebunden. Die 28 Jahre junge Frau, die vor zwei Jahren ans Theater Krefeld/ Mönchengladbach kam, hat die Theaterfassung der Tagebücher von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, wo die geborene Tübingerin studierte, an den Niederrhein mitgebracht. Sie erarbeitet gerade mit der Sopranistin Panagiota Sofroniadou, die die Anne Frank-Monooper von Grigori Frid in dieser Spielzeit herausbrachte, eine Hybrid-Fassung des Stoffs. „Was Digitales“, verrät sie.
Schnell geht es im Gespräch darum, was man Brennen für den Beruf nennen mag. Wie die junge Gymnasiastin in der Theater-AG vom Kunstlehrer entzündet wurde für die Lust, mit Körper und Sprache neueWelten zu erschaffen.„Das war cool“, sagt die 164 Zentimeter kleine Frau mit ihren blaugrünen Augen heute, „aber damals wusste ich noch nicht, dass ich das beruflich machen wollte.“
Ihre Eltern legten ihr keine Hindernisse in den Weg, jetzt arbeitet sie im Ensemble täglich an diesen Welten, in denen sie ihren Zuschauern „andere Fantasieräume“eröffnen will. Dabei strebt sie nicht sosehr nach„Rampenlicht oder Rotem Teppich“, sondern nach künstlerischem Ausdruck, dem direkten Bauchgefühl-Zugang zu den Figuren einerseits; und andererseits den Möglichkeiten des Sprechens und der Sprache des Körpers. „Aus der Zeit fallen“und „mit der Welt verbunden sein“, das sind die Pole ihres künstlerischen Schaffens. Das begründet auch eine gewisse
Vorliebe für zeitgenössische Stücke (wie zu
letzt in „Jin Jiyan – Der Aufbruch“). In den klassischen Rollen versucht sie dem Topos„verliebtes Mädchen“bewusst heutige Farben beizugeben. „Oder wir übertreiben‘s eben, wie in ,Tartuffe’.“Gleich in ihrer ersten Spielzeit war sie die Titelfigur in Sophokles‘ „Antigone“: „Das hat mich sehr gefreut, dass mir die große Rolle anvertraut wurde“, sagt sie heute. Und erzählt, dass sie (und die mit ihr 2018/19 angekommenen jungen Kollegen) gleich drin waren im Ensemble. „Die Atmosphäre ist mir schon sehr wichtig. Deshalb haben wir direkt ein Hallo-Fest gegeben. Nach dem Motto: Wir sind die Neuen.“Inzwischen kickt die Schwäbin im Rheinland sogar regelmäßig in der Theater-Fußballmannschaft mit.
Jetzt hat Vera Maria Schmidt den mit 5000 Euro dotierten Joachim-Fontheim-Förderpreis erhalten, der aus einem Sondervermögen des ehemaligen Intendanten gebildet seit 2010 alle zwei, zukünftig alle fünf Jahre vergeben wird. In der Laudatio wird einerseits ihre enorme künstlerische Entwicklung gewürdigt, andererseits ihr gesellschaftliches Engagement und ihr Einsatz für alles, was mit dem Theater verbunden ist. Intendant Michael Grosse fügt an: „Alle am Theater sind überzeugt, dassVera Maria Schmidt diese Auszeichnung wirklich verdient hat. Die Freude, die wir mit ihr empfinden, erleben wir als Lichtblick in schwerer Zeit. Wir sind sehr froh, sie derzeit im Ensemble zu haben.“
Der Fontheim-Preis wird normalerweise im Rahmen einer Feierstunde überreicht. „Leider müssen wir das wegen der aktuellen Einschränkungen verschieben“, bedauert die Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Krefeld, Birgit Roos. „Ich freue mich aber jetzt schon darauf, das Versäumte alsbald nachzuho
len.“