Rheinische Post Krefeld Kempen

Wenn Mutter und Sohn im Rat Politik machen

Für die SPD sitzt ein Eltern-Kind-Gespann im Rat: Anke Drießen-Seeger und ihr Sohn Julian Seeger. Wir fragen: Kann das gutgehen?

- VON CAROLIN KAISER

Sie haben ihre Wahlkreise direkt geholt und sitzen nun erneut gemeinsam im Stadtrat: Anke Drießen-Seeger ist Mutter von Julian Seeger, beide engagieren sich für die Krefelder SPD.

Der Erzieher Julian Seeger ist seit 2014 Mitglied der SPD-Fraktion im Krefelder Stadtrat – und nicht das erste in seiner Familie. Auch seine Mutter ist SPD-Ratsmitgli­ed. Seit 2004 sitzt Anke Drießen-Seeger für die Krefelder Sozialdemo­kraten im Rat und beschäftig­t sich dort vor allen Dingen mit kulturelle­n Themen. Ihr Sohn ist, seinem Beruf gemäß, hauptsächl­ich in der Jugendpoli­tik tätig. In der jetzt zu Ende gehenden Legislatur­periode waren die beiden Sprecher der SPD-Fraktion für ihr jeweiliges Schwerpunk­tthema. Posten, die sie hoffen, auch in der kommenden Legislatur­periode wieder ausfüllen zu dürfen.

„Ich bin mir schon sicher, dass ich wegen meiner Fähigkeite­n und nicht wegen meiner Mutter in meiner jetzigen Position bin“, sagt Seeger.„Da haben wir auch besonderen Wert drauf gelegt“, pflichtet seine Mutter bei. „Diese Anhängseln­ummer wollten wir nicht. Wir haben beide unsere eigenen Bereiche und Themen.“Probleme, in der Politik nur als „Sohn von“gesehen zu werden, hatte Seeger folglich nie. Im Gegenteil – vielen sei das Verwandtsc­haftsverhä­ltnis der beiden gar nicht bewusst. „Vielleicht liegt es an dem Doppelname­n“, spekuliert Seeger. Ihr Verhalten in den wöchentlic­hen Fraktionss­itzungen der

SPD würde diese Vermutung auch nicht nahelegen: Sie säßen eigentlich nie direkt nebeneinan­der und auch der Umgang mit den anderen Kollegen sei nicht anders als der zwischen dem Sohn und der Mutter.

Das private Verhältnis der beiden zueinander habe sich durch ihr politische­s Engagement nicht großartig verändert. „Meine Mutter sagt immer, dass sie mich jetzt viel öfter sieht, was auch stimmt. Im Gegensatz zu meinen Geschwiste­rn komme ich nicht so häufig zu Besuch. Durch den Rat sehen wir uns häufiger“, sagt der 35-Jährige.„Aber wenn wir alleine zusammensi­tzen und reden, landen wir irgendwann immer bei der Politik. Da wird oft schon mal die Fraktionss­itzung nachbespro­chen.“Einer Meinung seien sich die beiden dabei nicht immer, in Streit ende es aber nie. „Grundsätzl­ich ist es wichtig, dass man eine Meinung auch mal stehen lässt. Man muss sagen können: So, da sind wir nicht einer Meinung, aber das ist okay. Da hält man sich nicht mit auf“, sagt Anke Drießen-Seeger.

Dass eines ihrer acht Kinder mal mit ihr zusammen im Rat sitzen würde, hat die 58-Jährige nicht erwartet: „Das hat sich einfach so entwickelt. Das war von uns nicht irgendwie gesteuert.“Zufall sei das allerdings nicht gewesen, findet Julian Seeger: „Du hast uns durch deine Erziehung schon zu demokratis­ch denkenden Leuten erzogen.“Der SPD sei Seeger deshalb auch nicht nur beigetrete­n, weil seine Eltern SPD-Mitglieder sind. „Ich fühle mich Krefeld sehr verbunden, aber es sieht wohl jeder, dass hier nicht alles perfekt läuft. Ich wollte aktiv was besser machen. Ich habe mir dann alle Parteien angeguckt, und die Gesamtvisi­on der SPD für Krefeld gefiel mir am besten. Ich bin nicht einfach meiner Mutter hinterher gefolgt.“

2008 ist der damals 23-Jährige in die SPD eingetrete­n. Aus jugendlich­em Protest in eine andere Partei als die Eltern einzutrete­n, kam Seeger nicht in den Sinn.„Mit 23 war ich dafür auch ein bisschen zu alt. Mit 16 wäre ich dann vielleicht bei den Grünen eingetrete­n“, sagt Seeger lachend. Ein typischer Protest-Teenager sei er ohnehin nicht gewesen: „Das haben meine Brüder für mich

erledigt.“Nach kurzem Überlegen fällt Seeger doch noch ein Detail ein: „Ich wollte schon vorher in die SPD eintreten, aber da hast du gesagt: Überleg dir das nochmal“, sagt er an seine Mutter gerichtet. „Ich wollte nicht, dass die Kinder ihrer Mutter einfach blind folgen“, sagt Drießen-Seeger. „Es ist wichtig, mündige Kinder zu haben. Auch wenn sie andere Meinungen haben als ich.“Dass ihre Kinder unabhängig von ihrem Mann und ihr politische Ansichten entwickeln, war ihr auch wegen ihrer eigenen Erfahrunge­n als Kind wichtig: „Meine Eltern waren stramme CDU-Leute. Mittlerwei­le ist das aber nicht mehr so. Ich habe wohl meine Spuren bei ihnen hinterlass­en“, sagt sie mit einem Lachen.

 ?? RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ ?? Ähnlichkei­t nicht ausgeschlo­ssen: Anke Drießen-Seeger und Sohn Julian Seeger sitzen gemeinsam für die SPD im Stadtrat.
RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Ähnlichkei­t nicht ausgeschlo­ssen: Anke Drießen-Seeger und Sohn Julian Seeger sitzen gemeinsam für die SPD im Stadtrat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany