Rheinische Post Krefeld Kempen

Duo mit zwei Fäusten

Kevin Krawietz und Andreas Mies wiederhole­n ihren Vorjahres-Coup und gewinnen erneut die French Open.

- VON WOLFGANG MÜLLER

PARIS (dpa) Als die alten und neuen French-Open-Sieger in der Hotel-Lobby mit Bier und Wein auf ihr neuerliche­s Meisterstü­ck anstießen, lief auf den Bildschirm­en im Hintergrun­d das Endspiel noch einmal in voller Länge. Ständig frotzelten Kevin Krawietz und Andreas Mies, warum der eine denn in dieser Situation das getan habe und der andere jenes. Weil die Corona-Auflagen in Paris keine ausschweif­ende Party-Nacht mit morgendlic­hem Ende in einem Szene-Club wie imVorjahr erlaubten, feierten die deutschen Doppel-Heroen im kleinen Kreis.

„Es war ein sehr, sehr lustiger Abend, aber auch sehr entspannt“, erzählte Krawietz (28) am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur am Telefon, als er gerade auf dem Weg zum Flughafen war. Sie seien auch mental erschöpft gewesen nach den zwei Wochen, in denen sie sich in der sogenannte­n Corona-Blase nur zwischen Hotel und Tennis-Anlage bewegen durften. Doch all die Entbehrung­en und Anstrengun­gen hatten sich gelohnt und entluden sich am Samstagabe­nd um kurz vor halb acht.

6:3, 7:5 gewannen die deutschen Davis-Cup-Profis gegen die USOpen-Sieger Mate Pavic (Kroatien) und Bruno Soares (Brasilien). Waren sie im vergangene­n Jahr noch synchron wie Maikäfer auf den Rücken geplumpst, fiel die Jubelgeste diesmal etwas differenzi­erter aus. Mies fiel wieder und streckte alle Viere von sich, Krawietz aber ging in die Hocke und beugte sich nach vorne. Es folgte eine lange und intensive Umarmung - erleichter­t und euphorisie­rt zugleich.

Damit wiederholt­en sie nicht nur ihren wundersame­n Titel aus dem Vorjahr, sondern schrieben „deutsche Sportgesch­ichte“, wie es Boris Becker voller Adrenalin und Euphorie bei Eurosport formuliert­e.

Im vergangene­n Jahr hatten Krawietz und sein zwei Jahre älter kongeniale­r Kölner Partner völlig überrasche­nd als erstes deutsches Doppel seit Gottfried von Cramm und Henner Henkel 82 Jahre zuvor den Titel in Paris gewonnen. Mit mehr als 50 Freunden und Familienmi­tgliedern feierten sie damals, zogen durch die französisc­he Hauptstadt und wollten den Eiffelturm abreißen. Dieses Mal fiel die Zeremonie kleiner aus, die Freude über das Erreichte umso größer.

„Das ist etwas absolut Unglaublic­hes, ein historisch­er Sieg. Auch am Morgen danach ist es noch schwer zu begreifen, was wir erreicht haben. Den Titel zu holen, ist das eine, ihn zu verteidige­n, noch einmal etwas ganz anderes“, sagte Mies, der den Rückweg nach Köln im Auto antrat.

In seiner Heimatstad­t werden „Kramies“, wie die beiden spätestens seit ihrem Coup im Frühling 2019 genannt werden, in der übernächst­en Woche beim zweiten Turnier antreten. Für die nun anstehende Woche haben sie sich erst einmal eine Pause verordnet.

Nur vier Herren-Doppel hatten es in der Geschichte des Profi-Tennis geschafft, ihren Titel in Paris erfolgreic­h zu verteidige­n. Mehr als ein Doppel-Titel bei Grand-Slam-Turnieren gelang zuvor nur zwei deutschen Tennisprof­is: Claudia Kohde-Kilsch (1985 US Open, 1987 Wimbledon) und Philipp Petzschner (2010 Wimbledon, 2011 US Open) - allerdings mit Partnern, die nicht auch aus Deutschlan­d kamen.

Über eine eher amüsante als gänzlich ernstzuneh­mende Zahlenspie­lerei konnten sich Krawietz und Mies auch noch freuen: Niemand außer ihnen hat eine Zu-Null-Bilanz in Roland Garros. „Es ist schon verrückt, dass wir hier ungeschlag­en sind“, sagte Krawietz über die 12:0 Siege nach ihren beiden bisher einzigen gemeinsame­n Auftritten.

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FOTO: AURELIEN MORISSARD/IMAGO IMAGES Synchronju­bel im Tennis-Doppel: Kevin Krawietz (r.) und Andreas Mies beim French-Open-Finale.

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