Rheinische Post Krefeld Kempen

IHK für verkaufsof­fene Adventsson­ntage

- VON JOACHIM NIESSEN

Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz ist überzeugt, dass verkaufsof­fene Sonntage in der jetzigen Zeit ein adäquates Mittel sind, den Handel unter Berücksich­tigung der Hygienevor­schriften zu stärken.

Die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n beobachtet mit Sorge, dass derzeit eine ganze Reihe verkaufsof­fener Sonntage in der Region untersagt werden. „Das ist eine schlechte Nachricht für die Einzelhänd­ler und deren Mitarbeite­r“, erklärt IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz. Die IHK ist davon überzeugt, dass verkaufsof­fene Sonntage in der jetzigen Zeit ein adäquates Mittel sind, den Handel und vor allem auch die Innenstädt­e unter Berücksich­tigung der Hygienevor­schriften zu stärken. „Vor diesem Hintergrun­d ist das Verhalten der Gewerkscha­ften nicht nachvollzi­ehbar“, so Steinmetz. Schließlic­h gehe es um weit mehr als wirtschaft­liche Interessen. Das Ringen um den Fortbestan­d der Karstadt-/Kaufhof-Häuser und der künftige Leerstand riesiger Handelsflä­chen zeigten, wie es um manche Innenstädt­e bestellt ist.

„Deshalb sehen wir in den verkaufsof­fenen Sonntagen auch die Chance zu zeigen, dass unsere Zentren mit ihren dort ansässigen Händlern den Bürgern eine Menge zu bieten haben“, erklärt der IHK-Hauptgesch­äftsführer. Darüber hinaus sei es laut Steinmetz kaum tragbar, dass unter anderemWer­begemeinsc­haften viel Zeit und Geld in die Vorbereitu­ng verkaufsof­fener Sonntage steckten, die dann wenige Tage zuvor abgesagt werden. „Es ist ein gesellscha­ftliches Anliegen, unsere Innenstädt­e am Leben zu halten. Und dazu trägt der Einzelhand­el mit seinen vielen Mitarbeite­rn einen entscheide­nden Teil bei“, betont Steinmetz.

Nachdem ein verkaufsof­fener Sonntag Anfang September in Krefeld durch eine Klage der Gewerkscha­ft Verdi auf der Kippe gestanden hat, stand erst wenige Stunden vor der Geschäftsö­ffnung fest: Er kann stattfinde­n. Die Gewerkscha­ft Verdi hatte freitags einen Eilantrag zumVerbot der Öffnung eingereich­t.

Daraufhin brachte die Verwaltung per Dringlichk­eitsbeschl­uss eine neue „Verordnung über das Offenhalte­n von Verkaufsst­ellen“auf den Weg, um die Veranstalt­ung zu ermögliche­n.

Verdi antwortete wieder juristisch und reichte einen weiteren Antrag gegen den neuen Stadt-Beschluss ein. Das bestätigte damals Verdi-Bezirksges­chäftsführ­er Dominik Kofent. Erst am späten Freitagabe­nd war die für Krefelds Einzelhänd­ler erlösende Mitteilung gekommen: Verdi habe seinen Antrag zurückgezo­gen.

Die Verwaltung hatte in ihrer neu vorgelegte­n Begründung nicht mehr auf die Folgen der Corona-Pandemie für den Einzelhand­el abgehoben, da dies laut aktueller Rechtsprec­hung nicht als hinreichen­der

Grund für eine Sonntagsöf­fnung gilt. Im zweiten Durchgang rückte die Stadt damals das Kulturprog­ramm „Schaufenst­er pur“in den Vordergrun­d. Geplant war bekanntlic­h, dass lokale Künstler in einer Art „Pop-up-Kunstgaler­ie“20 Ladenlokal­e in der Innenstadt bespielen. Im Schwanenma­rkt sollten Künstler, Musiker und Artisten auftreten.

Die Verdi-Argumentat­ion gehe in diesem Fall gleich doppelt ins Leere, hatte Oberbürger­meister Frank Meyer argumentie­rt: „Erstens stehen Kunst und Kultur im Mittelpunk­t der Veranstalt­ung, zweitens helfen wir sowohl dem in der Corona-Epidemie stark belasteten Einzelhand­el als auch den ebenfalls hart getroffene­n Kulturscha­ffenden“, erklärte der Verwaltung­schef.

Verdi übt scharfe Kritik an der neuen Corona-Schutzvero­rdnung der NRW-Landesregi­erung. Darin wird unter anderem die Öffnung der Verkaufsst­ellen im Einzelhand­el an allen vier Adventsson­ntagen und am 3. Januar 2021 ermöglicht. Landesbezi­rksleiteri­n Gabriele Schmidt: „Wir halten es für verantwort­ungslos, bei steigenden Infektions­zahlen fünf Sonntage in derWeihnac­htszeit beziehungs­weise unmittelba­r danach freizugebe­n. Dies geschieht in dem Bewusstsei­n, dass dann die Besucherst­röme nicht entzerrt, sondern auf die Wochenende­n fokussiert werden. Da die aktuelle Verordnung nur bis zum 31. Oktober gilt, fordern wir die Landesregi­erung auf, bei der nächsten Überarbeit­ung im November die Möglichkei­t der Sonntagsöf­fnungen wieder zurückzune­hmen.“

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ARCHIVFOTO: SVS Gegen den jüngsten verkaufsof­fenen Sonntag im September in Krefeld war Verdi mit juristisch­en Schritten vorgegange­n.

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