Rheinische Post Krefeld Kempen
Entscheidung im Fall Hopp verzögert sich
Vor knapp eineinhalb Jahren stellte die Staatsanwaltschaft Krefeld die Ermittlungen gegen den in Krefeld lebenden früheren Sektenarzt Hartmut Hopp von der Colonia Dignidad in Chile ein. Seitdem prüft die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf, ob eine Wiederaufnahme der Strafverfolgung geboten ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf hat im Januar dieses Jahres durch einen Sprecher erklärt, dass eine Entscheidung über die so genannte Einstellungsbeschwerde im Fall Hopp noch in selben Monat fallen werde. Das ist nun ein dreiviertel Jahr her und der juristische Sachverhalt ist immer noch in der Schwebe. Es geht darum, ob die Krefelder Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den in Krefeld lebenden früheren Arzt der Colonia-Dignidad-Sekte, Hartmut Hopp, wieder aufnehmen muss.
Nach achtjähriger Recherche, die die Krefelder Staatsanwälte bis nach Chile führte, kam die Strafverfolgungsbehörde im Mai 2019 zu der Erkenntnis, dass es keine Anhaltspunkte für mehrfachen versuchten Mord und andere Delikte gebe, die zu einer Anklage und zu einem Schuldspruch führen könnten.
Zu einem vorherigen Zeitpunkt hatte die Staatsanwaltschaft die Auffassung vertreten, dass Hopp ein in Chile höchstinstanzlich bestätigtes Urteil wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern in Deutschland absitzen müsse. Das Landgericht Krefeld folgte der Einschätzung. Das Urteil wurde seinerzeit vom Oberlandesgericht wieder aufgehoben. Später dann wollte die Staatsanwaltschaft Krefeld die Akte Hopp für immer schließen. Dagegen wehrten sich diverse Sektenopfer. „Sie legten eine Einstellungsbeschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf ein“, erklärte Axel Stahl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Krefeld Ende 2019.
Die Prüfung in der Landeshauptstadt werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Es seien umfangreiche Akten aus Chile eingetroffen, die nun übersetzt werden müssten. In welche Richtung das juristische Pendel ausschlagen könnte, dazu mochte der Sprecher nichts sagen. Grundsätzlich gelte, wenn der Einstellungsbeschwerde stattgegeben würde, dann bekäme die Staatsanwaltschaft Krefeld auch entsprechende Hinweise, wo sie noch einmal genauer prüfen und hinschauen müsste. Das liege in der Natur der Sache.
Der Bundestagsabgeordnete Friedrich Straetmanns als Kenner der Vorgänge rund um die Colonia Dignidad hatte unlängst auf einige Details und vermeintliche Versäumnisse der deutschen Strafverfolgungsbehörden hingewiesen. Rechtsanwältin Petra Isabel Schlagenhauf habe ihre Einstellungsbeschwerde unter anderem damit begründet, dass die Staatsanwaltschaft Krefeld in Deutschland und in Chile lebende Betroffene und Zeugen der Verbrechen, die in der Colonia Dignidad begangen wurden, von der
Staatsanwaltschaft schlicht ignoriert worden. Sie seien bereit gewesen, etwa zur Rolle von Hopp bei Folter und Mord an Gegnern des Pinochet-Regimes auf dem Gelände der Sektensiedlung auszusagen.
Auch zur systematischen Misshandlung von Sektenmitgliedern mit Psychopharmaka habe die Staatsanwaltschaft nicht ausreichend ermittelt, obwohl eine Zeugin darüber hätte Auskunft geben können. Doch auch sie sei in den acht Jahren des Ermittlungsverfahrens niemals vernommen worden, zitierte Straetmanns die Juristin.
Colonia Dignidad sei jahr
zehntelang Ort schwerster Menschenrechtsverletzungen in Chile gewesen, berichtet Straemanns. Hunderte Gegner der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990) seien dort verschwunden, systematisch gefoltert und schätzungsweise 100 der politischen Gefangenen auf dem Gelände der Sekte ermordet worden. Deutsche und chilenische Kinder seien systematisch jahrzehntelang sexuell missbraucht. Auch viele Bewohner der Siedlung seien Opfer schwerer Misshandlungen geworden.
Die Staatsanwaltschaft Krefeld hatte Ermittlungen gegen Hopp eingestellt. Demnach ließen sich weder der Verdacht der Beteiligung an der Ermordung von chilenischen oppositionellen noch der Vorwurf der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Kindern erhärten: „Nach umfangreichen und langwierigen Ermittlungen, die in Kooperation mit den chilenischen Strafverfolgungsbehörden geführt worden sind, konnte nach Ausschöpfung aller erfolgversprechenden Ermittlungsansätze ein für eine Anklageerhebung erforderlicher hinreichender Tatverdacht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet werden“, erklärte Stahl seinerzeit.
Auch„die Beschwerde werde sich letztendlich in Luft auflösen, weil es gegen Hopp de facto und de jure keinerlei ,Ermittlungsreste’ gibt, die ihn für eine strafrechtliche Verantwortung überführen könnten“, hatte Hopps damaliger Rechtsanwalt erklärt.