Rheinische Post Krefeld Kempen
Wie die Kultur das Corona-Geld einsetzt
240.000 Euro hat die Bundesregierung den Krefelder Instituten für Projekte und Umbauten in der Krise gezahlt. Museen und Theater profitieren. Die Freie Szene kann sich noch bis Dezember um Fördergeld bewerben.
Ob zwei Geigen mehr dem Orchesterklang die entscheidende Nuance geben oder ob eine Trompete mehr besetzt wird: Das sind Fragen, die Generalmusikdirektor Mihkel Kütson in diesen Monaten sorgsam abwägen muss. Bläser und Sänger gehören zu den „atmungsintensiven Personen“. Das bedeutet: Der Abstand zwischen ihnen und zu anderen Leuten muss größer als anderthalb Meter sein. Wer singt, hat in Atemrichtung mindestens vier Meter Freifläche. Das sind Auflagen, die alle in Kauf nehmen – weil sie wieder vors Publikum dürfen.
Die Kultur ist in Krefeld wieder angelaufen – wenn auch unter besonderen Bedingungen. Theater, Ausstellungen, Tanz, Lesungen oder Konzert: endlich wieder live und sogar mit Auswahl. Die Regelungen des Neustarts machen erfinderisch. Für die Kulturinstitute hat es finanzielle Hilfe gegeben. Die hatte die Stadt Krefeld bei der Bundesregierung beantragt. Rund 142.000 Euro aus dem Kulturförderprogramm „Neustart“sind in die Seidenstadt geflossen. Der Fonds soll Museen, Theater und andere Institutionen dabei unterstützen, mit gezielten Umbauten und Projekten auf die Corona-Krise zu reagieren. So sollte der Einbau von Schutzvorrichtungen, die Beschaffung von Desinfektionsmitteln, der
Ausbau der technischen Ausstattung und die verstärkte Nutzung digitaler Formate gefördert werden.
Mit einem Gesamtvolumen von bundesweit 20 Millionen Euro sollen die Einrichtungen „auch in Zeiten der Krise ihren kulturellen Auftrag erfüllen und als Orte der Begegnung und Teilhabe mit künstlerischen und kulturellen Mitteln zurVerbesserung der Lebensbedingungen beitragen“, heißt es in der Ausschreibung des Programms.
In Krefeld profitieren die Fabrik Heeder, das Kresch-Theater, das Deutsche Textilmuseum, die NS-Dokumentationsstelle, die Kunstmuseen und das Theater Krefeld-Mönchengladbach von den Fördergeldern. So ist das Geld eingesetzt worden:
Theater Das Krefelder Haus hat etwa 50.000 Euro erhalten. Intendant Michael Grosse und sein Team haben unter anderem in einen zusätzlichen Schwingboden investiert, damit das Ballettensemble auch außerhalb des Tanzsaals, wo die Abstandsregeln eingehalten werden, bessere Trainingsmöglichkeiten hat. Auf Schwingboden werden die Gelenke der Tänzer geschont. Auch zusätzliche Ballettstangen wurden angeschafft. Neue Kameras, Laptops, Monitore und Headsets kommen bei den neuen, Corona-gerechten Bühnenformaten dieser Spielzeit zum Einsatz. Bis Dezember gilt im Theater der „Extra“-Spielplan.
Krefelder Kunstmuseen Die Häuser schafften für einen ähnlichen Betrag Kameras und Laptops an. Nicht nur für die Reihe „Kunst Impuls“produzieren die Museumsleute Livestreams. Mit Aktionen und Ausstellungsfilmen bringen sie die Kunst aus dem Kaiser-Wilhelm-Museum und den Museumsvillen Haus Esters und Haus Lange in die Welt. Die Filme erreichen nicht nur Menschen der Region. Sie werden laut Museumsdirektorin Katia Baudin sogar in den USA gesehen. Auch eine Museumsrallye für digitale Endgeräte wird mit der Förderung möglich.
Deutsches Textilmuseum Hier fließt das Geld in eine Headset-Mikrofonanlage für Museumsführungen, einen Laptop, zwei Fernsehschirme, und es wird in die Museums-Homepage investiert.
Villa Merländer Die NS-Dokumentationsstelle hat Laptops, Ansteck-Mikrofone, digitale Aufnahmegeräte und eine Filmkamera angeschafft. Denn wegen der engen Räume ist hier Publikumsverkehr nur eingeschränkt möglich. „Besucher sind willkommen, aber nur einzeln oder als Familie“, betont Leiterin Sandra Franz.
Kresch-Theater Das Kinder- und Jugendtheater der Stadt hat seinen Sitz in der Fabrik Heeder. Für die
Theaterarbeit haben Leiterin Isolde Wabra und ihr Team in ein mobiles Mischpult, einen Laptop, einen mobilen W-Lan-Hotspot sowie würfelförmige Hocker invetstiert. Die Hocker ersetzen eine feste Bestuhlung und können problemlos mit entsprechenden Abständen – und bei gutem Wetter sogar im Hof – aufgestellt werden.
Fabrik Heeder Auf den Studiobühnen sind nicht nur die Produktionen des Kresch zu sehen. Bis Ende November läuft dort auch das Festival „Move! – Krefelder Tage für Modernen Tanz“. Hier wurde ein Sichtschutzbereich an der Kasse installiert. „Ein Monitor wurde gekauft. Weitere Mittel fließen in den meisten Einrichtungen in die Beschaffung von Mundschutz und Desinfektionsmitteln“, teilt die Stadt mit.
Der Eigenanteil für die Investitionen liegt jeweils bei zehn Prozent.
Freie Szene 250.000 Euro hat der Stadtrat bewilligt, um Kunstschaffende zu unterstützen. Freischaffende Künstler können ihre Projekte vorstellen, eine Jury entscheidet dann. Bis zu 10.000 Euro pro Projekt sind möglich. Die letzten Anträge müssen bis 7. Dezember vorliegen. Info und das entsprechende Formular gibt es unter www. krefeld. de/de/inhalt/kulturfonds/