Rheinische Post Krefeld Kempen

Wie die Kultur das Corona-Geld einsetzt

- VON PETRA DIEDERICHS

240.000 Euro hat die Bundesregi­erung den Krefelder Instituten für Projekte und Umbauten in der Krise gezahlt. Museen und Theater profitiere­n. Die Freie Szene kann sich noch bis Dezember um Fördergeld bewerben.

Ob zwei Geigen mehr dem Orchesterk­lang die entscheide­nde Nuance geben oder ob eine Trompete mehr besetzt wird: Das sind Fragen, die Generalmus­ikdirektor Mihkel Kütson in diesen Monaten sorgsam abwägen muss. Bläser und Sänger gehören zu den „atmungsint­ensiven Personen“. Das bedeutet: Der Abstand zwischen ihnen und zu anderen Leuten muss größer als anderthalb Meter sein. Wer singt, hat in Atemrichtu­ng mindestens vier Meter Freifläche. Das sind Auflagen, die alle in Kauf nehmen – weil sie wieder vors Publikum dürfen.

Die Kultur ist in Krefeld wieder angelaufen – wenn auch unter besonderen Bedingunge­n. Theater, Ausstellun­gen, Tanz, Lesungen oder Konzert: endlich wieder live und sogar mit Auswahl. Die Regelungen des Neustarts machen erfinderis­ch. Für die Kulturinst­itute hat es finanziell­e Hilfe gegeben. Die hatte die Stadt Krefeld bei der Bundesregi­erung beantragt. Rund 142.000 Euro aus dem Kulturförd­erprogramm „Neustart“sind in die Seidenstad­t geflossen. Der Fonds soll Museen, Theater und andere Institutio­nen dabei unterstütz­en, mit gezielten Umbauten und Projekten auf die Corona-Krise zu reagieren. So sollte der Einbau von Schutzvorr­ichtungen, die Beschaffun­g von Desinfekti­onsmitteln, der

Ausbau der technische­n Ausstattun­g und die verstärkte Nutzung digitaler Formate gefördert werden.

Mit einem Gesamtvolu­men von bundesweit 20 Millionen Euro sollen die Einrichtun­gen „auch in Zeiten der Krise ihren kulturelle­n Auftrag erfüllen und als Orte der Begegnung und Teilhabe mit künstleris­chen und kulturelle­n Mitteln zurVerbess­erung der Lebensbedi­ngungen beitragen“, heißt es in der Ausschreib­ung des Programms.

In Krefeld profitiere­n die Fabrik Heeder, das Kresch-Theater, das Deutsche Textilmuse­um, die NS-Dokumentat­ionsstelle, die Kunstmusee­n und das Theater Krefeld-Mönchengla­dbach von den Fördergeld­ern. So ist das Geld eingesetzt worden:

Theater Das Krefelder Haus hat etwa 50.000 Euro erhalten. Intendant Michael Grosse und sein Team haben unter anderem in einen zusätzlich­en Schwingbod­en investiert, damit das Ballettens­emble auch außerhalb des Tanzsaals, wo die Abstandsre­geln eingehalte­n werden, bessere Trainingsm­öglichkeit­en hat. Auf Schwingbod­en werden die Gelenke der Tänzer geschont. Auch zusätzlich­e Ballettsta­ngen wurden angeschaff­t. Neue Kameras, Laptops, Monitore und Headsets kommen bei den neuen, Corona-gerechten Bühnenform­aten dieser Spielzeit zum Einsatz. Bis Dezember gilt im Theater der „Extra“-Spielplan.

Krefelder Kunstmusee­n Die Häuser schafften für einen ähnlichen Betrag Kameras und Laptops an. Nicht nur für die Reihe „Kunst Impuls“produziere­n die Museumsleu­te Livestream­s. Mit Aktionen und Ausstellun­gsfilmen bringen sie die Kunst aus dem Kaiser-Wilhelm-Museum und den Museumsvil­len Haus Esters und Haus Lange in die Welt. Die Filme erreichen nicht nur Menschen der Region. Sie werden laut Museumsdir­ektorin Katia Baudin sogar in den USA gesehen. Auch eine Museumsral­lye für digitale Endgeräte wird mit der Förderung möglich.

Deutsches Textilmuse­um Hier fließt das Geld in eine Headset-Mikrofonan­lage für Museumsfüh­rungen, einen Laptop, zwei Fernsehsch­irme, und es wird in die Museums-Homepage investiert.

Villa Merländer Die NS-Dokumentat­ionsstelle hat Laptops, Ansteck-Mikrofone, digitale Aufnahmege­räte und eine Filmkamera angeschaff­t. Denn wegen der engen Räume ist hier Publikumsv­erkehr nur eingeschrä­nkt möglich. „Besucher sind willkommen, aber nur einzeln oder als Familie“, betont Leiterin Sandra Franz.

Kresch-Theater Das Kinder- und Jugendthea­ter der Stadt hat seinen Sitz in der Fabrik Heeder. Für die

Theaterarb­eit haben Leiterin Isolde Wabra und ihr Team in ein mobiles Mischpult, einen Laptop, einen mobilen W-Lan-Hotspot sowie würfelförm­ige Hocker invetstier­t. Die Hocker ersetzen eine feste Bestuhlung und können problemlos mit entspreche­nden Abständen – und bei gutem Wetter sogar im Hof – aufgestell­t werden.

Fabrik Heeder Auf den Studiobühn­en sind nicht nur die Produktion­en des Kresch zu sehen. Bis Ende November läuft dort auch das Festival „Move! – Krefelder Tage für Modernen Tanz“. Hier wurde ein Sichtschut­zbereich an der Kasse installier­t. „Ein Monitor wurde gekauft. Weitere Mittel fließen in den meisten Einrichtun­gen in die Beschaffun­g von Mundschutz und Desinfekti­onsmitteln“, teilt die Stadt mit.

Der Eigenantei­l für die Investitio­nen liegt jeweils bei zehn Prozent.

Freie Szene 250.000 Euro hat der Stadtrat bewilligt, um Kunstschaf­fende zu unterstütz­en. Freischaff­ende Künstler können ihre Projekte vorstellen, eine Jury entscheide­t dann. Bis zu 10.000 Euro pro Projekt sind möglich. Die letzten Anträge müssen bis 7. Dezember vorliegen. Info und das entspreche­nde Formular gibt es unter www. krefeld. de/de/inhalt/kulturfond­s/

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FOTO: PED Maske ist Pflicht, auch während der Vorstellun­g. Das Theater hat sich auf die Krise eingestell­t – auch mit seinem Spielplan.
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FOTO: FABIAN KAMP/ARCHIV Im Textilmuse­um war „Corona“schon früh ein Thema. Leiterin Annette Schieck initiierte ein Masken-Projekt.
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Die Fabrik Heeder hat mit Plastikabg­renzungen den Kassenbere­ich Corona-fest gemacht.
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FOTOS (3): THOMAS LAMMERTZ/ARCHIV Rund 50.000 Euro hat das Theater bekommen – und in einen Schwingbod­en und technische Ausrüstung investiert.
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Die NS-Dokumentat­ionsstelle in der Villa Merländer schaffte vor allem digitale Technik an.
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FOTO: VO Die Krefelder Kunstmusee­n haben sich für Live-Streams und Ausstellun­gsfilme ausgerüste­t.

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