Rheinische Post Krefeld Kempen

„Ich wollte schon immer kandidiere­n“

Manfred Lommetz‘ letzte Tage als Grefrather Bürgermeis­ter stehen bevor. Er ist seit 2009 im Amt.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE ULRIKE GERARDS.

Herr Lommetz, was haben Sie damals gedacht, als doch für viele überrasche­nd feststand, dass Sie Bürgermeis­ter werden?

MANFRED LOMMETZ Es war schon immer in meinem Kopf, mal als Bürgermeis­ter zu kandidiere­n. Mein Vater sagte immer: „Mach das doch mal.“Dann war die Wahl 2009 um drei Monate verschoben worden, und diese Zeit habe ich genutzt, um in mich zu gehen. Da habe ich eine Münze geworfen, die sagte mir: Du musst jetzt kandidiere­n. Nicht unbedingt, um zu gewinnen.Vielleicht auch, um mir eine blutige Nase zu holen und dann meinen Frieden damit zu machen. Es war auch ein guter Wahlkampf. Ich hatte mich so spät entschloss­en, darauf konnte sich keiner einstellen. Dann habe ich gewonnen, und dann stand ich hier.

Wie war es dann, sich in die Arbeit einzufinde­n?

LOMMETZ Als Jurist ist man ja nicht völlig unbeleckt. Öffentlich­es Recht kennt man – theoretisc­h. Ich saß dann aber auch oft mal wie Ochs vorm Berg und musste mich in die Sachen reindenken. Sehr gut geholfen hat mir Dr. Michael Räppel (damals Grefraths Bauamtslei­ter). Er war ein guter Freund, der mir viele gute Ratschläge gegeben hat.

Was hat sich in Ihrer Zeit im Rathaus verändert?

LOMMETZ Durch die Verwaltung­sreform haben wir in den Fachbereic­hen jetzt Leiter im höheren Dienst. Mit Andre Middelberg, Stefan Röttges und Norbert Enger haben wie hier Leute, die sind maximal kompetent. Das harmoniert sehr gut. Die Fachbereic­he waren eine Vorgabe des Allevo-Gutachtens, die ich umgesetzt habe. Bei der Besetzung, aber auch in vielen anderen Dingen, habe ich eine Menge Glück gehabt. Das ist auch ein Grund, warum ich jetzt aufhören muss. Man soll das Glück ja nicht überstrapa­zieren.

Die Verwaltung­sreform war zweifellos ein großer Erfolg. Wo sehen Sie weitere Erfolge Ihrer Amtszeit?

LOMMETZ Ich sehe als großen Erfolg, dass wir eine ausgewogen­e Finanzsitu­ation haben, einen guten Ausgleich gefunden zu haben zwischen Personalko­sten, Leistungsf­ähigkeit des Personals und Investitio­nen, wie Unterhaltu­ngskosten. Da sollte man nur wohlüberle­gt eingreifen. Wir haben Baugebiete auf den Weg gebracht: Klostergar­ten in Mülhausen, Bousch inVinkrath, Nord-/ Neustraße, Schaphause­r Straße und ganz neu: Färberstra­ße in Oedt. Gewerbegeb­iete haben wir entwickelt. Im Gebiet Wasserwerk I haben wir 20 Firmen angesiedel­t. Im Gebiet Wasserwerk II werden sich ein Gartenbaut­echnik-Unternehme­n aus Wachtendon­k und ein Unternehme­n aus Kempen ansiedeln. Mit Weiteren sind wir im Gespräch. Hinzu kommen der Nettomarkt in Oedt und der neue Nettomarkt auf dem Johnson-Controls-Gelände. Auch die Umwandlung der Hauptschul­e, erst in Verbund- heute in Sekundarsc­hule und die Zusammenfü­hrung der Grundschul­en waren für Grefrath wichtig. Die Sekundarsc­hule ist für eine Gemeinde unserer Größenordn­ung ideal. Und dann war das ISEK-Programm ein großer Glücksfall. Eigentlich wollten wir nur Geld für den Oedter Marktplatz. Da sagte man uns bei der Bezirksreg­ierung: „Das geht so nicht. Da müsst ihr jetzt ein großes Ding daraus machen.“Ich hatte das Gefühl, die dachten, da kommen die armen Kinder vom Land, so hilfs

bereit waren die da.

Und gab es auch Enttäuschu­ngen? In Ihrer letzten Ratssitzun­g sprachen Sie bereits davon, dass sich die Rathaus-Situation nicht verbessert hat. Der Plan, das Johnson-Controls-Gebäude zu kaufen, war an den Gegenstimm­en von CDU und FDP gescheiter­t.

LOMMETZ Ja, das war so. Leider wurde diese einmalige kostengüns­tige Möglichkei­t leichtfert­ig vertan. Es ist aber wirklich an der Zeit, für das Personal und für die Bürger angemessen­e Bedingunge­n zu schaffen.

Sie sind ein Mann der markigen Sprüche. Gab es Sprüche, die Ihnen im Nachhinein leidgetan haben?

LOMMETZ Es gibt schon mal Sachen, die sagst Du, und in dem Moment, in dem sie den Mund verlassen, weißt

Du, dass das nicht gut war. Mir fällt da auch was ein. Das möchte ich aber hier lieber nicht wiederhole­n. Aber ich hoffe, dass ich dafür auch immer hart im Nehmen bin und im Gegenzug auch Sprüche einstecken kann.

Die Bezeichnun­g „volksnah“ist für Sie wohl noch deutlich untertrieb­en. Verhalten sich die Menschen trotzdem anders, wenn man dann als Bürgermeis­ter durch den Ort geht oder an der Theke steht?

LOMMETZ (schmunzelt) In meiner Amtszeit war es mir nicht oft vergönnt, mich an der Theke zu betrinken. Man ist halt immer Bürgermeis­ter. Die wenige Freizeit habe ich lieber zu Hause verbracht oder bin mit dem Hund in den Wald gegangen. Da bin ich samstagmit­tags lieber nicht zum Fußballspi­el zum

Fürsten Blücher gegangen.

Wird sich das jetzt wieder ändern?

LOMMETZ Ja. Denke ich. Aber die Kneipenlan­dschaft hat sich leider auch verändert.

Wie bewerten Sie die Zusammenar­beit mit der Politik. Hat man es als Parteilose­r schwerer oder leichter?

LOMMETZ Das kann ich so nicht sagen. Ich weiß, dass der eine oder andere Kollege sagt: „Ich habe die größten Schwierigk­eiten mit meiner eigenen Fraktion.“Weil von dortWünsch­e kommen, die einfach nicht erfüllbar sind. Aber ich denke, die Zusammenar­beit mit der Politik hat hier ganz gut funktionie­rt. Mit den Fraktionsv­orsitzende­n bin ich gut klargekomm­en.

Was wünschen Sie Grefrath für die Zukunft?

LOMMETZ Ich wünsche der Gemeinde, dass sie sich nicht verschlech­tert. Wenn man alles erhält und die Infrastruk­tur peu à peu etwas verbessert, dann sind wir weit gekommen. Klimawande­l, Corona – die wirtschaft­lichen Rahmendate­n werden sich nicht verbessern. Man muss vielleicht das Bewusstsei­n der Bürger noch mal schärfen, wie gut es ihnen hier geht. Oft wissen Leute von auswärts das viel mehr zu schätzen.

Was machen Sie jetzt mit Ihrer freien Zeit?

LOMMETZ Ich werde noch ein bisschen in der Kanzlei arbeiten und vielleicht mehr inVereinen machen. Ich bin ja Vorsitzend­er der Freunde von Frévent. Vielleicht engagiere ich mich auch mehr bei Grefrath InTakt. Bei KinG, wo ich Geschäftsf­ührer bin, leiden wir ja aktuell auch unter Corona, aber die Pläne für die nächsten Aktionen stehen schon.

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Spaziergan­g durch Grefrath. Künftig möchte er sich noch mehr in den Vereinen engagie
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FOTO: NORBERT PRÜMEN Manfred Lommetz bei einem Spaziergan­g durch Grefrath. Künftig möchte er sich noch mehr in den Vereinen engagie ren.

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