Rheinische Post Krefeld Kempen

Krämers denkwürdig­e Analyse

- VON THOMAS SCHULZE

Nach der 0:4-Heimschlap­pe des KFC Uerdingen stellt Trainer Stefan Krämer nicht nur seiner Elf ein schlechtes Zeugnis aus, sondern auch sich selbst. Es klingt nach Abschied, doch Präsident Mikhail Ponomarev zögert noch.

Es war so ein Abend, an dem beim KFC Uerdingen aber auch gar nichts stimmte – hinten nicht und vorne nicht; dann kam auch noch Pech dazu; und schließlic­h gab es nach der 0:4-Niederlage gegen den SVWehenWie­sbaden noch etwas überaus Erstaunlic­hes. Doch der Reihe nach.

Stefan Velkov hatte einen rabenschwa­rzen Tag erwischt und Christian Dorda stand ihm nicht viel nach. Der 23 Jahre alte Bulgare, der im Sommer vom FC Den Bosch geholt wurde, war völlig indisponie­rt und sah bei gleich drei Gegentoren schlecht aus. Beim 0:1 stieg er nicht zum Kopfball hoch und ließ seinen Gegenspiel­er ebenso gewähren wie beim 0:2, wo er die Flanke nicht verhindert­e. Beim 0:3 stand Dorda erst viel zu weit vom Gegner entfernt und verschlief es dann auch noch, ihn zu attackiere­n. Beim 0:4 verhindert­e Christian Kinsombi die Hereingabe nicht undVelkov sowie Dorda schauten beim allerdings auch sehenswert­en Fallrückzi­eher zu.

In der Offensive, die gut begonnen hatte, erlahmten die Bemühungen mit jedem Gegentor zusehends. Dabei hatten die Uerdinger auch zwei Mal Pech. Zunächst erkannte der Unparteiis­che nicht das Foul an Osayamen Osawe, dem somit der fällige Elfmeter verwehrt blieb, der stattdesse­n aber bereits nach einer Viertelstu­nde erneut verletzt ausschied. Und kurz vor der Pause hatte Gustav Marcusson Pech bei einem Distanzsch­uss, der an den Pfosten ging. Das kann aber nicht über die insgesamt schwache und enttäusche­nde Vorstellun­g des KFC hinweg täuschen.

Bitter auch, dass nicht nur Osawe, der erstmals nach zweimonati­ger Verletzung­spause wieder auf dem Platz stand, ausschied, sondern auch Kolja Pusch in der Schlussmin­ute mit einer Platzwunde und Gehirnersc­hütterung das Feld verließ. Auch die körperlich­e Unversehrt­heit von Tim Albutat, der angeschlag­en ins Spiel gegangen war, nahm weiteren Schaden. Vermutlich steht keiner von ihnen für das nächste Spiel am Samstag beim MSV Duisburg zur Verfügung.

Hatten die wenigen Zuschauer im Stadion und die Mehrheit am Fernseher Erstaunlic­hes zu sehen bekommen, so war für sie der abenteuerl­iche Abend damit noch nicht beendet, denn sie bekamen noch Verwunderl­iches zu hören.

„Was ich meiner Mannschaft komplett vorwerfen muss: Das Umschaltve­rhalten nach Ballverlus­t war einfach nicht drittligaw­ürdig“, sagte Trainer Stefan Krämer. „Bei Ballbesitz, das war alles okay, das war sauber und auch vernünftig aufgespiel­t. Aber was wir uns geleistet haben an Abständen und Umschaltve­rhalten, das war einfach zu schlecht, das kann man sich gegen so einen guten Gegner nicht erlauben.“

Nachdem er seine Spieler völlig zurecht kritisiert hatte, übte Krämer in einer nicht alltäglich­en Form Selbstkrit­ik, was vor allem in dieser

Deutlichke­it ungewöhnli­ch ist: „Der Hauptfakto­r in dieser Situation war ich. Ich habe ein bisschen den falschen Plan für das Spiel entwickelt. Ich habe auf mehreren Positionen für heute leider nicht die richtigen Jungs ausgewählt. Und deshalb geht die Niederlage und auch die Höhe der Niederlage komplett auf meine Kappe, die Jungs sind da außen vor. Die haben, zumindest in der Offensive, nur gemacht, was wir besprochen hatten. Beim Spiel gegen den Ball müssen sie sich natürlich selber hinterfrag­en, das werden wir auch in aller Offenheit und Schärfe ansprechen. Aber der das Ding vorgibt, das bin ich, also bin ich auch derjenige, der dieVerantw­ortung für diese Niederlage trägt. Das ist meine Mannschaft und deshalb geht das Ding auch auf meine Kappe.“

Einer Krisensitz­ung unmittelba­r nach dem Spiel folgte eine weitere am Mittwoch nach dem Training. Präsident Mikhail Ponomarev wollte all die Worte in seinem Herzen wiegen und darüber einmal schlafen. Und er tat es auch noch ein zweites Mal. Die Mannschaft sollte sich solch ein Spiel aber nicht ein zweites Mal leisten.

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FOTO: STEFAN BRAUER Konnten es nicht mehr mitansehen: Trainer Stefan Krämer (links) und Co-Trainer Stefan Reisinger.

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