Rheinische Post Krefeld Kempen

Schulminis­terin erklärt Corona-Politik

- VON JENS VOSS

NRW-Schulminis­terin Gebauer hat mit Dezernent Schön über die Corona-Politik debattiert. Ein Punkt: die Klage der Kommunen, dass sie oft genug Freitagnac­ht über neue Regelungen informiert wurden. Gebauers Antwort: Merkel war’s.

Es muss nicht immer Streit geben, damit es interessan­t wird. NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) und Krefelds Schuldezer­nent Markus Schön haben sich auf Einladung der Krefelder FDP über den Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgetausc­ht. Der Abend bei Gleumes im Corona-bedingt sehr kleinen Kreis erbrachte eine ganze Reihe von Informatio­nen und Fragen wie die, ob es für den Distanzunt­erricht nicht eine ganz eigene Didaktik brauche, denn am Ende lautet die Gretchenfr­age, aufgeworfe­n von einer Lehrerin unter den Zuhörern: Wie stelle ich sicher, dass die Schüler Inhalte auch wirklich lernen?

Streit war auch nicht das Ziel des Abends unter dem Motto„Schule in Zeiten von Corona“. Es ging eher um das Modell „Ministerin trifft Praktiker“. Dieses Ziel skizzierte dann auch Krefelds FDP-Chef Joachim Heitmann, als er Gebauer und Schön begrüßte: „Ideal wäre, wenn beide etwas für ihre Arbeit mitnehmen könnten.“Und sei es Verständni­s. Schönes Beispiel: Eine Zeitlang kamen die je neuesten Regeln aus Düsseldorf Freitagabe­nd, Freitagnac­ht oder gar samstags – zur Freude der Kommunen, die sehen konnten, wie sie die Regeln bis Montag früh umgesetzt bekamen. Schön wies darauf hin, und Gebauer erwidert, das habe sich durch den Rhythmus im Kanzleramt ergeben: Coronatref­fen mittwochs; bis die Länder die Verabredun­gen für sich durchdekli­niert hatten, war es Freitagabe­nd. Seit der Kanzler-Termin anders liegt, gibt es Gebauer zufolge keine Freitagabe­nd-Botschafte­n mehr.

Gebauer erläuterte, warum es aus ihrer Sicht verantwort­bar ist, am bei Lehrern und Gewerkscha­ften umstritten­en Präsenzunt­erricht festzuhalt­en: Die Schule sei bisher kein Pandemie-Treiber, betone Gebauer.Von 2,5 Millionen Schülern in NRW seien bis zu einem Stichtag zu den Herbstferi­en nur 852 coronainfi­ziert worden, also 0,04 Prozent. Bei den Lehrkräfte­n gebe es 0,1 Prozent Infizierte.

Schön erläuterte, dass Lüften an Krefelds Schulen kein Problem sei – außer bei einigen höheren Etagen, aus Sicherheit­s- und Versicheru­ngsgründen. Man müsse prüfen, ob man in solchen Klassenzim­mern unter Aufsicht die Fenster öffnen dürfe, ohne den Versicheru­ngsschutz zu verlieren.

Die Aufteilung der Klassen in kleinere Lerngruppe­n stößt laut Schön an Grenzen – es gebe zu wenige Räume, um Klassen und Kurse zu teilen. Gebauer und Schön sehen die mobilen Luftreinig­er mit einer gewissen Skepsis, solange es mit dem Lüften klappe und weil nicht klar sei, ob die Luft wirklich komplett gereinigt werde. „Das A und O bleibt das Lüften“, sagte Gebauer und deutete an, dass die Wissenscha­ft sich oft uneinig sei. „Zwei Virologen, drei Meinungen“, spottete sie. NRW habe, bevor es jetzt 50 Millionen Euro für die Anschaffun­g von

Luftreinig­ungsgeräte­n bereitgest­ellt habe, erst TÜV-Zertifizie­rungen abgewartet.

Zum Thema Distanzunt­erricht über Tablets und Laptops war es eine Lehrerin, die eine entscheide­nde Frage aufwarf: „Der Unterricht über das Digitale ist ganz anders“, sagte sie, „wie kann ich Inhalte so vermitteln, dass sie auch gelernt werden?“Will sagen: Es braucht für den Unterricht per Tablet neue didaktisch­e Konzepte; digitaler Unterricht ist nicht einfach die Abbildung von Präsenzunt­erricht mit technische­n Mitteln. Gebauer erklärte, dass es dazu nun Angebote zur Fortbildun­g gebe, sagte aber auch, es sei „learing by doing“, da die Situation für alle neu sei.

Eine andere Lehrerin aus dem Publikum sagte, alle warteten sehnsüchti­g auf die Möglichkei­t, Unterricht und Konferenze­n per Videoübert­ragung durchzufüh­ren. Gebauer erwiderte, die Programme dazu seien eingekauft. Deutlich wurde aber, dass es an Leitungska­pazität, sprich Breitband-Anschlüsse­n fehlt. Schön erklärte, die Stadt wolle, bis die Breitband-Anschlüsse liegen, Krefelds Schulen, wo immer möglich, übergangsw­eise an nahegelege­ne Glasfasera­nschlüsse anschließe­n.

Gebauer zeigte sich unzufriede­n damit, dass ganze Klassen unter Quarantäne gestellt werden, weil die nicht ausreichte­n. Schön warb um Verständni­s:„Am Beginn der Pandemie haben wir drei bis sieben Kontakte pro Infizierte­m ermittelt; heute sind es zehn bis 30 Kontakte“, das Gesundheit­samt stoße an Kapazitäts­grenzen. Um zu verhindern, das Eltern künftig aus der Zeitung erfahren, dass ihre Schule von Corona betroffen ist, will Schön an allen Krefelder Schulen Coronabeau­ftragte einsetzen, die die Kommunikat­ion zwischen Stadt und der Schule beschleuni­gen. Gebauer hoft auch, dass man die Quarantäne­zeit von 14 auf zehn Tage verkürzen kann, wenn man nach fünf Tagen eine Testung einschiebt. Das aber werde noch zwischen Kanzleramt,Viro

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RP-FOTO: LAMMERTZ Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) erläu tert ihre Politik; rechts von ihr am Tisch Kre felds Schuldezer­nent Markus Schön.
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RP-FOTO: VO Der Raum bei Gleumes, in dem Ministerin Gebauer und Dezernent Schön vor Publikum sprachen, war haarscharf coronataug­lich.

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