Rheinische Post Krefeld Kempen
Bäume werden für Waldkita sicher gemacht
Die Verkehrssicherung für den Tönisvorster Waldkindergarten ist angelaufen. Revierförster Marco Müller von Wald und Holz NRW hat die Flächen gesichtet und zu entfernende Bäume sowie Totholz markiert. Noch liegen nicht alle Genehmigungen des Kreises Viersen vor.
TÖNISVORST Ein leises Zischen ist zu hören, und Farbe tritt aus der Sprühflasche aus. Sekunden später hat der Baum eine Schrägmarkierung auf seiner Rinde in unübersehbarem Orange. Revierförster Marco Müller hängt sich die Sprayflasche wieder an die Halterung seiner Arbeitshose und lässt den Blick weiter in die Kronen der Bäume gehen. Seine geschulten Augen sind auf der Suche nach Totholz in den Kronen und Bäumen, die keine Standsicherung mehr haben und in Kürze umkippen könnten. Sie alle müssen entfernt werden, damit der Tönisvorster Waldkindergarten die Fläche nutzen kann.
Der Waldkindergarten hat bereits eröffnet. Zwei Bauwagen stehen auf einerWiese des Schulzentrums Corneliusfeld in St. Tönis. Für die Kinder sind zwei weitere Flächen in dem Parkgelände hinter dem Wasserturm vorgesehen, wo sie zukünftig viel Zeit verbringen sollen.
Doch bevor sie in die Waldfläche dürfen, gilt es, die gesamte Fläche zu sichern. Es darf nichts stehenbleiben, was die Kinder durch herabfallende Äste oder umkippende Bäume verletzen könnte. „Es ist Vorschrift, dass der Waldbereich, in dem sich die Kinder permanent aufhalten werden, dieser besonderen Sicherung bedarf“, sagt Detlef Blank, Geschäftsführer vom DRK-Kreisverband Viersen.
Das Deutsche Rote Kreuz ist Träger Einrichtung, die vor wenigen Wochen Eröffnung feierte. Müller ist daher mit der Sprühflasche in den beidenWaldstücken unterwegs, die eine Fläche von rund 0,7 Hektar und von circa 0,4 Hektar haben.
Er kontrolliert und markiert für das Unternehmen, das demnächst mit den Fällarbeiten beginnen wird. „Ich habe gerade ein Drittel der größeren Fläche begangen und alleine schon 23 Bäume markiert, die wegmüssen. Und das auf einer Fläche, die eh schon große Lücken aufweist“, sagt der Forstbetriebsbeamte von Wald und Holz NRW.
Die Trockenheit der vergangenen drei Jahre fordert ihren Tribut. Viele der Bäume sind geschädigt. Sie könnten zwar normalerweise stehenbleiben, da sie innerhalb des nicht begehbaren Wäldchens keine Gefahr darstellen, aber vor dem Hintergrund des Waldkindergartens müssen sie nun entfernt werden. Damit fällt weiterer Lebensraum für Tiere weg. „2016 ist die Fläche bereits durchforstet worden. Zudem fand hier ein Motorsägenkurs statt, bei dem die Kanten der Waldfläche begradigt wurden. Das heißt, hier wurden bereits tote Bäume und Totholz herausgeholt. Durch die Trockenheit sind nun weitere extreme Schäden entstanden“, informiert Müller.
Vor dem Hintergrund, dass Tönisvorst sehr wenig Wald hat, blutet dem Förster das Herz. Das gilt unter anderem auch für die Fläche Südring/Vorster Straße, wo zugunsten einer Gewerbefläche der Wald geholzt wurde. „In diesem Bereich stand eine der wenigen Bergulmen, die es hier noch gibt“, berichtet Müller. Die aufgeforstete Ackerfläche, die als Ausgleichsfläche angelegt wurde, ist für Müller ein schwacher Trost: Es benötige 40 Jahre, bis sie die Funktion der alten Fläche erreiche, sagt er.
Zudem seien schon jetzt etliche der Jungbäume aufgrund der Trockenheit abgestorben sind. „Für die Umweltbildung der Kinder ist ein Waldkindergarten gut. Aber der eh schon kleine Waldbestand von Tönisvorst wird noch mehr geschädigt, weil viele Bäume wegmüssen“, sagt Müller. Sein Waldherz schmerzt so bei der Begehung.
Eine Fläche für den Waldkindergarten in Tönisvorst zu finden, gestaltete sich generell als schwer, da es nicht viele städtische Waldflächen gibt. „Der Eigentümer ist für die Verkehrssicherung zuständig, und daher sollte es eine städtische Fläche ein“, sagt Rainer Müller vom Amt für Schulen, Jugend und Familien des Kreises Viersen.
Eine vorgesehen Fläche in Vorst, wo derWaldkindergarten ursprünglich hin sollte, fiel laut Rainer Müller wegen des Eichenprozessionsspinners weg. Weil sie in einem Wasserschutzgebiet liegt, konnte eine weitere Fläche nicht genutzt werden. Die Genehmigung für die Aufstellung einer Schutzhütte oder eines Bauwagens hätte sich als sehr schwierig erwiesen. Der nächste Ausschlussgrund betraf die Lage: Die Fläche hätte direkt am Krefelder Stadtrand gelegen und damit für viele Eltern einen längeren Anfahrtsweg bedeutet.
Das Kreisjugendamt war für die Flächenauswahl zuständig, indes das Landesjugendamt für die eigentliche Betriebserlaubnis zuständig ist. Waldkitas erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit. So geht man davon aus, dass die zunächst nur aufgrund der Bauverzögerungen einer neuen Kita in Vorst als Übergangslösung geplante Waldkita eine Dauereinrichtung wird. Die Kosten für die Ausführung der Verkehrssicherheit trägt die Stadt Tönisvorst als Besitzer der Waldflächen.
Aber auch wenn der Wald sicher ist, kann es noch nicht losgehen. Die Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Viersen zum Artenschutzgutachten steht bislang noch aus. Solange sie nicht vorliegt, können die Waldflächen für den Kindergarten nicht freigegeben werden.