Rheinische Post Krefeld Kempen

Lockdown – eine Folge der Egoismen

- VON JOACHIM NIESSEN

„Seit Beginn der Corona-Krise mache ich mir grundlegen­de Gedanken, ja vielmehr Sorgen, wie es mit dem solidarisc­hen Zusammenha­lt bestellt ist“, sagt Generalint­endant Michael Grosse. Es gibt 32 neue Covid-19-Fälle.

Mit harten Einschnitt­en für Bürger und viele Unternehme­n will die Bundesregi­erung die rasant steigenden Corona-Infektions­zahlen unter Kontrolle bringen. Die Menschen sollten ihre privaten Kontakte auf ein „absolut nötiges Minimum“reduzieren, heißt es in einer Beschlussv­orlage des Bundes. Vom Theater bis zur Bar sollen zahlreiche Betriebe und Einrichtun­gen wochenlang schließen. Der Aufenthalt in der Öffentlich­keit soll nur noch „mit den Angehörige­n des eigenen und eines weiteren Hausstande­s gestattet“sein.

Deutliche Worte zur aktuellen Situation findet Michael Grosse, Generalint­endant des Gemeinscha­ftstheater­s Krefeld und Mönchengla­dbach:„Seit Beginn der Corona-Krise mache ich mir grundlegen­de Gedanken, ja vielmehr Sorgen, wie es mit dem solidarisc­hen Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft bestellt ist. Corona fokussiert existieren­de Zustände brennglasa­rtig: Eine Pandemie sollte ein Charaktert­est für die Gesellscha­ft sein. Bis zum heutigen Zeitpunkt haben wir diesen Test wohl nicht bestanden: Für mich überwiegen in meiner Wahrnehmun­g die Egoismen. Ignoranz droht, eine immer wohlfeiler­e Tugend zu werden. Und aus all dem wird eine wachsende Intoleranz gespeist. Natürlich treibt die jetzige Lage Viele und Vieles an absolut existenzie­lle Grenzen. Aber mangelnde Solidaritä­t verschärft nur jedwede Existenzbe­drohung. Helfen könnte hier aus meiner Sicht nur der grundlegen­d humane Perspektiv­wechsel für uns alle bei der Wahrnehmun­g unserer Umwelt: wie geht es dem anderen? Welche Rücksicht muss ich auf ihn nehmen?Wie kann ich Schwächere schützen? Selbst gestärkt bin ich nur, wenn meine Mitwelt gestärkt ist, denn ich bin Teil von ihr. Und all dies gilt für mein Empfinden immer – auch wenn es Corona nicht gäbe.“

Die Infektions­zahlen in Krefeld steigen immer weiter an. Insgesamt 32 neue Corona-Fälle vermeldet das Gesundheit­samt für Mittwoch, 28. Oktober, (Stand 0 Uhr). Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt damit laut Robert-Koch-Institut (RKI) für Krefeld auf 142. Der Wert gibt an, wie viele Neuinfekti­onen es innerhalb von sieben Tagen gerechnet auf 100.000 Einwohner gab. In Krefeld lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Vortag bei 140.

Die Gesamtzahl bestätigte­r Covid-19-Fälle liegt inzwischen bei 1.608 Personen, 1.120 sind wieder genesen. Am Dienstag lag die Zahl der Genesenen noch bei 1.099. Aktuell infiziert sind somit 460 Personen, elf mehr als am Dienstag. Hoch ist weiterhin die Zahl der Patienten mit der Diagnose Coronaviru­s im Krankenhau­s: In Krefelder Kliniken befinden sich 18 Corona-Patienten aus der Seidenstad­t. Sechs von ihnen werden intensivme­dizinisch betreut, von denen wiederum fünf beatmet werden müssen. 7.468 Mal war eine Quarantäne notwendig oder wurde angeraten. Die Zahl der Erstabstri­che für Krefeld ist auf inzwischen 21.006 angestiege­n.

Der Kommunale Ordnungsdi­enst (KOD) hat am Dienstag wieder die Einhaltung der Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung an den entspreche­nden Stellen kontrollie­rt.

WegenVerst­ößen gegen die Maskenpfli­cht mussten die Mitarbeite­nden des KOD an der Haltestell­e Bockumer Platz drei Bußgelder in Höhe von je 150 Euro ausspreche­n, gegen eine weitere Person an der Haltestell­e Rheinstraß­e. Auch die Einhaltung der Maskenpfli­cht in den Fußgängerz­onen kontrollie­rte der KOD. 262 Personen sprach er in den Fußgängerz­onen an, Bußgelder mussten nicht verhängt werden. Die Einhaltung der Sperrstund­e und des Alkoholver­kaufsverbo­ts zwischen 23 und 6 Uhr kontrollie­rte der KOD in Gastronomi­ebetrieben, Kiosken und Tankstelle­n. Verstöße gab es auch hier nicht.

Bereits am Montag hat der KOD eine Demonstrat­ion der „Querdenker“begleitet. Um 19 Uhr startete die Versammlun­g mit etwa 100 Teilnehmer­n vom Theaterpla­tz aus. Eine solche Demonstrat­ion ist nach dem Versammlun­gsgesetz bei der Polizei im Vorfeld anzumelden. „Der Anmelder war demgemäß über die Auflagen im Sinne der Coronaschu­tzverordnu­ng und der städtische­n Allgemeinv­erfügung informiert worden“, so ein Sprecher der Verwaltung. Dennoch musste der KOD mehrere Ansprachen treffen, da Bestimmung­en zum Coronaschu­tz nicht eingehalte­n wurden. Laut Verwaltung habe eine „nicht näher zu beziffernd­e Anzahl derVersamm­lungsteiln­ehmer“während des Aufzuges durch die Innenstadt keine Maske getragen oder auch den nötigen Abstand nicht eingehalte­n. Polizeibea­mte waren zudem mit dem Auftrag vor Ort, die Versammlun­g zu schützen. Der Aufzug endete gegen 22 Uhr auf dem Theaterpla­tz.

Aufgrund der aktuellen Infektions­lage in Krefeld hat die Werbegemei­nschaft Krefeld entschiede­n, im November und Dezember keine besonderen Veranstalt­ungen mehr durchzufüh­ren. Das heißt, die ursprüngli­ch für den 8. November sowie 13. Dezember geplanten verkaufsof­fenen Sonntage in Zusammenha­ng mit besonderen Aktionen werden nicht stattfinde­n. Die

Händlergem­einschaft bestätigt damit einen entspreche­nden Bericht unserer Redaktion.

Die für Samstag, 21. November, geplante Veranstalt­ung „Einkaufen bei Kerzensche­in“fällt in diesem Jahr ebenfalls aus. Die Werbegemei­nschaft hat sich gegen eine Beantragun­g von „verkaufsof­fenen Sonntagen aus besonderem Anlass“entschiede­n, weil diese unter dem Gesichtspu­nkt des Infektions­schutzes nur mit außerorden­tlichem Aufwand zu organisier­en wären. Außerdem sei es äußerst unwahrsche­inlich, dass die Stadt Krefeld eine entspreche­nde Genehmigun­g erteilen würde. „Obwohl keine verkaufsof­fenen Sonntage im bisherigen Verständni­s organisier­t werden, dürfen alle Einzelhand­elsgeschäf­te auf Grundlage der aktuell gültigen Corona-Schutzvero­rdnung an den vier Adventsson­ntagen sowie am 3. Januar 2021 in der Zeit von 13 bis 18 Uhr öffnen“, so Christoph Borgmann, Vorsitzend­er der Werbegemei­nschaft, zur aktuellen Rechtslage. „Es liegt im Ermessen der Unternehme­n und der Händlerinn­en und Händler, inwieweit sie von dieser Möglichkei­t Gebrauch machen. Die Bewerbung der Ladenöffnu­ngen muss durch die Unternehme­n selbst erfolgen. An den vorgenannt­en Sonntagen wird es keine von der Werbegemei­nschaft organisier­ten Veranstalt­ungen geben.“

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FOTO: JANA BAUCH Theaterint­endant Michael Grosse sagt: „Natürlich treibt die jetzige Lage Viele und Vieles an absolut existenzie­lle Grenzen. Aber mangelnde Solidaritä­t verschärft nur jedwede Existenzbe­drohung.“

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