Rheinische Post Krefeld Kempen
Thuram – wichtig in vielen Belangen
Gegen Real traf der Franzose doppelt. Doch nicht nur wegen seiner Tore schätzt ihn Marco Rose.
Ob Zinedine Zidane und Lilian Thuram nach dem Champions-League-Spiel von Real Madrid bei Borussia telefoniert haben, ist nicht bekannt.Wenn es so war, wird Zidane, Trainer der „Königlichen“, seinem früheren Teamkameraden in Frankreichs Nationalteam, mit dem er Welt- und Europameister wurde, vielleicht gesagt haben, was er von dessen Sohn Marcus hält, der in Gladbacher als Stürmer angestellt ist. Mindestens sportlich dürfte Zidane eine gute Meinung haben von Thuram junior, obwohl oder gerade weil dieser ihm mit seinen beiden Toren beim 2:2 fast einiges Ungemach eingebrockt hätte. Casemiros Ausgleich in der Nachspielzeit hat zumindest das Schlimmste verhindert.
Thuram jedenfalls war aus Gladbacher Sicht der Mann des Abends. Er war der„Fast-Real-Besieger“und hat als solcher seinen Teil dazu getan, um die Sensation real werden zu lassen. Erst als der 23-Jährige das Feld verlassen hatte, entglitt Gladbach der sicher geglaubte Sieg.
Was ist das für ein Lauf, den der lange Franzose gerade hat: Seit dem Spiel gegen Union Berlin, als er beim 1:1 traf, hat er immer geliefert, in Köln, gegen Wolfsburg und bei Inter Mailand war er im Strafraum nur durch Fouls zu bremsen, in Mainz holte er einen Elfmeter heraus, als sein Schussversuch von einem Mainzer mit dem Arm unrechtmäßig gestoppt wurde. Und nun schoss er die beiden Tore gegen Madrid, das erste mit höchster Präzision beim Abschluss, das zweite staubte er mit dem Gespür und der Coolness eines echten Torjägers ab. In 47 Pflichtspielen war Thuram an 30 Toren beteiligt, 17 hat er selbst erzielt, bei 13 hat er assistiert. Zieht man seine Tore und Toreinleitungen in dieser Saison ab, hätte Borussia bis zu sechs Punkte weniger, vier in der Liga, zwei in der Königsklasse.
„Er ist produktiv, aber nicht nur wegen seiner Tore und der Vorlagen“, sagte Trainer Marco Rose. Er stellte seinem Musterschüler eine ganzheitliches Top-Zeugnis aus. „Er ist nicht nur aufgrund seiner Tore produktiv, sondern auch wegen seiner kompletten Ausstrahlung und der Art und Weise wie er spielt. Er ist immer gefährlich und macht auch große Schritt nach vorn im Spiel gegen den Ball“, sagte Rose. Aber: Thuram ist noch nicht 100 Prozent fit, wegen seiner Verletzungspause verpasste er weite Teile der Vorbereitung. „Sein Spiel ist sehr intensiv und er kann die Sprintintervalle noch nicht über 90 Minuten durchziehen. Darum müssen wir ihn immer wieder rausnehmen“, so Rose.
Wie gegen Real. Und dann fehlte er vorn, als es darum ging, Bälle festzumachen und so die Defensive zu entlasten. Gerade in seiner Abwesenheit zeigt sich, was Thuram auch ausmacht: „Er ist sehr präsent und deswegen ein wichtiger Spieler für uns“, sagte Rose. Thuram ist extrem physisch, hinzu kommt seine Ballfertigkeit und sein Gespür für Situationen. Damit setzte er Madrid zu, damit verschaffte er sich und Borus
sia Respekts-Momente. Und damit wird er auch am Samstag gegen RB Leipzig sehr wichtig sein für Rose.
Denn in Denis Zakaria fehlt einer, der gerade gegen RB immer eine Sonderrolle spielte. Ob beim 2:2 vor drei Jahren als energischer Balleroberer im Vorfeld des Ausgleichstores von Lars Stindl oder in der vergangenen Saison als Abläufer für den superschnellen Timo Werner. Da tut den Borussen Thuram gut mit seiner Art, zu spielen. Er kann beeindrucken, allein schon, wenn er mit seinem mächtigen Körper ins Tempo kommt, und Spieler, die beeindrucken können, sind in Topspielen immer gefragt.
Was Madrid angeht, wird Zidane, wenn er tatsächlich Thuram senior kontaktiert hat, zumindest ein wenig gefeixt haben. Denn der Filius hat in nur zwei Champions-League-Spielen doppelt so viele Tore erzielt wie sein Vater in 67. „Ich wusste bis jetzt gar nicht, dass er überhaupt in der Champions League getroffen hat. Aber das freut mich für ihn“, sagte Thuram junior und lachte.