Rheinische Post Krefeld Kempen
Gladbach-Trainer Rose nun auch als Psychologe gefragt
Dass Borussia nach den Spielen bei Inter Mailand und gegen Real Madrid in der Königsklasse zwei Punkte auf dem Konto hat, war nicht zu erwarten. Die Unentschieden sind Bonuspunkte – wenn man die angenommene Grundkonstellation in dieser Gruppe voraussetzt. Das Problem: Der vermeintlich erste Konkurrent, Schachtar Donezk, hat so gesehen schon vier Bonuspunkte. Ärgerlich ist, dass viel mehr drin war für Borussia. Das belegt die These, dass sich für die Protagonisten beide 2:2-Unentschieden eher enttäuschend anfühlten, weniger als gewonnene Punkte, sondern als verspielte Siege. Zwei Punkte sind es statt vier oder sechs. Im Ergebnissport Fußball sind das Welten.
Das bisherige Fazit der Champions-League-Saison fällt daher zwiespältig aus: Ja, Borussia kann mit den ganz Großen mithalten und ihnen etwas abtrotzen. Das ist aber keine neue Erkenntnis, denn das war auch in den ersten beiden Jahren in der Königsklasse der Fall. In allen sieben Heimspielen führte Borussia, siegte aber nur einmal. Die Gladbacher haben gegen Real das Meiste richtig gemacht, sie waren extrem effektiv und haben lange wenig zugelassen. Wie in Mailand. Und doch war da am Ende der Frust des Kleinen, für den es doch nicht reichte. Borussia fühlte sich wie Mainz am vergangenen Samstag.
Man kann und darf es gegen Real positiv werten, als Underdog überhaupt in die Situation gekommen zu sein, am Sieg zu schnuppern. Doch ist es explizit Borussias erstes Ziel, Fußballspiele zu gewinnen. Das wurde zweimal verpasst.
Das Hauptproblem ist: Späte Gegentore kosteten nicht nur gegen die Topteams der Königsklasse Punkte, sondern auch im Bundesliga-Alltag. Gegen Union Berlin und Wolfsburg wurden ebenfalls vier Punkte verloren, die Borussia gut getan hätten. Es hat daher nichts mit „zu grün“oder „nicht reif“für die Königsklasse zu tun, sondern ist ein Zustand, der generell dringend abgestellt werden sollte. Sonst könnte sich die Sache nachhaltig in den Köpfen festsetzen und zum gefährlichen Spuk werden auf dem Rasen, wenn es eng wird in künftigen Spielen. So weit darf es nicht kommen, denn das könnte gefährlich werden. Trainer Marco Rose ist daher nun als Psychologe gefragt.
KARSTEN KELLERMANN