Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Auswirkungen des Lockdowns
Gastwirte kritisieren die erneuten Schließungen. Die Städte und Gemeinden bündeln Personal für verstärkte Kontrollen der Kontaktbeschränkungen. Und im Kulturbereich werden Alternativen zu Live-Auftritten geprüft.
Restaurants dicht, Festhalle zu, keine touristischen Übernachtungen mehr, das Aus für Amateursportveranstaltungen – die Beschlüsse des Corona-Gipfels von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Länderchefs für den Monat November treffen auch die Menschen im Kreis Viersen – und stoßen durchaus auf Kritik.
„Nach dem ersten Lockdown war es schon schwer; ich habe coronabedingt 30.000 Euro in meine Betriebe stecken müssen“, sagt Helmut Schatten, Chef im Hotel„Stadt Lobberich“in Nettetal-Lobberich und im Lokal „Schattodrom“in Viersener Zentrum. „Mit der zweiten Schließung wird es nun sehr, sehr schwer.“Der Nettetaler ist überzeugt: „50 Prozent der Gastronomie-Betriebe werden eine zweite Schließung nicht überleben.“Ähnliche Existenz-Probleme sieht er für das Schausteller-Gewerbe. „Vielleicht wird es bald keine Kirmes mehr geben“, befürchtet Schatten.
Am 22. März mussten Restaurants, Kneipen und Bars coronabedingt schon einmal schließen, auch Kulturveranstaltungen waren untersagt. Nach rund acht Wochen wurden die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelockert. Schatten hält eine erneute Schließung der Restaurants für„un
„Mit der zweiten Schließung wird es nun sehr, sehr schwer“
Helmut Schatten
Gastronom
gerechtfertigt“: „Gastronomie und Hotellerie sind nicht verantwortlich für die höheren Infektionen: Wir halten Hygiene- und Schutzmaßnahmen ein, führen Kontaktlisten, achten auf Abstände.“Bereits die Sperrstunde bis 23 Uhr, die zu den Vorgaben der Gefährdungsstufe 2 im KreisVieren gehört, habe ihm geschadet.„Wenn um 21 Uhr ein Fußballspiel beginnt, muss ich die Gäste vor der Verlängerung nach Hause schicken. Von denen kommt keiner wieder“, sagt er. Allerdings: Gastronomen sollen drei Viertel der Einnahmeausfälle im November erstattet bekommen – orientiert an den Umsatzzahlen im November 2019.
Die Bürgermeister im Westkreis bereiteten sich am Mittwochabend darauf vor, die neuen Vorgaben umzusetzen. Für Schwalmtal kündigte Bürgermeister Michael Pesch (CDU) „stärkere Kontrollen durch das Ordnungsamt „ an. Dies plant auch Frank Gellen (CDU), Bürgermeister von Brüggen. „Da wir bereits die Kulturveranstaltungen bis Ende des Jahres abgesagt haben, haben wir freie Personalkapazitäten im Bereich Wirtschaftsförderung und Tourismus.“Diese würden neben anderen Mitarbeitern in einem Personal-Pool zusammengefasst, der dann die erhöhten Kontrollen umsetzt.
Zudem könne man die weitere Entwicklung nur abwarten und schauen, was in der neuen Coronaschutzverordnung des Landes NRW stehen werde. „Wir müssen abwarten und darauf reagieren“, sagt Gellen. Das gelte beispielsweise auch für die Idee eines Glühwein-Wanderwegs statt des üblichen Weihnachtsmarktes in Brüggen.
Die Stadt Viersen hatte im Oktober ihre flexible Spielzeit in der Viersener Festhalle eröffnet, um genau für solch’ einen erneuten Lockdown gewappnet zu sein. „Jetzt sind wir gehalten, die geplanten Kulturveranstaltungen im November abzusagen“, sagt die zuständige Beigeordnete Çigdem Bern. Betroffen ist beispielsweise ein Auftritt von Helge Schneider, und auch das sechstägige Kinder- und Jugendtheaterfestival „Spielarten“, das am 1. November mit „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“eröffnet werden sollte, wird nicht über sechs Tage laufen können. „Wir sind über die Entwicklung unglücklich, sind aber gleichzeitig auch froh, durch unsere flexible Spielzeitplanung zumindest auf Kulturveranstaltungen zurückblicken zu können, die im Oktober stattfinden konnten“, sagt Bern. Sollten wieder Lockerungen im Kulturbereich möglich sein, könne die Stadt Viersen durch die Flexibilisierung wieder da ansetzen, wo sie aufgehört habe. Bern: „So sehr ich das auch persönlich bedauere, ist jetzt angezeigt, mitzuwirken, die Infektionsketten zu unterbrechen.“Auch beim Kreis Viersen werden Veranstaltungen ausfallen, kündigte Sprecherin Anja Kühne an. So soll die Abendführung durchs Museum Dorenburg an Halloween entfallen, auch das museumspädagogische Familienprogramm finde im November nicht statt. Noch nicht aufgeben will der Kreis den Instrumententag der Kreismusikschule und den geplanten Weihnachtsmarkt im Freilichtmuseum. „Hier prüfen wir, ob sie wegen ihres Hygienekonzepts vielleicht doch stattfinden können“, so Kühne. Und die Stadt Nettetal überlegt, ob sie bei geplanten Kulturveranstaltungen im November auf Alternativen zugreift. Dazu könnten digitale Übertragungen gehören, sagt Stadtsprecher Jan van der Velden. „Dies ist beim ersten Lockdown sehr gut angenommen worden.“