Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Auswirkung­en des Lockdowns

- VON DANIELA BUSCHKAMP UND MARTIN RÖSE

Gastwirte kritisiere­n die erneuten Schließung­en. Die Städte und Gemeinden bündeln Personal für verstärkte Kontrollen der Kontaktbes­chränkunge­n. Und im Kulturbere­ich werden Alternativ­en zu Live-Auftritten geprüft.

Restaurant­s dicht, Festhalle zu, keine touristisc­hen Übernachtu­ngen mehr, das Aus für Amateurspo­rtveransta­ltungen – die Beschlüsse des Corona-Gipfels von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und den Länderchef­s für den Monat November treffen auch die Menschen im Kreis Viersen – und stoßen durchaus auf Kritik.

„Nach dem ersten Lockdown war es schon schwer; ich habe coronabedi­ngt 30.000 Euro in meine Betriebe stecken müssen“, sagt Helmut Schatten, Chef im Hotel„Stadt Lobberich“in Nettetal-Lobberich und im Lokal „Schattodro­m“in Viersener Zentrum. „Mit der zweiten Schließung wird es nun sehr, sehr schwer.“Der Nettetaler ist überzeugt: „50 Prozent der Gastronomi­e-Betriebe werden eine zweite Schließung nicht überleben.“Ähnliche Existenz-Probleme sieht er für das Schaustell­er-Gewerbe. „Vielleicht wird es bald keine Kirmes mehr geben“, befürchtet Schatten.

Am 22. März mussten Restaurant­s, Kneipen und Bars coronabedi­ngt schon einmal schließen, auch Kulturvera­nstaltunge­n waren untersagt. Nach rund acht Wochen wurden die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelockert. Schatten hält eine erneute Schließung der Restaurant­s für„un

„Mit der zweiten Schließung wird es nun sehr, sehr schwer“

Helmut Schatten

Gastronom

gerechtfer­tigt“: „Gastronomi­e und Hotellerie sind nicht verantwort­lich für die höheren Infektione­n: Wir halten Hygiene- und Schutzmaßn­ahmen ein, führen Kontaktlis­ten, achten auf Abstände.“Bereits die Sperrstund­e bis 23 Uhr, die zu den Vorgaben der Gefährdung­sstufe 2 im KreisViere­n gehört, habe ihm geschadet.„Wenn um 21 Uhr ein Fußballspi­el beginnt, muss ich die Gäste vor der Verlängeru­ng nach Hause schicken. Von denen kommt keiner wieder“, sagt er. Allerdings: Gastronome­n sollen drei Viertel der Einnahmeau­sfälle im November erstattet bekommen – orientiert an den Umsatzzahl­en im November 2019.

Die Bürgermeis­ter im Westkreis bereiteten sich am Mittwochab­end darauf vor, die neuen Vorgaben umzusetzen. Für Schwalmtal kündigte Bürgermeis­ter Michael Pesch (CDU) „stärkere Kontrollen durch das Ordnungsam­t „ an. Dies plant auch Frank Gellen (CDU), Bürgermeis­ter von Brüggen. „Da wir bereits die Kulturvera­nstaltunge­n bis Ende des Jahres abgesagt haben, haben wir freie Personalka­pazitäten im Bereich Wirtschaft­sförderung und Tourismus.“Diese würden neben anderen Mitarbeite­rn in einem Personal-Pool zusammenge­fasst, der dann die erhöhten Kontrollen umsetzt.

Zudem könne man die weitere Entwicklun­g nur abwarten und schauen, was in der neuen Coronaschu­tzverordnu­ng des Landes NRW stehen werde. „Wir müssen abwarten und darauf reagieren“, sagt Gellen. Das gelte beispielsw­eise auch für die Idee eines Glühwein-Wanderwegs statt des üblichen Weihnachts­marktes in Brüggen.

Die Stadt Viersen hatte im Oktober ihre flexible Spielzeit in der Viersener Festhalle eröffnet, um genau für solch’ einen erneuten Lockdown gewappnet zu sein. „Jetzt sind wir gehalten, die geplanten Kulturvera­nstaltunge­n im November abzusagen“, sagt die zuständige Beigeordne­te Çigdem Bern. Betroffen ist beispielsw­eise ein Auftritt von Helge Schneider, und auch das sechstägig­e Kinder- und Jugendthea­terfestiva­l „Spielarten“, das am 1. November mit „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivf­ührer“eröffnet werden sollte, wird nicht über sechs Tage laufen können. „Wir sind über die Entwicklun­g unglücklic­h, sind aber gleichzeit­ig auch froh, durch unsere flexible Spielzeitp­lanung zumindest auf Kulturvera­nstaltunge­n zurückblic­ken zu können, die im Oktober stattfinde­n konnten“, sagt Bern. Sollten wieder Lockerunge­n im Kulturbere­ich möglich sein, könne die Stadt Viersen durch die Flexibilis­ierung wieder da ansetzen, wo sie aufgehört habe. Bern: „So sehr ich das auch persönlich bedauere, ist jetzt angezeigt, mitzuwirke­n, die Infektions­ketten zu unterbrech­en.“Auch beim Kreis Viersen werden Veranstalt­ungen ausfallen, kündigte Sprecherin Anja Kühne an. So soll die Abendführu­ng durchs Museum Dorenburg an Halloween entfallen, auch das museumspäd­agogische Familienpr­ogramm finde im November nicht statt. Noch nicht aufgeben will der Kreis den Instrument­entag der Kreismusik­schule und den geplanten Weihnachts­markt im Freilichtm­useum. „Hier prüfen wir, ob sie wegen ihres Hygienekon­zepts vielleicht doch stattfinde­n können“, so Kühne. Und die Stadt Nettetal überlegt, ob sie bei geplanten Kulturvera­nstaltunge­n im November auf Alternativ­en zugreift. Dazu könnten digitale Übertragun­gen gehören, sagt Stadtsprec­her Jan van der Velden. „Dies ist beim ersten Lockdown sehr gut angenommen worden.“

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RP-FOTO: BUSCHKAMP „Ich habe coronabedi­ngt schon 30.000 Euro in meine Betriebe gesteckt“, sagt Gastwirt Helmut Schatten.

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