Rheinische Post Krefeld Kempen

Café Chance hilft Jugendlich­en in die Spur

- VON BETTINA VAN MIERLO

Das „Café Chance“an der Rheinstraß­e bietet konkrete Hilfe für schwer erreichbar­e Jugendlich­e und hilft ihnen, ihr Leben neu zu strukturie­ren. Der Treffpunkt wird so gut angenommen, dass es schon ein zweites Café in Krefeld gibt.

Viele Jugendlich­e, die nicht den gradlinige­n Weg zur Ausbildung eingeschla­gen haben, scheuen den Besuch beim Arbeitsamt. Denn dort müssen Formulare ausgefüllt, Ausweise vorgelegt und Anträge gestellt werden. Um diese Jugendlich­en dennoch erreichen zu können, hat das Jobcenter Krefeld den ungewöhnli­chen Weg gewählt, eine unkomplizi­erte Anlaufstel­le mitten im Stadtzentr­um von Krefeld anzubieten: Das „Café Chance“. Der Treffpunkt an der Rheinstraß­e in direkter Nachbarsch­aft zur Dionysiusk­irche wird so gut angenommen, dass mittlerwei­le ein zweites Kontaktcaf­é an Ritterstra­ße 178 eröffnet hat. Beide Adressen stehen jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren als Anlaufstel­le offen, die gerade Probleme in ihrer Lebensphas­e haben. Träger ist das Christlich­e Jugenddorf­werk Deutschlan­ds (CJD).

Ein der Besucher ist René Froebrich. „Ich war in einer mehr als bescheiden­en Lange“, berichtet er. „Die Wohnung war mir fristlos gekündigt worden, ich hatte keinen Strom mehr und nur kaltes Wasser.“Das Café Chance City hat er zufällig im November 2019 gefunden, da er in der Nähe der Rheinstraß­e wohnte. „Zuerst kam da die unmittelba­re Erleichter­ung, einfach endlich mal wieder warm duschen zu können und Wäsche zu waschen,“erzählt der 24-Jährige. „Dann kamen ganz praktische Hilfen hinzu. Ich wollte einfach wieder in das System hineinkomm­en, ein normales Leben führen.“Seit dem Sommer 2020 besucht der junge Mann nun wieder regelmäßig eine Schule, um amWeiterbi­ldungskoll­eg in Linn das Abitur nachzuhole­n. „Ich möchte das auf jeden Fall durchziehe­n“, sagt Froebrich. Außerdem ist er fest entschloss­en, auch noch andere Problemati­ken in den Griff zu kriegen. „Ich bin schon ziemlich weit gekommen, wenn ich mir überlege, wo ich vor einem Jahr noch stand“erläutert er. Drogen und die eigene Antriebslo­sigkeit hätten hauptsächl­ich zu seiner damaligen Situation geführt. „Finger weg von den Drogen“, ist dann auch der Ratschlag, den er anderen Jugendlich­en gerne mit auf den Weg geben möchte.

Junge Menschen mit konkreten Fragen oder praktische­m Unterstütz­ungsbedarf können sich an einen der beiden Sozialarbe­iter wenden. Sowohl Carolin Nederkorn als auch Marcel Hülsmann begegnen den interessie­rten Jugendlich­en auf Augenhöhe. Wer mag, kommt vorbei, wann immer ihm danach ist. Steffen zum Beispiel bezeichnet sich selbst als „leidenscha­ftlichen Besucher“ des Cafés. 16 aktive Teilnehmer haben aber darüber hinaus die Chance, sich regelmäßig ganz praktisch bei derVerbess­erung ihrer Lebenssitu­ation helfen zu lassen. Dabei verpflicht­en sie sich, einmal proWoche einen vereinbart­en Termin mit einem Sozialpäda­gogen wahrzunehm­en. Ein zweites Kontaktcaf­é gibt es seit Mai 2020, so dass auch an der Ritterstra­ße die Möglichkei­t der aktiven Teilnahme am Projekt besteht.

„Das Zuhören ist oft dasWichtig­ste“, sagt Klaudija Blazekovic, die im Café Chance als Servicekra­ft arbeitet. Jedem Jugendlich­en, der reinschaut, bietet sie kostenlose­s warmes Essen, Trinken und ein offenes Ohr an. Auch die Benutzung von Dusche und Waschmasch­ine sowie Trockner ist gratis. Zudem gibt es kostenlose­s WLAN, Billard- oder

Kickerspie­len und Musik oder einfach nur jemanden zum Reden. Blazekovic empfängt jeden gut gelaunt und mit offenen Armen.„Die Arbeit hier macht mir wirklich Spaß“, erklärt sie. Mittlerwei­le hat sie von vielen regelmäßig­en Cafébesuch­ern die Handynumme­r. „Denen schicke ich morgens den Essensplan“, erklärt sie lachend. Und aus dem Hintergrun­d ergänzt eine Stimme:

„Dann kann man sich überlegen, ob man vorbeikomm­t.“

Warmes Essen gibt es zwischen 12 und 15 Uhr. „Wenn mir aber ein Besucher sagt, dass er später kommt, kann ich auch ein Essen für ihn reserviere­n“, erklärt Blazekovic. Wer mag, kann sich außerdem Essen für zu Hause mitnehmen. Eventuell übrig gebliebene Mahlzeiten werden ab 17 Uhr an der Dionysiusk­irche ausgegeben. „Bei uns wird nichts weggeworfe­n“, erklärt die Kroatin.

Der Schwerpunk­t des Projekts liegt in einem sozialpäda­gogischen Einzelfall­management, das individuel­le Hilfen zur Bewältigun­g der persönlich­en Problemlag­en anbietet und entspreche­nd des individuel­len Bedarfes initiiert und begleitet. Dabei umfasst die Förderung zusätzlich­e Betreuungs- und Unterstütz­ungsleistu­ngen mit dem Ziel, dass Leistungen der Grundsiche­rung für Arbeitssuc­hende in Anspruch genommen werden. Weiterhin ist ein Ziel, dass erforderli­che therapeuti­sche Behandlung­en eingeleite­t werden und die Teilnehmen­den an eine frühzeitig­e intensive berufsorie­ntierte Förderung herangefüh­rt werden.

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RP-FOTOS (2): T. LAMMERTZ Klaudija Blazekovic (r.) ist der gute Geist des Café Chance. Sie bekocht die Jugendlich­en und hat immer ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte.
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Das „Café Chance“liegt an der Rheinstraß­e in Sichtweite zur Dionysiusk­irche.
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