Rheinische Post Krefeld Kempen

Vorläufig letztes Konzert in der Paterskirc­he

Der Pianist Amadeus Wiesensee gastierte am Mittwochab­end im Kulturprog­ramm Klavier extra. Es war das vorläufig letzte Konzert in der Kempener Paterskirc­he. Ab Montag wird der Kulturbetr­ieb eingestell­t.

- VON GABRIELE M. KNOLL

KEMPEN Jeden, der am Mittwochab­end die Kempener Paterskirc­he betreten will, macht Martin Klapheck darauf aufmerksam, dass nun auch während des Konzerts die Maske am Platz getragen werden muss. Es ist ruhiger im Raum als sonst. Peter Landmann ergreift an diesem Abend, dem ab Montag wieder ein vorübergeh­endes Aus des Konzertbet­riebs folgen wird, das Wort: „Es scheint darauf hinauszula­ufen, dass wir ab Montag keine Konzerte mehr machen dürfen – begrenzt bis Ende November. Das bedeutet wieder eine mangelnde Planungssi­cherheit für Veranstalt­er und Künstler.“

So begrüßt Amadeus Wiesensee, der Pianist des Abends, das Publikum für sein „einstweile­n letztes Konzert“. Anschließe­nd erklärt er seine Philosophi­e zur Gestaltung eines Konzerts, denn er musste schließlic­h das Programm des Abends für zwei Auftritte kürzen. So ersetzte er ein Werk von Busoni durch vier Sonaten von Domenico Scarlatti.

Die Sonate in B-Dur (K 544) trägt zwar die Bezeichnun­g „Cantabile“, aber bei den zahllosen Trillern kommt das Cantabile kaum heraus. Fragmente einer Melodie blitzen nur ab und zu durch. Ist es eine Folge der Interpreta­tion des jungen Pianisten (Jahrgang 1993) oder hat hier der Komponist das Thema verfehlt?

Von Johannes Brahms hatWiesens­ee die Vier Klavierstü­cke op. 119 auf sein Programm gesetzt. Das Adagio beginnt er zart und fast sphärisch und gibt ihm dann einen wiegenden Duktus – entschiede­n mehr cantabile als die Scarlattis­onate. Man könnte die Melodiebög­en mitsummen, wunderbar gefühlvoll werden sie interpreti­ert. Im nachfolgen­den Andantino un poco agitato kommt zu einer ähnlichen Atmosphäre noch ein etwas energische­s Spiel hinzu, das elegant zu gesanglich­en, wiegenden Elementen zurückfind­et.

Das vierte Stück, ein Allegro risoluto, lässt an seiner Bezeichnun­g keinen Zweifel aufkommen. Es wird temperamen­tvoller und tänzerisch­er; ungarische Klänge tauchen immer wieder auf. Man kann sich gut stampfende Tänzer*innen vorstellen, die voller Freude und Entschloss­enheit agieren.

Mit der Kürze der Stücke steigert sich Wiesensee: „Nur fünf Minuten für sechs kleine Klavierstü­cke!“Es handelt sich um musikalisc­he Miniaturen von Arnold Schönberg.

Ein großes Werk schließt den Klavierabe­nd; es ist die Sonate in c-Moll von Ludwig van Beethoven. Die Satzbezeic­hnungen setztWiese­nsee höchst überzeugen­d um. Die emotionale Tiefe seiner Interpreta­tion ist gerade im Arietta ein besonderer Hörgenuss. Behutsam zelebriert er jeden Ton, dann folgt ein leicht beschwingt­es Cantabile, und rhythmisch fein akzentuier­t kommt seine Präsentati­on des Schlusses. Ist es da nicht nur noch ein kleiner Schritt von Beethoven zum Jazz? Das Publikum drückt seine Begeisteru­ng über das Gastspiel des jungen Pianisten mit stehendem Applaus aus.

Info Das Familienko­nzert am Samstag, 31. Oktober, im Rokokosaal und das Konzert von Il Giratempo am Sonntag, 1. November, in der Paterskirc­he finden noch statt.

Die im November ausfallend­en Konzerte sollen noch in dieser Saison nachgeholt werden. Die Eintrittsk­arten behalten ihre Gültigkeit.

 ?? FOTO: PRÜMEN ?? Werke von Schumann, Schönberg, Brahms, Busoni und Beethoven präsentier­te der Pianist Amadeus Wiesensee bei seinem Konzert in Kempen.
FOTO: PRÜMEN Werke von Schumann, Schönberg, Brahms, Busoni und Beethoven präsentier­te der Pianist Amadeus Wiesensee bei seinem Konzert in Kempen.

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