Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein Dorf unter Schock
Die Betroffenheit im Kempener Ortsteil St. Hubert am Tag nach dem schweren Verkehrsunfall mit einem Toten und drei Schwerverletzten ist groß. Die Unfallopfer stammen aus dem Ort. Sie sind laut Polizei außer Lebensgefahr.
Der hellbraune Teddybär hängt an einem Verkehrsschild, direkt an der Unfallstelle auf der Landstraße zwischen St. Hubert und Tönisberg. „Er soll andere Fahrer ermahnen, dass sie langsamer fahren sollen und dass hier etwas Schlimmes passiert ist“, sagt Sandra Ochsendorf sichtlich ergriffen. Sie selbst wohnt im Ort und hat eine Kerze, Blumen und ein Kreuz für den getöteten Jungen aufgestellt. „Ich kenne die Familie nicht, aber das spielt für mich auch keine Rolle“, sagt die dreifache Mutter. Sie trauert um den Jungen und gedenkt der Verletzten.
Im beschaulichen Ortskern, der etwa einen Kilometer von der Unfallstelle entfernt liegt, machen die Menschen ihre Wochenendeinkäufe. Der Parkplatz auf dem Marktplatz steht voll mit Autos. Corona hat Pause, denn alle bewegt nur ein Thema: „Der schlimme Verkehrsunfall gestern Abend“, sagt eine Bäckereifachverkäuferin am Freitagvormittag. Sie selbst kennt den Unfallfahrer gut, wie sie sagt. Ihre Gedanken kreisen gerade viel um den 30 Jahre alten Autofahrer, der den schweren Verkehrsunfall mit seinem Wagen am Donnerstagnachmittag verursacht hat. Er stammt aus dem Ort. Auch an das getötete Kind muss die Frau viel denken. „Das ist hier ein kleines Dorf, man kennt sich, das ist sehr dramatisch, er ist selbst vor einigen Monaten Vater geworden“, sagt die junge Frau.
Die Menschen aus St. Hubert empfinden tiefe Anteilnahme, sowohl für die Familie des ums Leben gekommenen Kindes, aber auch für den Fahrer und dessen Familie.„Ich kenne seine Eltern sehr gut, das ist alles ein Schock, das muss man erstmal verarbeiten“, sagt ein Bekannter der Familie.
Derweil untersucht die Polizei, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Die 39-jährige Mutter des zwölfjährigen Jungen, der ums Leben kam, wurde schwer verletzt, ebenfalls ein 24-Jähriger; ein zweijähriger Junge, der im Kinderwagen saß, erlitt leichte Verletzungen. Sowohl die 39-Jährige als auch der 24-Jährige konnten noch nicht von der Polizei befragt werden.
Derzeit gebe es keine Hinweise darauf, dass der 30-jährige Fahrer vorsätzlich in die Gruppe gefahren sei, sagt Polizeisprecherin Antje Heymanns auf Anfrage. Das Fahrzeug werde jetzt untersucht, Sachverständige sind beauftragt, doch auch die Opfer müssen zunächst befragt werden, so die Kriminalhauptkommissarin Heymanns. Ob die Gruppe zusammengehörte, stehe derzeit noch nicht fest.
Die Unfallstelle auf der Tönisberger Straße befindet sich in einer lang gezogenen Rechtskurve an einem Waldstück im Bereich des Naturschutzgebietes Schadbruch. Sie ist unbeleuchtet. Tempo 100 ist hier erlaubt. Hier war der Fahrer gegen 16.40 Uhr mit seinemWagen von der regennassen Fahrbahn abgekommen. Sein Auto schleuderte über den Fuß- und Radweg auf ein Feld, wo es stehen blieb.
Notfallseelsorger kümmerten sich nach dem tödlichen Unfall am Donnerstag um dieVerletzten sowie um die Einsatzkräfte. Der Unfallort liegt zwischen den Kempener Stadtteilen St. Hubert und Tönisberg, ist die Hauptverbindung. Der kombinierte Geh- und Radweg wird selten von Fußgängern benutzt. Warum die Gruppe bei regnerischem Wetter dort unterwegs war, woher die Fußgänger kamen und wo sie hinwollten, auch das müssen die weiteren Ermittlungen der Polizei ergeben.
Der Unfallfahrer soll einmal Mitglied im örtlichen Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr gewesen sein, heißt es. Das erklärt, warum die Rettungskräfte, darunter auch Mitglieder des St. Huberter Löschzuges, am Donnerstagnachmittag besonders betroffen und teilweise geschockt waren.