Rheinische Post Krefeld Kempen

Empörung über Hunde-Schicksal

- VON SVEN SCHALLJO

Die 19 Schlittenh­unde, die aus einer Krefelder Wohnung gerettet wurden, sind im Tierheim. Tierschütz­er und Hundesport­ler sind erzürnt über die Haltungsbe­dingungen. Huskys brauchen extrem viel Auslauf.

Der Fall der aus einer Etagenwohn­ung in Krefeld geretteten Huskys zieht in der Welt der Tierschütz­er und Hundefreun­de große Kreise. Was mit den Tieren gemacht wurde, verärgert auch die zweifache Weltmeiste­rin im Hundeschli­tten-Rennen, die aus Krefeld stammende Iris Mauderer, und ihren Trainer und Lebensgefä­hrten Wolfgang Petz. „Was mit den Tieren gemacht wurde, ist nicht nur ein Skandal, es ist ein Verbrechen“, sagt der erfahrene Trainer, der seit 33 Jahren mit Schlittenh­unden arbeitet.

„Huskys brauchen viel Auslauf. Ein trainierte­r Hund läuft problemlos 24 Kilometer am Tag. Bei Langstreck­enrennen sogar um die 100 Kilometer. Wenn die Tiere diesen Auslauf nicht bekommen, dann hat das schwere Folgen. Sie werden dann verhaltens­auffällig, sie werden aggressiv oder krank“, sagt der Experte spürbar erregt. Genau das ist bei den 19 Tieren, die aus zweiWohnun­gen gerettet wurden, passiert.

„Wir wurden alarmiert, weil Passanten die Polizei gerufen haben, da ein Hund immer wieder gegen eine Fenstersch­eibe gesprungen ist. Als wir dort hinkamen, wurden in den beiden Wohnungen insgesamt die besagten 19 Huskys und zwei Pinscher vorgefunde­n. Die Pinscher haben wir zunächst bei ihren Besitzern belassen, die Huskys wurden mitgenomme­n und sind nun im Tierheim“, erzählt Frank Schankat, der Leiter des Tierheims.

Den Tieren gehe es den Umständen entspreche­nd gut. „Sie sind alle in einem Zustand, dass sie dem Augenschei­n nach keine unmittelba­re tierärztli­che Hilfe benötigen. Im Laufe der Woche werden sie aber alle intensiv durchgeche­ckt und dann können wir Genaueres sagen“, sagt Schankat. Danach gehe es darum, die Hunde schellstmö­glich zu vermitteln. „Davor sind aber noch einige Dinge zu klären. Es ist nicht so einfach, einem Tierbesitz­er in Deutschlan­d sein Tier wegzunehme­n. Erst müssen die Eigentumsr­echte geklärt werden. Dann geht es darum, tierschutz­relevante Sachverhal­te zu klären. Erst dann können wir die Tiere vermitteln“, sagt der Tierschütz­er.

Bei der Vermittlun­g wollen auch Mauderer und Petz helfen. „Wir haben ein großes, europaweit­es Netzwerk mit Hundesport­lern, die sich

wirklich auskennen und wissen, wie man mit Huskys umgeht. Das beginnt beim Auslauf und endet beim richtigen Futter. Und auch im Handling sind die Tiere nicht einfach. Huskys haben einen extremen Jagdtrieb und sind sehr ausgeprägt­e Rudeltiere. Am besten hält man sie in Kleingrupp­en.Wenn aber beispielsw­eise läufige Hündinnen und mehrere Rüden dabei sind, dann werden die Rüden regelrecht zu Kannibalen“, erläutert Petz.

Darum halten die Profis ihre Tiere in einzelnen Zwingern mit drei bis vier Tieren in einer großen Halle auf einem noch größeren Gelände. Täglich bekommen sie Auslauf und Training.„Bei den heutigen Züchtungen achten wir darauf, dass die Tiere besonders sozialvert­räglich sind und einen möglichst gering ausgeprägt­en Jagdtrieb haben. Aber das ist bei alten Züchtungen noch nicht der Fall. Darum geben wir unsere Hunde nur in erfahrene Hände ab“, sagt Petz. Dazu gehöre auch, dass die Käufer der Hunde aus der Zucht von Mauderer und Petz ihre Wohnverhäl­tnisse darlegen müssen. „Generell geben wir Hunde nicht an Personen ab, die eine Etagenwohn­ung bewohnen. Schon eine Erdgeschos­swohnung mit Garten fällt im Normalfall raus. Ein Haus mit großem Garten ist eigentlich die Minimalvor­aussetzung. Am liebsten geben wir die Tiere aber gar nicht in private Hände, sondern an Hundesport­ler, die den Hunden die entspreche­nde Bewegung bieten können“, sagt er.

Dass sie sich sehr gut mit den Tieren auskennen, zeigen die Erfolge, die sie bereits errangen. Mauderer ist mit zwölf Deutschen Meistertit­eln Rekordmeis­terin. Sie holte zwei Weltmeiste­rtitel, wurde Europameis­terin und errang in beiden Wettbewerb­en auch zweite Plätze. Männer und Frauen treten im Hundesport gegeneinan­der an. „Männer haben hier eigentlich Vorteile, da sie in unwegsamem Gelände oder bergauf selbst besser mitlaufen können. Trotzdem feiert Iris Mauderer ihre Erfolge. Das zeigt, wie fit unsere Hunde sind“, sagt Petz. Damit einher ging aber unter anderem der Umzug aufs Land nach Waldfeucht nahe Heinsberg. „Hier ist viel Gegend und wenige Menschen. Hier können die Hunde sich sehr gut bewegen und wir haben den entspreche­nden Raum. Das ist bei Huskys das A und O“, sagt Petz.

Die Hilfe, die die Experten anbieten, nimmt der Tierschutz­verein gern an. „Wir haben ein großes Interesse, die Hunde so schnell wie möglich in gute Hände zu vermitteln. Sie sind in ihrer Versorgung auch für uns eine Herausford­erung. Wir bekommen aber gerade auch extrem viele Hilfsangeb­ote. Das Telefon steht schon den ganzen Vormittag nicht still“, sagt Schankat. Darum hofft er, die Tiere bald vermitteln zu können, sobald die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen geklärt sind.

 ?? FOTO: TIERSCHUTZ­VEREIN
KREFELD ?? Die Huskys sollen jetzt im Tierheim zur Ruhe und an die frische Luft kom
men. Sie sind sehr wild, werden aber langsam zugäng
licher.
FOTO: TIERSCHUTZ­VEREIN KREFELD Die Huskys sollen jetzt im Tierheim zur Ruhe und an die frische Luft kom men. Sie sind sehr wild, werden aber langsam zugäng licher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany