Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein Tiefschlag für Laschet
ANALYSE
Tilman Kuban, der Vorsitzende der Jungen Union, hat ein Mikrofon in der Hand, in das er nicht sprechen kann, weil es nur eine Attrappe ist. Genauer gesagt, ist es ein Siegerpokal. Es steht symbolisch für eine Stimme, mit der die Parteijugend bei der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden sprechen will: Friedrich Merz – „die Stimme der JU 2020“.
Das ist jedenfalls das Ergebnis der Mitgliederbefragung der Jungen Union, das Kuban am Dienstag in Berlin bekannt gab. 51,9 Prozent empfehlen demnach die Wahl des einstigen Fraktionsvorsitzenden der Union im Bundestag zum Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer, der Merz beim Parteitag im Dezember 2018 knapp unterlegen war. Nun auf Anhieb absolute Mehrheit – auch wenn es sich nur um eine nicht bindendeWillensbekundung von nur 20 Prozent der stimmberechtigen JU-Mitglieder handelt und die für Mitte Januar geplante Vorstandswahl geheim ist. Also keine Vorentscheidung, aber ein Stimmungstest.
Friedrich Merz ist zufrieden. Er dankt beim Kurznachrichtendienst Twitter herzlich „für dieses großartige Ergebnis“. Er freue sich besonders über die starke Unterstützung der jungen Generation. Die Junge Union gilt seit jeher als konservativ. Helmut Kohl war ihr Idol, Angela Merkel für sie immer eher nur eine mächtige Frau. Merz-Konkurrent Norbert Röttgen twittert auch: „28 Prozent bei der JU-Mitgliederbefragung sind ein starkes Ergebnis“, schreibt er. Der CDU-Außenexperte und frühere Bundesumweltminister ist für viele überraschend auf Platz zwei gekommen. Das zeige, meint er: „In der JU wollen viele die Modernisierung der CDU und dabei mitmachen.“Er trete dafür ein, dass die CDU jünger, weiblicher und digitaler werde.
Der dritte Kandidat auf der Liste, der nordrhein-westfälische Minister
Sozialdemokrat oder Liberaler in Nordrhein-Westfalen zu sein, ist zurzeit nicht ganz einfach. Die SPD im Bund hat die Corona-Beschlüsse zum „Lockdown light“als Regierungspartei mit ausgearbeitet. In Nordrhein-Westfalen aber muss sie als Oppositionspartei die Schwachpunkte dieser Maßnahmen offenlegen und eben gerade das angreifen, was sie in Berlin vertritt.
Umgekehrt verhält es sich bei der
FDP. Als Oppositionspartei im Bund greift sie die Corona-Regeln frontal an. FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte die Bürger gar auf, gegen die Verordnungen zu klagen. In Nordrhein-Westfalen hingegen, wo die Lipräsident Armin Laschet, meldet sich zu dem Zeitpunkt ebenfalls auf Twitter. Allerdings mit der Weitergabe eines Statements des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz zum Terroranschlag am Montagabend in Wien. Laschet hat bei der Mitgliederbefragung der Jungen Union lediglich 20 Prozent erreicht. Platz drei. Das ist alles andere als ein Schub für den 59-Jährigen, der als einziger der drei Kandidaten Regierungsverantwortung hat. Seine Botschaft auf Twitter könnte man so lesen: Der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslands beschäftigt sich mit Krisen in der Welt, dem Terror im Nachbarland, mit den Corona-Maßnahmen zu Hause sowieso. JU-Befragungen müssen da – zumindest zu diesem Zeitpunkt – hintanstehen. Tilman Kuban begründet, warum Merz bei der CDU-Nachwuchsorganisation so beliebt sei: Der bald 65-Jährige richte den Fokus auf Generationengerechtigkeit, auf die Finanzierung der Renten, die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft aus ökologischer Sicht. Und auch für Norbert Röttgens zweiten Platz hat er eine Begründung: Röttgen habe ein klares europapolitisches Profil, das bei der JU gut ankomme. Ihm werde hohe Kompetenz zugemessen.
Und warum genau ist Armin Laschet dann nur auf Platz drei gekommen? „Reine Mutmaßung“, antwortet Kuban. Welche? Sagt er nicht. Er wolle jetzt für Merz werben, weil er sich persönlich an das JU-Votum gebunden fühle. Er werde aber nicht gegen jemanden werben. Laschet halte er für einen „hervorragenden Ministerpräsidenten“.
Später verlautet aus der Jungen Union, Röttgens Erfolg sei schon eine „kleine Bombe“. Der 55-Jährige werde als „frisches Gesicht“wahrgenommen, weil sich viele gar nicht mehr daran erinnern könnten, dass er 2010 gegen Laschet im Kampf um den nordrhein-westfälischen Landesvorsitz gewonnen, dann aber die Landtagswahl 2012 vergeigt und sich außerdem noch
Die Abstimmung ist keine Vorentscheidung, aber ein Stimmungstest für den Parteitag
der CDU