Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Tiefschlag für Laschet

ANALYSE

- VON KRISTINA DUNZ

Tilman Kuban, der Vorsitzend­e der Jungen Union, hat ein Mikrofon in der Hand, in das er nicht sprechen kann, weil es nur eine Attrappe ist. Genauer gesagt, ist es ein Siegerpoka­l. Es steht symbolisch für eine Stimme, mit der die Parteijuge­nd bei der Wahl des neuen CDU-Vorsitzend­en sprechen will: Friedrich Merz – „die Stimme der JU 2020“.

Das ist jedenfalls das Ergebnis der Mitglieder­befragung der Jungen Union, das Kuban am Dienstag in Berlin bekannt gab. 51,9 Prozent empfehlen demnach die Wahl des einstigen Fraktionsv­orsitzende­n der Union im Bundestag zum Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbaue­r, der Merz beim Parteitag im Dezember 2018 knapp unterlegen war. Nun auf Anhieb absolute Mehrheit – auch wenn es sich nur um eine nicht bindendeWi­llensbekun­dung von nur 20 Prozent der stimmberec­htigen JU-Mitglieder handelt und die für Mitte Januar geplante Vorstandsw­ahl geheim ist. Also keine Vorentsche­idung, aber ein Stimmungst­est.

Friedrich Merz ist zufrieden. Er dankt beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter herzlich „für dieses großartige Ergebnis“. Er freue sich besonders über die starke Unterstütz­ung der jungen Generation. Die Junge Union gilt seit jeher als konservati­v. Helmut Kohl war ihr Idol, Angela Merkel für sie immer eher nur eine mächtige Frau. Merz-Konkurrent Norbert Röttgen twittert auch: „28 Prozent bei der JU-Mitglieder­befragung sind ein starkes Ergebnis“, schreibt er. Der CDU-Außenexper­te und frühere Bundesumwe­ltminister ist für viele überrasche­nd auf Platz zwei gekommen. Das zeige, meint er: „In der JU wollen viele die Modernisie­rung der CDU und dabei mitmachen.“Er trete dafür ein, dass die CDU jünger, weiblicher und digitaler werde.

Der dritte Kandidat auf der Liste, der nordrhein-westfälisc­he Minister

Sozialdemo­krat oder Liberaler in Nordrhein-Westfalen zu sein, ist zurzeit nicht ganz einfach. Die SPD im Bund hat die Corona-Beschlüsse zum „Lockdown light“als Regierungs­partei mit ausgearbei­tet. In Nordrhein-Westfalen aber muss sie als Opposition­spartei die Schwachpun­kte dieser Maßnahmen offenlegen und eben gerade das angreifen, was sie in Berlin vertritt.

Umgekehrt verhält es sich bei der

FDP. Als Opposition­spartei im Bund greift sie die Corona-Regeln frontal an. FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte die Bürger gar auf, gegen die Verordnung­en zu klagen. In Nordrhein-Westfalen hingegen, wo die Lipräsiden­t Armin Laschet, meldet sich zu dem Zeitpunkt ebenfalls auf Twitter. Allerdings mit der Weitergabe eines Statements des österreich­ischen Bundeskanz­lers Sebastian Kurz zum Terroransc­hlag am Montagaben­d in Wien. Laschet hat bei der Mitglieder­befragung der Jungen Union lediglich 20 Prozent erreicht. Platz drei. Das ist alles andere als ein Schub für den 59-Jährigen, der als einziger der drei Kandidaten Regierungs­verantwort­ung hat. Seine Botschaft auf Twitter könnte man so lesen: Der Ministerpr­äsident des bevölkerun­gsreichste­n Bundesland­s beschäftig­t sich mit Krisen in der Welt, dem Terror im Nachbarlan­d, mit den Corona-Maßnahmen zu Hause sowieso. JU-Befragunge­n müssen da – zumindest zu diesem Zeitpunkt – hintansteh­en. Tilman Kuban begründet, warum Merz bei der CDU-Nachwuchso­rganisatio­n so beliebt sei: Der bald 65-Jährige richte den Fokus auf Generation­engerechti­gkeit, auf die Finanzieru­ng der Renten, die Erneuerung der sozialen Marktwirts­chaft aus ökologisch­er Sicht. Und auch für Norbert Röttgens zweiten Platz hat er eine Begründung: Röttgen habe ein klares europapoli­tisches Profil, das bei der JU gut ankomme. Ihm werde hohe Kompetenz zugemessen.

Und warum genau ist Armin Laschet dann nur auf Platz drei gekommen? „Reine Mutmaßung“, antwortet Kuban. Welche? Sagt er nicht. Er wolle jetzt für Merz werben, weil er sich persönlich an das JU-Votum gebunden fühle. Er werde aber nicht gegen jemanden werben. Laschet halte er für einen „hervorrage­nden Ministerpr­äsidenten“.

Später verlautet aus der Jungen Union, Röttgens Erfolg sei schon eine „kleine Bombe“. Der 55-Jährige werde als „frisches Gesicht“wahrgenomm­en, weil sich viele gar nicht mehr daran erinnern könnten, dass er 2010 gegen Laschet im Kampf um den nordrhein-westfälisc­hen Landesvors­itz gewonnen, dann aber die Landtagswa­hl 2012 vergeigt und sich außerdem noch

Die Abstimmung ist keine Vorentsche­idung, aber ein Stimmungst­est für den Parteitag

der CDU

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