Rheinische Post Krefeld Kempen
Land untersagt Teilung von Schulklassen
Die Stadt Solingen darf laut einem Regierungserlass trotz hoher Infektionszahlen nicht die Hälfte der Schüler digital daheim unterrichten. Die SPD-Fraktion fordert eine massive Ausweitung der Testkapazitäten.
Die CDU/FDP-Landesregierung hat der Stadt Solingen verboten, einen Teil der Schüler künftig wieder zu Hause zu unterrichten. Das NRW-Gesundheitsministerium habe die Kommune per Erlass entsprechend angewiesen, teilte die Stadt am Dienstag mit. Solingen hatte angekündigt, von Mittwoch an wegen hoher Neuinfektionen an weiterführenden Schulen die Klassenstärken zu halbieren und die Schüler zu 50 Prozent digital zu unterrichten – jeweils abwechselnd. Davon sollten nur Grund- und Förderschulen sowie die Abschlussklassen der Sekundarstufen I und II ausgenommen sein.
„Als Schul- und Bildungsministerin bin ich mit dem Gesundheitsminister einer Meinung, dass der sogenannte Solinger Weg einem gleichgerichteten Vorgehen innerhalb des Landes, aber auch dem vereinbarten Weg innerhalb der Ländergemeinschaft widerspricht“, verteidigte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) das Verbot. Der Bildungsauftrag für alle Kinder und Jugendlichen könne so nicht vollumfänglich erfüllt werden. Eine pauschale Reduzierung des Präsenzunterrichts führe zu sozialer Benachteiligung vor allem jener Schüler, die im häuslichen Umfeld weniger Unterstützung erhielten als andere. Außerdem hätte dies Gebauer zufolge erneut Belastungen für die Eltern bedeutet.
Das Solinger Modell hätte Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) entsprochen, das ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 bereits die Teilung von Schulklassen befürwortet. Die Stadt liegt weit darüber, ebenso wie andere NRW-Städte. Auch Krefeld hatte über die Einführung des Wechselmodells nachgedacht. „Das wäre eine vernünftige Lösung gewesen, um den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Eine Alternative zeigt die Landesregierung leider nicht auf“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty unserer Redaktion und fügte hinzu: „Ich bin entsetzt über diese Entscheidung. Damit stellt sich die Landesregierung nicht nur gegen die Stadt Solingen, sondern auch gegen denWillen der Schulen vor Ort.“Anstatt der Stadt den Rücken zu stärken, sei das Land ihr in den Rücken gefallen.
In der aktuellen Corona-Lage sieht die SPD-Opposition in der Ausweitung von Tests einen Schlüssel zur Bekämpfung der Pandemie. Dazu müssten die Kapazitäten massiv ausgebaut werden, vor allem für Senioren. „Eine vorausschauende Planung in Pandemiezeiten ist unerlässlich“, heißt es in einem SPD-Antrag, der unserer Redaktion vorliegt und der nächste Woche ins Plenum eingebracht werden soll. Es müsse unverzüglich ein Testgipfel einberufen werden, der Mediziner und Wissenschaftler, Betriebs- und Werksärzte, das Deutsche Rote Kreuz, Krankenkassen, Apotheker, Pharma- und Pflegevertreter, die FreieWohlfahrtspflege und Arbeitgeber an einen Tisch hole. Die neue Teststrategie des Bundesgesundheitsministeriums gebe den Ländern seit dem 15. Oktober vor, dass auch Pflegeeinrichtungen in das System der vorbeugenden Testungen integriert werden sollen. In NRW sei das nicht passiert. Stattdessen seien die Reihentestungen des Kita- und Schulpersonals heruntergefahren worden, sodass diese sich zwischen den Herbst- und den Weihnachtsferien nur noch bis zu drei Mal kostenlos testen lassen könnten. „Das ist nicht hinnehmbar“, heißt es im Antrag.
Die Forderung deckt sich mit Empfehlungen des RKI, Tests auszuweiten. Massentests wie in der Slowakei seien aber in Deutschland nicht möglich, stellte RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Dienstag klar. Wenn alle Personen mit Erkältungskrankheiten auf Corona getestet würden, müssten wöchentlich drei Millionen Tests durchgeführt werden: „Das ist weder möglich noch erforderlich.“Deshalb habe man Kriterien entwickelt, wie man zielgerichteter bei Symptomen testen könne. In der Slowakei waren zuletzt zwei Drittel der gesamten Bevölkerung getestet worden, mehr als 38.000 Menschen wurden in Quarantäne geschickt.
Unterstützung erhalten die Kitas in NRW. Sie sollen weiterhin finanzielle Hilfen für Aushilfskräfte erhalten. „Die Verlängerung des Programms über den 31. Dezember hinaus befindet sich in der Vorbereitung. Zurzeit werden noch die Rahmenbedingungen geklärt“, teilte das Familienministerium mit.