Rheinische Post Krefeld Kempen

Land untersagt Teilung von Schulklass­en

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Die Stadt Solingen darf laut einem Regierungs­erlass trotz hoher Infektions­zahlen nicht die Hälfte der Schüler digital daheim unterricht­en. Die SPD-Fraktion fordert eine massive Ausweitung der Testkapazi­täten.

Die CDU/FDP-Landesregi­erung hat der Stadt Solingen verboten, einen Teil der Schüler künftig wieder zu Hause zu unterricht­en. Das NRW-Gesundheit­sministeri­um habe die Kommune per Erlass entspreche­nd angewiesen, teilte die Stadt am Dienstag mit. Solingen hatte angekündig­t, von Mittwoch an wegen hoher Neuinfekti­onen an weiterführ­enden Schulen die Klassenstä­rken zu halbieren und die Schüler zu 50 Prozent digital zu unterricht­en – jeweils abwechseln­d. Davon sollten nur Grund- und Förderschu­len sowie die Abschlussk­lassen der Sekundarst­ufen I und II ausgenomme­n sein.

„Als Schul- und Bildungsmi­nisterin bin ich mit dem Gesundheit­sminister einer Meinung, dass der sogenannte Solinger Weg einem gleichgeri­chteten Vorgehen innerhalb des Landes, aber auch dem vereinbart­en Weg innerhalb der Ländergeme­inschaft widerspric­ht“, verteidigt­e NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) das Verbot. Der Bildungsau­ftrag für alle Kinder und Jugendlich­en könne so nicht vollumfäng­lich erfüllt werden. Eine pauschale Reduzierun­g des Präsenzunt­errichts führe zu sozialer Benachteil­igung vor allem jener Schüler, die im häuslichen Umfeld weniger Unterstütz­ung erhielten als andere. Außerdem hätte dies Gebauer zufolge erneut Belastunge­n für die Eltern bedeutet.

Das Solinger Modell hätte Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts (RKI) entsproche­n, das ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 bereits die Teilung von Schulklass­en befürworte­t. Die Stadt liegt weit darüber, ebenso wie andere NRW-Städte. Auch Krefeld hatte über die Einführung des Wechselmod­ells nachgedach­t. „Das wäre eine vernünftig­e Lösung gewesen, um den Schulbetri­eb aufrechtzu­erhalten. Eine Alternativ­e zeigt die Landesregi­erung leider nicht auf“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty unserer Redaktion und fügte hinzu: „Ich bin entsetzt über diese Entscheidu­ng. Damit stellt sich die Landesregi­erung nicht nur gegen die Stadt Solingen, sondern auch gegen denWillen der Schulen vor Ort.“Anstatt der Stadt den Rücken zu stärken, sei das Land ihr in den Rücken gefallen.

In der aktuellen Corona-Lage sieht die SPD-Opposition in der Ausweitung von Tests einen Schlüssel zur Bekämpfung der Pandemie. Dazu müssten die Kapazitäte­n massiv ausgebaut werden, vor allem für Senioren. „Eine vorausscha­uende Planung in Pandemieze­iten ist unerlässli­ch“, heißt es in einem SPD-Antrag, der unserer Redaktion vorliegt und der nächste Woche ins Plenum eingebrach­t werden soll. Es müsse unverzügli­ch ein Testgipfel einberufen werden, der Mediziner und Wissenscha­ftler, Betriebs- und Werksärzte, das Deutsche Rote Kreuz, Krankenkas­sen, Apotheker, Pharma- und Pflegevert­reter, die FreieWohlf­ahrtspfleg­e und Arbeitgebe­r an einen Tisch hole. Die neue Teststrate­gie des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums gebe den Ländern seit dem 15. Oktober vor, dass auch Pflegeeinr­ichtungen in das System der vorbeugend­en Testungen integriert werden sollen. In NRW sei das nicht passiert. Stattdesse­n seien die Reihentest­ungen des Kita- und Schulperso­nals herunterge­fahren worden, sodass diese sich zwischen den Herbst- und den Weihnachts­ferien nur noch bis zu drei Mal kostenlos testen lassen könnten. „Das ist nicht hinnehmbar“, heißt es im Antrag.

Die Forderung deckt sich mit Empfehlung­en des RKI, Tests auszuweite­n. Massentest­s wie in der Slowakei seien aber in Deutschlan­d nicht möglich, stellte RKI-Vizepräsid­ent Lars Schaade am Dienstag klar. Wenn alle Personen mit Erkältungs­krankheite­n auf Corona getestet würden, müssten wöchentlic­h drei Millionen Tests durchgefüh­rt werden: „Das ist weder möglich noch erforderli­ch.“Deshalb habe man Kriterien entwickelt, wie man zielgerich­teter bei Symptomen testen könne. In der Slowakei waren zuletzt zwei Drittel der gesamten Bevölkerun­g getestet worden, mehr als 38.000 Menschen wurden in Quarantäne geschickt.

Unterstütz­ung erhalten die Kitas in NRW. Sie sollen weiterhin finanziell­e Hilfen für Aushilfskr­äfte erhalten. „Die Verlängeru­ng des Programms über den 31. Dezember hinaus befindet sich in der Vorbereitu­ng. Zurzeit werden noch die Rahmenbedi­ngungen geklärt“, teilte das Familienmi­nisterium mit.

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FOTO: R. VENNENBERN­D/DPA Thomas Kutschaty (SPD) kritisiert fehlende Lösungen für den Schulbetri­eb.

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