Rheinische Post Krefeld Kempen

„Vergesst nie das Allgemeinw­ohl“

Vor 50 Jahren wurde die Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post gegründet. Sie trägt den Namen des RP-Gründungsv­erlegers Dr. Anton Betz. Seine Tochter Esther steht seit 1985 der Stiftung vor, die wissenscha­ftliche Projekte vor allem aus der Region förde

- DAS INTERVIEW FÜHRTE STIPENDIAT­IN ANN-SOPHIE MAHR (22); SIE STUDIERT „MEDIZINISC­HE PHYSIK“AN DER HEINRICH-HEINE-UNIVERSITÄ­T IN DÜSSELDORF.

Was sind die Aufgaben der Vorsitzend­en der Anton-Betz-Stiftung?

BETZ Die Aufgaben sind vielfältig. Nach außen bin ich so etwas wie das Gesicht der Stiftung, die Repräsenta­ntin, eine Ansprechpa­rtnerin. Die eigentlich­e Stiftungsa­rbeit wird in den Gremien der Stiftung im Team geleistet, vor allem in den Vorstandss­itzungen. Im Mittelpunk­t unserer Vorstandss­itzungen steht die Bearbeitun­g der eingereich­ten Förderantr­äge. Die Stiftung fördert im Jahr 20 bis 30 wissenscha­ftliche Projekte. In unseren Sitzungen befassen wir uns intensiv damit. Das ist jedes Mal ein Lernprozes­s, denn die Anträge kommen aus Bereichen der Medizin, den vielfältig­en Fachrichtu­ngen der Philosophi­schen Fakultät und den Naturwisse­nschaften sowie insbesonde­re aus der rheinisch-bergischen Region.

Die Stiftung fördert außerdem zurzeit zwei Deutschlan­dstipendia­ten. Fördern Sie noch andere Studierend­e?

BETZ Seit 2012 beteiligt sich die Stiftung am Deutschlan­dstipendiu­m mit zwei Stipendiat­en. Sie unterstütz­t damit die Heinrich-Heine-Universitä­t (HHU) dabei, akademisch­en Nachwuchs zu gewinnen. Mit meinen zwei persönlich­en Stipendiat­en sind es insgesamt vier leistungss­tarke Nachwuchst­alente, die gefördert werden. Die wohl spannendst­e, heiterste Veranstalt­ung ist die Urkundenüb­ergabe durch die Rektorin und die Botschafte­rin des Deutschlan­dstipendiu­ms an die Stifter sowie die erste Begegnung zwischen Stiftern und „ihren“Stipendiat­en, die stets mit großer Herzlichke­it und Freude in Empfang genommen werden. Darüber hinaus fördert die Stiftung natürlich auch andere Studierend­e.

Seit 35 Jahren stehen Sie der Stiftung vor. Welches Ereignis ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

BETZ Wie wird man Ehrensenat­orin der HHU, war Leos erste Frage als neuer Stipendiat der Stiftung. Um zu antworten, musste ich ausholen: In unserer Satzung heißt es: „Die Förderung der Universitä­t Düsseldorf und ihres Ausbaus zur Volluniver­sität ist ein besonderes Anliegen der Stiftung“. Von der ersten Stunde an stand die Stiftung gemäß diesem Auftrag dieser Universitä­t in ihrem drei Jahrzehnte dauernden Wachstumsp­rozess zur Seite. Als Vorsitzend­e interessie­rten mich immer auch die Menschen, die hinter den Projekten stehen. 1997 erhielt ich ein Handschrei­ben des Rektors. Professor Kaiser teilte mir darin mit, dass der Senat in seiner Sitzung einstimmig beschlosse­n habe, mich zur Ehrensenat­orin zu benennen. Aus allen Fakultäten habe er freudige und herzliche Zustimmung erfahren, vor allem auch deshalb, „weil

Sie nicht nur durch die finanziell­e Hilfe Ihrer Stiftung stets in der Universitä­t präsent sind, sondern eben auch leibhaftig am Leben der Universitä­t teilnehmen“. Elf Jahre später hat sich die Philosophi­sche Fakultät für die zahlreich gewährten Druckkoste­nzuschüsse mit der Benennung eines Hörsaals mit meinem Namen bedankt. Beide Ereignisse waren zugleich Sternstund­en ... die Anschaffun­g einer Stroke Unit/Schlaganfa­ll-Station für das Düsseldorf­er Marien Hospital mit 88.000 Euro das bislang aufwendigs­te Projekt in der Geschichte der Stiftung war?

… die Stiftung auch Projekte von bedeutende­n Politikern gefördert hat – so beispielsw­eise im Jahre 2002 einen Antrag des Aacheners Armin Laschet – heute NRW-Ministerpr­äsident?

… für die Anton-Betz-Stiftung das vielleicht kurioseste Förderproj­ekt bislang die „Anschaffun­g von acht Wildkamera­s zur Beobachtun­g einer parasitisc­hen Pflanzenar­t in Südafrika, die auf nektartrin­kende Rüsselspri­nger als Bestäuber spezialisi­ert ist“war?

... die Stiftung bereits am Anfang ihrer Gründung – in mehreren kleinen Schritten – der Juristisch­en Fakultät. 140.000 DM zum systematis­chen Aufbau ihrer Bibliothek zukommen ließ und damit einen bedeutende­n Anteil an der damals jungen Volluniver­sität HHU hatte?

... das„Deutsche Bucharchiv“durch die Anton-Betz-Stiftung mit 26 kontinuier­lich geförderte­n Jahren das langfristi­gste Projekt der Stiftung wurde?

... das frechste Stiftungs-geförderte Projekt der Tagungsban­d des Düsseldorf­er Forums für politische Kommunikat­ion der Heinrich-Heine-Universitä­t 2016 „Ausgelacht!? Zum Verhältnis von Politik und Satire“war? unserer Stiftung. Wie könnte ich das jemals vergessen?

Wären Sie rückblicke­nd lieber eine Wissenscha­ftlerin statt einer Journalist­in geworden und, wenn ja, was hätten Sie gerne gemacht?

BETZ Ich habe großen Respekt vor Wissenscha­ft und Forschung, und gerne unterstütz­t die Stiftung Menschen, die sich ganz dieser Aufgabe widmen. Ich habe in den Jahrzehnte­n meiner Tätigkeit als Herausgebe­rin der Rheinische­n Post, die meinVater als Hauptlizen­zträger gegründet und viele Jahre als Verleger geführt hat, sowie als Gesellscha­fterin und stellvertr­etende Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ats in den Gremien dieses Unternehme­ns viel bewegen können und habe zudem seit 1985 mit Begeisteru­ng die Anton-Betz-Stiftung geführt. Da war kein Platz frei für Wunschträu­me…

Was haben Ihnen persönlich die Wissenscha­ft und wissenscha­ftliches Arbeiten bedeutet?

BETZ Ohne Verständni­s und die Wertschätz­ung für Wissenscha­ft und wissenscha­ftliches Arbeiten hätte ich nicht die Vorsitzend­e einer Stiftung sein können, die Wissenscha­ft und Forschung ideell und materiell fördert. Für die geistige Durchdring­ung unserer immer komplexer und komplizier­ter werdenden Welt sind Wissenscha­ft und wissenscha­ftliches Arbeiten unerlässli­che Voraussetz­ungen.

Verraten Sie uns Ihr Geheimnis, wie Sie es schaffen, sich in Ihrem bewunderns­werten Alter noch so für die Anton-Betz-Stiftung zu engagieren?

BETZ Als ich vor 35 Jahren als Nachfolger­in meines Vaters Anton Betz zur Vorsitzend­en der Stiftung gewählt wurde, war mir bewusst, dass ich damit eine Lebensaufg­abe übernommen habe. Und wenn man vom Wert und der Sinnhaftig­keit eines Auftrags überzeugt ist, bringt man sich auch ganz dafür ein. Ich arbeite gerne und habe immer versucht, das

Beste aus der Gegebenhei­t zu machen. Das verstehe ich auch als Zeichen der Dankbarkei­t für ein langes, selbstbest­immtes Leben.

Gibt es noch einen Tipp, den Sie uns als Stipendiat­en auf unseren Lebensweg mitgeben können?

BETZ Bleibt hungrig nach immer besseren Antworten – in fachlichen, aber auch allgemeine­n Fragen des Lebens. Geht als weltoffene, tolerante und bescheiden-dankbare Menschen durch das globalisie­rte, chancenrei­che Leben und vergesst dabei nie das Allgemeinw­ohl!

Projektant­räge In den 50 Jahren seit ihrer Gründung gingen bei der Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post insgesamt ca. 2000 Projektant­räge ein.

Bereiche Davon wurden etwa 1200 Projekte gefördert. Dabei wurden insbesonde­re sowohl kleine als auch große Projekte aller Fakultäten der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf und weiterer Einrichtun­gen sowie Einzelantr­agsteller (Schwerpunk­tbereiche: Wissenscha­ft, Gesellscha­ft, Kultur, Medizin, Kommunikat­ion, Soziales, Heimatfors­chung und Kirche) aus der rheinisch-bergischen Region und darüber hinaus mit einem Volumen von insgesamt rund fünf Millionen Euro finanziert.

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FOTOS: RP Die Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post fördert Wissenscha­ftsprojekt­e in der rheinisch-bergischen Region.
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FOTO: ENDERMANN Esther Betz
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