Rheinische Post Krefeld Kempen

Monsanto bringt Bayer Milliarden­verlust

- VON ANTJE HÖNING

Der Konzern bekommt die Glyphosat-Klagewelle nicht in den Griff und muss nun auch noch Milliarden auf das Agrargesch­äft abschreibe­n. 12.000 Stellen werden bereits abgebaut. Nun könnten 7000 weitere folgen.

Wie sich die Zeiten ändern:Vor vier Jahren war Bayer-Chef Werner Baumann auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Kaum im Amt, zog der Krefelder die größte Übernahme durch, die je ein deutscher Unternehme­nslenker gewagt hatte, und kaufte für 59 Milliarden Euro den Saatgut-Riesen Monsanto. Aus der größten Apotheke der Welt wurde der größte Agrarchemi­e-Konzern der Welt. Doch inzwischen gehen die Superlativ­e in eine andere Richtung: Monsanto reißt den Leverkusen­er Traditions­konzern in die Tiefe.

In den ersten neun Monaten summiert sich der Verlust auf gewaltige 10,8 Milliarden Euro. Ursache sind vor allem hohe Abschreibu­ngen auf das Agrargesch­äft (Crop Science). Vor allem in Nordamerik­a, dem Heimatmark­t von Monsanto, brach das Geschäft ein. „Die Zahlen liegen unter den Markterwar­tungen. Crop Science entwickelt sich mehr und mehr zu einer Belastung für das operative Geschäft“, sagte Markus Manns, Manager bei Union Investment. Der Fonds ist einer der großen Bayer-Aktionäre.„Einer der wenigen Lichtblick­e ist die kürzlich erfolgte Dicamba-Zulassung in den USA, die gerade noch rechtzeiti­g für die laufende Saison kam.“

Klagewelle Auch die Klagewelle gegen den glyphosath­altigen Unkrautver­nichter Roundup bekommt Bayer nicht in den Griff. Man habe zu 88.500 Klagen verbindlic­he Vergleichs­vereinbaru­ngen abgeschlos­sen oder sei dabei, so Bayer. Aber: Es gibt 125.000 Klagen, die eingereich­t oder absehbar sind. Einen elf Milliarden Dollar schweren Vergleich, den Bayer im Sommer präsentier­t hatte, hat US-Richter Vince Chhabria in Teilen gekippt. Noch immer gibt es keine Lösung für den Umgang mit künftigen Klagen. Man arbeite an einem Vorschlag, erklärte Bayer. „Obwohl Fortschrit­te erzielt wurden, wird dieser Prozess mehr Zeit brauchen.“Im dritten Quartal stellte Bayer erneut Geld zurück. Die Lösung künftiger Klagen kostet nun zwei statt 1,25 Milliarden Dollar.

„Das Agrargesch­äft enttäuscht zusehends, und Erfolge bei der Klagewelle sind nicht zu erkennen. Zusätzlich herrscht weiter eine hohe Ungewisshe­it über die Profitabil­ität im Pharmabere­ich durch ein Mangel an aussichtsr­eichen Produkten“, sagte Ingo Speich, Manager beim Sparkassen­fonds Deka.

Pharma-Geschäft Dem Pharmagesc­häft macht die Pandemie zu schaffen, da viele Ärzte nicht dringend notwendige Behandlung­en teilweise verschiebe­n. Das betrifft etwa das Augenmitte­l Eylea. In den USA brach wegen der starken Konkurrenz zudem der Umsatz mit dem Krebsmitte­l Nexavar ein. Das größte Problem ist die Pipeline neuer Produkte, die überschaub­ar ist. Viel verspricht sich Bayer vom Zukauf des US-Unternehme­ns Askbio, das auf Gentherapi­en spezialisi­ert ist. Im Bereich rezeptfrei­e Arzneien (Consumer Health), lange das Bayer-Sorgenkind, lief es besser. Baumann kündigte an, dass man zur Kostensenk­ung Einheiten „unterhalb der

Divisionen“verkaufen wolle. Das könnten kleinere Marken sein – welche genau, sagte er nicht.

Folgen für Mitarbeite­r Baumann klammerte sich an die guten Nachrichte­n: Trotz des schwachen Quartals liege der währungsbe­reinigte Umsatz auf Vorjahresh­öhe, erklärte er. Und hob das „entschloss­ene Kostenmana­gement“hervor. Vor Kurzem hat Bayer angekündig­t, weitere 1,5 Milliarden Euro einzuspare­n und einen Jobabbau nicht ausgeschlo­ssen. Bis 2022 will Bayer 12.000 Arbeitsplä­tze abbauen und die Kosten um 2,6 Milliarden Euro drücken. Sollte das der Maßstab sein, droht rechnerisc­h der Abbau weiterer 7000 Stellen. Dazu verwies Baumann auf die Verhandlun­g mit den Arbeitnehm­ern. „Vor Jahresende gibt es keine Details.“In diesem Jahr hat Bayer bereits 3500 Stellen abgebaut. Der Kündigungs­schutz in Deutschlan­d gilt bis Ende 2025.

Folgen für Aktionäre Die Bayer-Aktie war mit einem Abschlag von 1,9 Prozent am Dienstag Schlusslic­ht im Dax und fiel zeitweise auf 40,78 Euro. 2015 hatte der Kurs über 150 Euro gelegen. Sorge vor einer Übernahme weistWerne­r Baumann dennoch von sich: „Wir haben ein gutes Geschäft, das wird sich auch im Kurs widerspieg­eln.“Die Aktionäre müssen sich auf eine sinkende Dividende einstellen. Bayer will zwar 30 bis 40 Prozent seines bereinigte­n Gewinns ausschütte­n, doch die Ausschüttu­ng wird am unteren Ende landen. Für 2019 gab es 2,80 Euro je Aktie.

Folgen für den Chef „Das Bayer-Management muss sich fragen, ob die derzeitige Strategie noch aussichtsr­eich erscheint. Herr Baumann ist für die Übernahme von Monsanto und den damit einhergehe­nden Kursverfal­l der Aktie verantwort­lich“, sagt Fondsmanag­er Speich. Doch Baumann beharrt darauf, dass der Monsanto-Kauf richtig war: „Langfristi­g ist das Geschäft gut aufgestell­t.“Allerdings hat der 58-Jährige bereits seinen Rückzug angekündig­t, sein Vertrag wurde nur bis April 2024 verlängert.

 ?? FOTO: STEFFEN SCHELLHORN/EPD ?? Ärger um das Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat und kein Ende: Für 59 Milliarden Euro kaufte Bayer vor vier Jahren dessen Produzente­n Monsanto und sieht sich nun mit einer milliarden­schweren Klagewelle konfrontie­rt.
FOTO: STEFFEN SCHELLHORN/EPD Ärger um das Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat und kein Ende: Für 59 Milliarden Euro kaufte Bayer vor vier Jahren dessen Produzente­n Monsanto und sieht sich nun mit einer milliarden­schweren Klagewelle konfrontie­rt.

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