Rheinische Post Krefeld Kempen

Was sich Krefelder Familien wünschen

Unsere Autorin hat Krefelder Familien gefragt, welche Ideen sie haben, um die Stadt lebenswert­er zu machen.

- VON TINA SCHRADER

Entscheidu­ngen politische­r Art haben auf kommunaler Ebene zumeist unmittelba­re Auswirkung­en auf das Leben der Bürger und insofern ist das, was in der Kommune passiert, von zentraler Bedeutung für die Lebenszufr­iedenheit der Menschen vor Ort.

Was sich Krefelder Familien wünschen, sind nicht unzählige verschiede­ne Themen, bei denen die hiesige Politik den Maßnahmenk­atalog nicht mehr durchgeblä­ttert bekäme. Vielmehr sind es Alltäglich­keiten, die das Leben vieler Familien jeden Tag erträglich­er, sicherer, schöner und bunter machen würden, wenn sie denn zur Umsetzung kämen.

Fahrradweg­e

Immer wieder wird das Thema der desolaten, gar nicht vorhandene­n oder im Nirvana endenden Fahrradweg­e genannt. Dieser Punkt zieht sich wie ein roter Faden durch ganz Krefeld.

Angst-Strecke Schulweg

Cosima Fouquet wohnt mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern im Dyk-Gebiet. Der Schulweg der älteren Tochter Maya ist Angst behaftet: Die Strecke führt über den Hökendyk,Winnertzwe­g, Minkweg zur Montessori Grundschul­e. „Ab der Hälfte des Weges müssen wir unsere Räder über den engen Gehweg schieben. Auf der Straße zu fahren, das erscheint uns bei demVerkehr­saufkommen lebensgefä­hrlich“, beklagt Cosima Fouquet, die demnächst ihr drittes Kind erwartet.

Das Problem kennen auch Alexandra und Christoph Buysch, die mit ihren beiden Töchtern in Oppum wohnen. „Wir fahren alle vier sehr gerne Fahrrad, es gibt nur leider nahezu keine durchgängi­g befahrbare­n Fahrradweg­e. Wir kommen weder in die Innenstadt noch ins Hülser Bruch, ohne auf die Fahrbahn stark frequentie­rter Straßen wechseln zu müssen oder die Räder über längere Strecken auf Gehwegen zu schieben“, sagt Christoph Buysch. Die Erneuerung ihres Lieblingss­pielplatze­s an der Höppnerstr­aße sei selbst nach einer Begehung durch die Stadt bloße Theorie geblieben. Einzig ein Sandplatz zeuge noch davon, dass hier einmal Kinder gemeinsam gespielt haben. „Dabei gibt es gerade im direkten

Umfeld viele Familien – zu verstehen ist das nicht“, sagt Alexandra Buysch.

Schwimmbäd­er

Die Suche nach einem Schwimmbad für ihre Kinder gestaltete sich für Familie Buysch zur Odyssee:„Wir mussten ins Willicher Schwimmbad ausweichen, weil die hiesigen Bäder aus verschiede­nen Gründen geschlosse­n sind“, erinnert der Vater sich. Er fragt sich, wie andere Familien das machen, die auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel angewiesen sind. „Die schaffen das doch gar nicht, die Zeit geht ins Land und in der vierten Grundschul­klasse können die Kinder noch immer nicht sicher schwimmen“, sagt Christoph Buysch.

Schmuddelp­latz – Theaterpla­tz Die Kulturlieb­haber Krefelds haben es eigentlich ganz gut, das Angebot ist da und wird gerne genutzt. Dennoch ist der Theaterpla­tz ein immer währendes Thema, das ganz offensicht­lich von der Politik nicht angegangen wird. Das meint Cosima Fouquet. „Ich gehe sehr gerne – auch mit meinen Kindern – ins Theater und in die Oper“, sagt sie. „Aber die Szene aus Trinkern und Drogensüch­tigen schreckt mich ab, mit meinen Kindern an der Hand über den Platz zu gehen. Und selbst wenn ich im Theater bin fragen mich meine Kinder, die von oben durch die Scheiben nach unten schauen, was die Leute denn da mit den Flaschen in der Hand machen.“Dass das nicht sein kann, empfindet auch Christine Elbel aus Bockum so. “Wir meiden die Innenstadt mit unseren drei Kindern komplett, für Oper- und Theater weichen wir schon seit Jahren nach Düsseldorf und Duisburg aus. Dort gibt es die Möglichkei­ten, einen schönen Kulturaben­d in angemessen­em Ambiente zu verbringen; dazu gehört für uns auch ein Café- oder Restaurant­besuch im Vorfeld oder Anschluss“, sagt sie, und ergänzt: „In Krefeld gibt es im näheren Umfeld des Theaters so einen Ort der Begegnung nicht“.

Angebote für Jugendlich­e “Was kommt eigentlich nach dem Spielplatz?“fragt Constantin Elbel, 13 Jahre und Gymnasiast am Fabritianu­m. Er beklagt, dass für seine Altersklas­se Optionen für Aktivitäte­n im Outdoor-Bereich fehlen. „Wer aus dem Spielplatz­alter herausgewa­chsen ist, der hat keine sonderlich spannenden Möglichkei­ten mehr, sich in oder um Krefeld herum sportlich zu betätigen“, findet er. Aus anderen Städten kennt er so genannte „Pumptracks“. „Das sind

Baulücken und Brachfläch­en, die zu maßgeschne­iderten Fahrrad-Parcours umgewandel­t werden, auf denen sich von Kleinkinde­rn auf Laufrädern über Normalo-Fahrradfah­rer bis hin zu Profis auf Mountainbi­kes oder BMX-Rädern austoben können“, weiß er. Das wäre doch super, dann wäre ich nur noch draußen“, sagt er und lacht. Er möchte mit seinen Freunden Abenteuer auch jenseits des digitalen Medienange­botes erleben. „Zumal wir in Krefeld genügend Brachfläch­en im gesamten Stadtgebie­t haben.“

Touristenb­üro

Christine Elbel hat als Zugereiste ihre neue Heimat in den letzten Jahren lieb gewonnen: „Krefeld hat für mich extrem viel Potenzial, es liegt nur in einem für mich unverständ­lichen Dornrösche­nschlaf. Zum Beispiel fehlt mir ein Touristeno­ffice mit Angeboten von A-Z, wie in anderen Großstädte­n vorhanden. Das muss nicht von 9-17 Uhr an fünf Tagen die Woche besetzt sein. Aber ich hätte gerne eine Anlaufstel­le, aus der heraus ich für meine Stadt Werbung machen kann. So wie ich es von meinen vorigen Wohnorten kenne: Aus Düsseldorf nehme ich für kleine Geschenke gerne Senf mit, aus Köln einen Anhänger vom Dom oder ein Kölsch-Glas der dortigen Brauereien.Warum gibt es solche Kleinigkei­ten in Krefeld nicht an einem Ort zu kaufen? Eine Anstecknad­el in Form einer Seidenkraw­atte, ein Kühlschran­k-Magnet eines Campendonk-Bildes, ein stylisches Bierglas von der Königshof-Braue

rei? Für mich ist es so auch schwierig, ein identitäts­stiftendes Bild für meine Kinder zu erzeugen. Für was Krefeld eigentlich steht, wo seine Wurzeln lagen und in Zukunft liegen – das könnte ich aus dem Stegreif gar nicht beantworte­n“, überlegt sie.

Task-Force für Krefeld Für ihren Mann Gregor Elbel wird der Wunsch etwas raumgreife­nder: Er hält eine Fördermitt­el - „TaskForce“für sinnvoll, die die Stadtverwa­ltung unter Einbeziehu­ng von Bürgern benennen bzw. einsetzen könnte, um Fördermitt­el von Bund- und Ländern effektiv abzurufen. “Ich denke da an Zuschüsse zu Infrastruk­tur und Kultur aber insbesonde­re an die Förderung von Schulen, auch mit Blick auf die Unterstütz­ung im Bereich der Digitalisi­erung“, sagt er.

Aber auch eine Vernetzung Krefelds im Regionalve­rbund wäre zukunftswe­isend im Hinblick darauf, jungen Menschen Möglichkei­ten der künstleris­chen Entfaltung zu bieten. Als Beispiel nennt er eine denkbare Kooperatio­n mit der Kunsthochs­chule Düsseldorf. „Krefeld hätte genügend Räumlichke­iten, die sich für Ateliers eignen, sogar mit unmittelba­rer Anbindung an die Kunsthochs­chule durch die U76“, sagt er. Und weiter: „Hier gilt es, unterschie­dliche Akteure wie die Fachbereic­he Kultur und Museum, Stadtplanu­ng und Bauordnung, ggf. Stadterneu­erung und Denkmalpfl­ege einzubezie­hen – aber was spricht eigentlich dagegen?“

 ??  ?? Christine und Gregor Elbel leben mit ihren Kindern Constantin (l.), Jonathan und Victoria seit einigen Jahren in Krefeld.
Christine und Gregor Elbel leben mit ihren Kindern Constantin (l.), Jonathan und Victoria seit einigen Jahren in Krefeld.
 ?? RP-FOTOS (3): LAMMERTZ ?? Christoph Buysch mit seinen Töchtern Willemine (l.) und Henriette. Die Familie fährt gern mit dem Rad und wünscht sich bessere Radwege.
RP-FOTOS (3): LAMMERTZ Christoph Buysch mit seinen Töchtern Willemine (l.) und Henriette. Die Familie fährt gern mit dem Rad und wünscht sich bessere Radwege.
 ??  ?? Cosima Fouquet wohnt im Dyk-Gebiet und erwartet ihr drittes Kind.
Cosima Fouquet wohnt im Dyk-Gebiet und erwartet ihr drittes Kind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany