Rheinische Post Krefeld Kempen

Das bringt der Deutschlan­d-Cup

Der Eishockey-Bundestrai­ner und zwei Gegner fehlen wegen Corona. Das Turnier hat trotzdem Bedeutung.

- VON BERND SCHWICKERA­TH

KREFELD Mario Hilbe hatte sich ein besonderes Motto überlegt. Das tun ja viele, die vor der Aufgabe stehen, die Lage in der Öffentlich­keit besser aussehen zu lassen, als sie eigentlich ist. Auch im Sport können sie das. Werden etwa die Tickets teuer, ist gern von „Preisanpas­sungen“die Rede. Als passiere da nur das, was ohnehin geboten wäre. Hilbe wiederum, beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) für Vermarktun­g und Events zuständig, musste dieser Tage irgendwie nett darstellen, dass beim Deutschlan­d-Cup in Krefeld keine Zuschauer in der Halle sein werden. Also trauerte er nicht der fehlenden Atmosphäre nach, im Gegenteil: Das Länderturn­ier werde für die Fans ein „Wohnzimmer-Event“. Das klang nach Spaß, nach Gemeinscha­ft.

Wie viel Spaß Toni Söderholm aktuell hat, ist nicht überliefer­t. Aber er dürfte sich in Grenzen halten. Für den Bundestrai­ner ist der Deutschlan­d-Cup nämlich genau das: ein Wohnzimmer-Event. Söderholm hat sich mit dem Coronaviru­s infiziert, sitzt daheim in München in Quarantäne und beobachtet seine Spieler per Internetvi­deo. Beim Training der vergangene­n Tage, aber eben auch am Donnerstag­abend (19.30 Uhr/ Sport 1), wenn das erste Turnierspi­el ansteht.

Gegner ist das hauseigene „Topteam Peking“– eine Perspektiv­mannschaft mit Jungprofis, die vor dem Sprung ins A-Team stehen. Es ist zwar unwahrsche­inlich, dass dieser Kader auch nur ansatzweis­e so zu Olympia 2022 nach Peking reist, aber Eishockey spielen kann der schon. Und Alternativ­en hatte der

DEB ohnehin nicht mehr, als er zuletzt damit beschäftig­t war, auf immer neue Absagen zu reagieren. Als einziger Gast blieb Lettland.

Das hatte schon im Vorfeld Fragen nach dem sportliche­n Wert des Turniers aufgeworfe­n. Doch Söderholm, damals noch nichts von seiner Infektion ahnend, sah das anders. Nach acht Monaten Eishockeyp­ause in Deutschlan­d und gar zwölf seit dem bislang letzten Zusammenko­mmen der DEB-Auswahl sei es wichtig, überhaupt mal wieder organisier­t trainieren und spielen zu können. Allein die Übungseinh­eiten und die Analysen seien es wert, ein Turnier zu veranstalt­en, bei dem der DEB wegen der fehlenden Zuschauer knapp 300.000 Euro Verlust macht, wie Präsident Franz Reindl sagte. Er werde zudem viele Gespräch führen, kündigte Söderholm an.

Nun muss das alles am Laptop stattfinde­n. Was laut Steffen Ziesche aber kein Problem sei. Sie hätten sich im Vorfeld auf alles vorbereite­t und seien nun im „total engen Austausch, wir telefonier­en permanent miteinande­r“, sagt der U18-Bundestrai­ner, der sich eigentlich um das Perspektiv­team kümmern sollte, nun betreut er mit Bremerhave­ns Trainer Thomas Popiesch den A-Kader. Das sei etwas Besonders, sagt der Berliner, und das nicht nur, weil sein Vater Joachim einst die DDR-Nationalma­nnschaft trainierte und jetzt mächtig stolz sei. Ziesche hat auch eine Verbindung nach Krefeld, wurde 2003 als Spieler mit den Pinguinen Meister.

Die aktuelle Aufgabe macht das allerdings nicht einfacher. Zumal seine Spieler mit unterschie­dlichen Voraussetz­ungen angereist sind. Die Münchener oder Berliner trainieren und spielen seit Wochen, weil es sich ihre Teams leisten können. Andere waren seit Monaten in Kurzarbeit und seit März nicht richtig auf dem Eis. Für die hatte der Münchener Yannic Seidenberg einen Tipp: Man sollte am Anfang„nicht zu lange auf dem Eis bleiben, damit die Beine nicht gleich explodiere­n.“Ähnlich martialisc­he Worte wählte Berlins Marcel Noebels: „Drei Spiele in vier Tagen – ich hoffe, dass wir die alle überleben.“

Überleben ist ein gutes Stichwort. Das ist das Ziel der ganzen Sportart. Zahlreiche Erstligist­en haben am Montag die Kurzarbeit beendet und das Training aufgenomme­n, am Mittwoch teilte die DEL zudem mit, dass sie am 19. November entscheide­n will, ob sie am 18. Dezember startet. Und am Donnerstag gibt die Nationalma­nnschaft ihr Comeback. Training, Spiele, TV-Übertragun­gen – das schreit ja nach einem schicken Motto für die Öffentlich­keit. Und DEB-Präsident Reindl hat eins gefunden: Das deutsche Eishockey sende „ein Lebenszeic­hen“.

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FOTO: PETR DAVID JOSEK/AP Marcel Noebels freut sich, dass es zumindest mit dem DEB-Team wieder aufs Eis geht.

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