Rheinische Post Krefeld Kempen
Schwachstellen in der Terrorabwehr
InWien ermordet ein Islamist vier Menschen. Die deutsche Bundesanwaltschaft lässt daraufhin Razzien in Hessen, Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein durchführen. Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, dass die Sicherheitsbehörden so grenzüberschreitend aufgestellt sind wie die Dschihadisten, die den Terror nach Europa tragen.
Doch Zweifel bleiben. Bei den Razzien sei es um ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt und um die Sicherstellung etwaiger Beweismittel gegangen, teilt das Innenministerium mit – eine zweifache Unsicherheit. Wer dazu aus Polizeikreisen hört, dass im Sommer die Alarmglocken läuteten, als der spätere Wiener Attentäter in Kontakt mit Gesinnungsgenossen aus Deutschland stand, der fühlt sich angesichts des danach verübten Anschlags an vorherige Fälle erinnert. Besonders an den des Breitscheidplatz-Attentäters, der vor vier Jahren ebenfalls behördenbekannt war und dennoch ungehindert zuschlagen konnte.
Das BKA hat auf eine nach wie vor bestehende Schwachstelle hingewiesen. Wenn die Behörden die internationalenWege und Netzwerke der Dschihadisten verfolgen wollen, können sie nur mit acht von 27 EU-Staaten verknüpfte Angaben von Namen und biometrischen Daten austauschen. Auch die Innenminister von Bund und Ländern haben nach der Terrornacht von Wien die Verpflichtung unterstrichen, für eine noch engere europäische Zusammenarbeit zu sorgen. Bei diesem Vorsatz fehlte eines: die konkrete Umsetzung. Dabei hat Deutschland mit der Ratspräsidentschaft in der EU den Hut auf. Gefragt ist eine Doppelstrategie: dieVernetzung in Europa voranbringen und dabei auch ein europäisches FBI auf denWeg bringen. Gleichzeitig durch bilaterale Verabredungen konkret vorankommen, wo im großen Verbund nur schleppend Fortschritte gelingen.
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