Rheinische Post Krefeld Kempen
Christian Lindner lobt Friedrich Merz
Der FDP-Chef stellt das neue Buch des CDU-Politikers vor, der für den Vorsitz in seiner Partei kandidiert.
BERLIN Michael Grosse-Brömer (CDU) beklagt sich auf Twitter, dass FDP-Fraktionschef Christian Lindner im Bundestag „die angeblich mangelhafte Parlamentsbeteiligung“in der Corona-Krise kritisiert und dann während der laufenden Debatte den Saal verlässt.Was Grosse-Brömer nicht weiß: Der Freidemokrat will die Chance nicht verpassen, an der nächsten CDU-geführten Regierung beteiligt zu sein. Etwas abgehetzt kommt er so zu einer digital übertragenen Veranstaltung, in der er das neue Buch des Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, vorstellt. Der betont, er hätte sich gewünscht, dass die FDP schon an der jetzigen Koalition beteiligt gewesen wäre.
„Neue Zeit. Neue Verantwortung“(Econ Verlag, 22 Euro) lautet der Titel des Buches, in dem es laut Lindner nicht um neue Ideen „auf Teufel komm raus“geht. Es sei vielmehr ein „politischer Kompass“, eine „Selbstvergewisserung“, ein„authentisches Buch“. Er habe es an einem Abend durchgelesen. Die Schrift biete der CDU Orientierung an, betont der FDP-Mann. Die anderen beiden Bewerber um den Parteivorsitz, Außenexperte Norbert Röttgen und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der mit der FDP regiert, kommen nicht zur Sprache.
Auf 238 Seiten erklärt Merz seine Vorstellungen für eine ökologische Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft, für einen neuen Generationenvertrag, eine gemeinsame europäische Wirtschafts-, Außenund Sicherheitspolitik. Lindner, Duz-Freund von Merz, stellt eine Verschiebung der Prioritäten bei Merz fest. So stelle er die Klimapolitik voran. Auch der Vorschlag zu einer gemeinsamen europäischen Arbeitslosenversicherung überzeuge ihn nicht, sagt Lindner. Aber alles in allem sei das Buch nicht der „Reformfuror des Friedrich Merz von vor zehn, 15 Jahren“, sondern eher staatsmännisch, was aber kein Nachteil sein müsse.
Warum er das Buch überhaupt geschrieben habe, fragt die Moderatorin Kerstin Ligendza den Autor und bekommt zur Antwort: „Ich schreibe, um zu lernen.“Merz plädiert dafür, ökonomische Anreize für mehr Umweltschutz zu schaffen – innerhalb der marktwirtschaftlichen Ordnung –, und nicht, wie es die Klimaschutzbewegung fordere, ohne das
System der Marktwirtschaft.
Merz findet, es sei heute viel schwieriger, Politik zu machen, als vor 70 Jahren. Das sage er ohne Larmoyanz. Damals hätten Entscheidungen von Politikern unmittelbar zurVerbesserung der Lebensgrundlage der Menschen geführt. 2030 könne Deutschland froh sein, wenn es bis dahin sozialen Wohlstand, Frieden und Freiheit sichere. Lindner ergänzt die Paradoxie: „Um zu erhalten, was wir haben, werden wir vieles verändern müssen.“
Merz betont, sein Buch sei kein Parteiprogramm und auch kein Regierungsprogramm. Es gehe vielmehr um eine Priorisierung der Themen. Mitte Januar soll der neue CDU-Vorsitzende gewählt werden. Alle wissen, dass er auch Kanzlerkandidat der Union werden möchte. Ein wichtiges Ziel sei aber, sagt Merz, dass die Mehrheit der Bevölkerung der CDU ein ernsthaftes Bemühen um den bestenWeg im Land attestiere.